Hamburg. Bei einem Ausflug an die Landungsbrücken werden Schüler einer Integrationsklasse massiv bedroht. Der Angeklagte bestreitet das.

Sie hat diese Szene noch vor Augen: Wie ein Mann eine imaginäre Waffe anlegt und diese vor seinem Körper hin und her schwenkt, „in einer Erschießungsgeste“, wie sie schildert. Lehrerin Martina R. ist noch heute schockiert, wenn sie daran denkt, was sie mitten in Hamburg erlebte, an den Landungsbrücken. Diese Fremdenfeinlichkeit, die der Mann damit wohl ausdrückte, und die Verachtung. Denn was sie als angedeutetes Massentöten wahrnahm, richtete sich offenbar gegen ihre Schüler, allesamt Jugendliche, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen waren. Die hier in Frieden leben wollen – und Hass erlebten.

So jedenfalls hätten es die Jugendlichen empfunden, erzählt ihre Lehrerin. „Die Schüler waren entsetzt und schockiert.“ Der Mann, der auf diese Weise junge Menschen angefeindet und erschüttert haben soll, will das alles ganz anders verstanden wissen. Die Geste, die andere als Erschießung interpretierten, und auch eine andere, die sie als Hitlergruß wahrnahmen.

„So war das nicht gemeint“, sagt Patrick N., der sich unter anderem wegen Volksverhetzung vor dem Amtsgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 40-Jährigen vor, den Schülern einer Integrationsklasse, die Ende Januar für einen Projekttag in der Stadt unterwegs waren, den Hitlergruß gezeigt zu haben. „Wenn Hitler noch wäre …“, soll er als unheilvolle Drohung noch hinzugefügt haben.

Schüler besuchten auch KZ-Gedenkstätte

Doch Patrick N. will den Eindruck, er identifiziere sich mit nationalsozialistischem Gedankengut, weit von sich weisen. „Ich fahre nicht durch Hamburg, um so eine Scheiße zu machen“, sagt der blasse Brillenträger und knetet nervös seine Hände. Er arbeite bei einem sehr großen Hamburger Unternehmen mit Kollegen ausländischer Herkunft zusammen, erzählt der Angeklagte. „Wenn die wüssten, weshalb ich hier angeklagt bin, würden die das nicht glauben.“ Zudem sei er an jenem Tag betrunken gewesen.

Lehrerin Martina R. berichtet von ihren Schülern, die an jenem Tag einen Film zum Thema „Hamburg als zweite Heimat“ als Projektarbeit drehen sollten. Zwei Mädchen seien plötzlich zu ihr gelaufen und hätten erzählt, dass ein Mann den Hitlergruß gezeigt habe. „Sie waren echauffiert.“ Dann habe ebenjener Mann gerufen, die jungen Leute sollten abhauen. „Dies sei sein Land und sie seien das Letzte. Und wenn Hitler noch wäre, würde er sie alle töten.“

Wie der Hitlergruß genau aussieht und was er bedeutet, das war den jungen Flüchtlingen nur zu bewusst: Einen Tag vor ihrem Ausflug an die Landungsbrücken waren sie in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Der Prozess wird fortgesetzt.