Hamburg. Bewaffnete Beamte bewachen am Präsidium in Winterhude den Laster mit Rauschgift im Wert von 200 Millionen Euro. Elf Festnahmen.

Bewaffnete Polizisten bewachen am Freitag den Laster mit seiner mehr als 200 Millionen Euro teuren Fracht. In ganz Hamburg dürfte es an diesem Tag keinen Lkw geben, der besser gesichert ist als der Laster auf dem Gelände des Polizeipräsidiums in Winterhude. Und das aus gutem Grund: Am Donnerstagabend hatte die Polizei eine der größten Mengen Kokain in der Hamburger Geschichte sichergestellt. In dem Lkw entdeckten die Beamten 1,1 Tonnen hochreines Kokain, geschätzter Straßenverkaufswert: 200 Millionen Euro.

Der Hauptverdächtige, ein 39 Jahre altes Mitglied der Rocker-Gruppe Hells Angels, sitzt in Haft. Er soll zum Charter Hellport gehören. In der Rockerszene, weiß die Polizei, gilt Martin P. als „große Nummer“. Ins Visier der bei der Abteilung Organisierte Kriminalität angebundenen Soko Rocker geriet er Anfang des Jahres im Zusammenhang mit Drogengeschäften.

Die Soko blieb dran

Damals waren kleine Mengen Rauschgift sichergestellt worden. Der Mann kam frei, doch die Ermittler der Soko blieben an ihm dran. Am Donnerstagmorgen beobachteten Zivilfahnder einen Lastwagen, in dem sie Rauschgift vermuteten. Sie folgten dem Fahrzeug dann bis zu einer Spedition. Dort beobachteten sie, wie fünf Männer begannen, den Lkw zu entladen – da riefen die Fahnder Verstärkung.

SEK-Einsätze in Hamburg gegen Drogendealer:

SEK-Einsätze in Hamburg gegen Drogendealer

Polizeibeamten führen einen Mann ab.
Polizeibeamten führen einen Mann ab. © TV Newskontor
Die Polizei hat einen Mann festgenommen.
Die Polizei hat einen Mann festgenommen. © TV Newskontor
Polizisten führen einen Verdächtigen ab.
Polizisten führen einen Verdächtigen ab. © TV Newskontor
Die Polizeibeamten stellten Bargeld und Ausweispapiere sicher.
Die Polizeibeamten stellten Bargeld und Ausweispapiere sicher. © TV Newskontor
Die Polizisten stellten während des Einsatze Bargeld und Ausweispapiere sicher.
Die Polizisten stellten während des Einsatze Bargeld und Ausweispapiere sicher. © TV Newskontor
Ein festgenommener Mann liegt mit Handschellen am Boden.
Ein festgenommener Mann liegt mit Handschellen am Boden. © TV Newskontor
Die Polizei im Einsatz
Die Polizei im Einsatz © TV Newskontor
Schwerbewaffnete Polizeibeamte
Schwerbewaffnete Polizeibeamte © TV Newskontor
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Als das alarmierte Sondereinsatzkommando (SEK) zugriff, hatten die fünf Männer bereits mehr als 1000, jeweils ein Kilogramm schwere Pakete mit Kokain ausgepackt. Die Männer leisteten keinen Widerstand, sie lagen binnen Sekunden auf dem Boden. „Bei den Festgenommenen handelt es sich um zwei 40 Jahre alte und einen 49 Jahre alten Deutschen sowie einen 28 Jahre alten Italiener und einen 43 Jahre alten Polen“, heißt es von der Polizei. Alle fünf sollen früher einer Osdorfer Jugendgang angehört haben.

Insgesamt gibt es elf Tatverdächtige

Martin P. war nicht unter den dort Festgenommenen. Gegen ihn hatte die Staatsanwaltschaft, wie gegen zwei weitere Männer auch, Haftbefehl beantragt. Der wurde auch vom SEK vollstreckt. Insgesamt gibt es elf Tatverdächtige. Zusätzlich wurden zwölf Wohnungen und Treffpunkte durchsucht, darunter auch die von Martin P. an der Koreastraße in der HafenCity. „Dabei wurden weitere Betäubungsmittel, darunter ein Kilogramm Marihuana und etwa 170.000 Euro Bargeld, sichergestellt“, sagt Polizeisprecherin Heike Uhde.

Der Lkw mit dem Kokain wurde zum Polizeigelände in Winterhude gebracht. Zunächst stand das Fahrzeug draußen. Dann räumten die Beamten eine Halle frei. Erst dort begannen Kriminaltechniker mit der Spurensicherung. Die begann an der Außenseite des Fahrzeugs. Zunächst wurde nicht ausgeschlossen, dass sich in dem Lastwagen weiteres Kokain befindet. Doch am Freitag wurden die Beamten nicht mehr fündig. Wann das Rauschgift vernichtet wird, ist noch unklar.

Der Lastwagen mit mehr als einer Tonne Kokain an Bord
Der Lastwagen mit mehr als einer Tonne Kokain an Bord © TV- NEWS KONTOR

Auf die Spur des riesigen Deals waren die Ermittler durch ein Verfahren gegen eine Gruppierung aus Osdorf gekommen. Dabei war festgestellt worden, dass sie Kontakt zu dem 39 Jahre alten Mitglied der Hells Angels hatte und mit ihm den Kokaindeal anbahnte. Zwar waren erst im vergangenen Jahr im Hamburger Hafen in drei Chargen 3,8 Tonnen Kokain vom Zoll sichergestellt worden, das auf dem Seeweg aus Südamerika kam. Im aktuellen Fall konnten aber die Täterstrukturen nicht nur aufgehellt, sondern auch Hintermänner gefasst werden. 2010 hatte die Polizei rund 1,3 Tonnen Kokain im Hafen beschlagnahmt. Das Rauschgift war in einem Container unter einer Ladung aus Holzbriketts versteckt gewesen.

Rocker agieren in der Regel als Einzelpersonen

Was den aktuellen Fall besonders macht: In der Rocker-Szene und dem Umfeld stoßen Ermittler in der Regel auf eine Mauer des Schweigens. „Durch die internen sogenannten ,rules‘, also Regeln der ,Outlaw Motorcycle Gangs‘, ist es für uns besonders schwierig und eine besondere Herausforderung, an Informationen zu Straftaten zu gelangen, da sich diese Gruppierungen nach außen hin sehr abschotten. Ein Kontakt zur Polizei wird intern mit harten Sanktionen belegt“, beschrieb eine Ermittlerin polizeiintern die Probleme. Ein weiteres Problem: Die Rocker agieren nicht als Gruppe, sondern in der Regel als Einzelpersonen, die für Geschäfte wechselnde Partner aus dem kriminellen Milieu haben.

Unklar ist, ob der 39-jährige Drahtzieher Hintermänner oder zumindest Finanziers des riesigen Drogendealshatte. Die Rocker verdienen vor allem an Prostitution, Waffengeschäften und kleineren Drogendeals. Ein Geschäft dieser Größenordnung sei aber, so hieß es, „nicht ihre Liga“ – zumal schon der Einkaufspreis im zweistelligen Millionenbereich liegen dürfte.