St. Georg. Beim „Tag der freien Schulen“ gingen Abgeordnete in die Klassen. Ties Rabe (SPD) diskutierte mit Schülern in St. Georg.

Die grüne Schultafel mit dem braunen Metallgestänge auf Rollen muss der Hausmeister aus den Tiefen des Kellers geholt haben, denn üblicherweise sind die Unterrichtshilfsmittel inzwischen deutlich moderner. Erst recht in der Brecht-Schule Hamburg mit ihren 1300 Schülern, in dessen moderner Aula an diesem Donnerstagvormittag eine besondere Stunde auf dem Lehrplan für die Oberstufenschüler steht: Schulsenator Ties Rabe (SPD) ist wie eine Reihe weiterer Hamburger Abgeordneter in Privatschulen unterwegs, sie geben dort am stadtweiten „Tag der freien Schulen“ Unterricht. Gut zehn Prozent der Hamburger Schülerschaft besuchen eine freie Schule.

Die Tafel ist die einzige Dekoration auf der Bühne, doch Rabe scheint sich sofort wohlzufühlen. „Dies wird jetzt keine echte Unterrichtsstunde“, sagt er gleich zu Beginn, er wolle anfangs gerne sagen, welche Themen in Hamburg gerade wichtig seien und dann sei er für Fragen offen. „Seien Sie nicht bange“, sagt er, er stehe oft auf dem Lohbrügger Marktplatz und werde dort bepöbelt. Auch mal von einer Mutter, die findet, ihre Tochter habe in der Klassenarbeit eine bessere Note verdient gehabt.

Dann zitiert er aus einer Matheaufgabe für Siebtklässler

Dann startet der Schulsenator mit einer kleinen Politikkunde und umreißt dann, was den Senat und ihn derzeit umtreibt: „Wohnen, wohnen, wohnen“, nennt Rabe als ersten Punkt. Aber auch die Schüler, die von Zuhause keinen Rückenwind bekämen, seien ein enorm wichtiges Thema, ebenso wie die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen („auch, wenn dafür die Elbvertiefung nötig ist“) und der Ausbau des Wissenschaftsstandortes.

Auf die Frage einer Schülerin, was gute Bildung sei, antwortet Rabe sehr ausführlich: „Was wir nicht gut hinkriegen, ist, dass alle Bildung kriegen können, denn dafür müssen sie lesen, schreiben und rechnen können.“ Dann zitiert er aus einer Matheaufgabe für Siebtklässler. Demnach kostet ein Handy in einem Laden 250 Euro, in einem anderen 300 Euro, im nächsten 350 Euro und im vierten 400 Euro. Welches Handy ist das preiswerteste?

Lernen Kinder in der Schule genug fürs Leben?

Es hebt ein Murren an in der Aula, die Schülerinnen und Schüler mögen einfach nicht glauben, dass man an dieser simplen Aufgabe scheitern kann. Der Schulsenator sagt dazu: „Die spannende Aufgabe ist, wie kriegen wir es geschafft, dass diese Schüler lesen und rechnen lernen!“

Eine Schülerin fragt den Senator, ob er Privatschulen für gerecht hält. Sie hätten Vor- und Nachteile, sagt er. Solange sie nur einen kleinen Teil der Bildungslandschaft ausmachten, sei es unproblematisch. In Hamburg mache ihr Anteil etwa zehn Prozent aus, in England dagegen etwa 28 Prozent. Bei einem Anteil von 30 oder 40 Prozent Privatschulen hierzulande würde er aber unruhig.

„Erziehung ist total scheiße, Rabe“

Rabe berichtete in dem Zusammenhang von einem Treffen mit der Popmusikerin Nena, die eine Privatschule betreibt. Sie habe ihm kürzlich gesagt: „Erziehung ist total scheiße, Rabe.“ Kinder würden schon selber wachsen. Diese Ansicht teile er nicht, aber „in einer Stadt wie Hamburg mit so unterschiedlichen Ansprüchen ist es wichtig, dass es auch Angebote gibt, die staatliche Schulen nicht befriedigen“, so Rabe.

Und natürlich kam in dieser Diskussionsrunde auch die Frage auf, wieso Schüler zwar lernten, Gedichte zu interpretieren, aber nicht, eine Steuererklärung zu machen. Bei Schule gehe es nicht nur darum, praktisches Leben zu lernen, so der Senator, sondern dass Schüler ihre eigenen Talente entdecken und entfalten. Die Balance sei wichtig. Hamburg habe aber deshalb die Berufs- und Studienorientierung als Schulfach eingeführt. „Da lernt man den Arbeitsmarkt kennen und kann seine eigenen Stärken und Schwächen testen.“

Die Kritik eines Schülers, das Hamburger Abitur sei verglichen mit dem in Bayern eine Lachnummer, ließ Ties Rabe nicht gelten. Das Abitur werde in der Tat häufig lächerlich gemacht, sagte der Senator, aber seit der Einführung des Zentralabiturs könne man dieses Urteil nicht mehr gelten lassen.

Rabe schafft es tatsächlich bis zum Ende, das Interesse der Schüler zu fesseln. Einzelne belagern ihn nach dem Ende der Stunde noch mit weiteren Fragen, aber da riecht es bereits nach dem Essen in der Mensa. Die Schüler der untereren Stufen haben jetzt Hunger.