Hamburg. Bürgermeister Tschentscher erklärt Hauptbahnhof zur Chefsache. Neue Passage geplant. Die Opposition kritisiert die Änderungspläne.

Der Hamburger Hauptbahnhof hat mit mehr als einer halben Million Fahrgästen pro Tag schon seit Längerem seine Kapazität überschritten. Seit Jahren wird über die dringend notwendige Sanierung und Erweiterung diskutiert. Jetzt hat Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) dieses Thema zur Chefsache erklärt. Nach einem gemeinsamen Rundgang mit Deutsche-Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla wurden am Donnerstag erste Pläne und zumindest ein grober Zeitplan verkündet. „Es soll Mitte 2019 ein internationaler Wettbewerb zur Weiterentwicklung und Erweiterung des Hauptbahnhofs gestartet werden. Dieser soll 2020 abgeschlossen sein“, sagte Tschentscher. Ein solcher Wettbewerb sei für diesen architektonisch und städtebaulich zentralen Ort die beste Möglichkeit, um hierfür eine in jeder Hinsicht geeignete Lösung zu finden, so Tschentscher weiter.

Fit für die nächsten 100 Jahre

Ziel sei es, den Hamburger Hauptbahnhof als wichtige Verkehrsdrehscheibe für die nächsten 100 Jahre fit zu machen. Perspektivisch könne die Neugestaltung bis zum Jahr 2030 abgeschlossen sein, aber einen genauen Zeitplan gebe es noch nicht. Kioske und Automaten an Gleis 13 und 14 verschwinden Allerdings kündigte DB-Vorstand Pofalla immerhin schon einmal Sofortmaßnahmen an, „um die überfüllten Bahnsteige zu entlasten.“ So sollen auf dem Bahnsteig zwischen den Gleisen 13 und 14, wo vor allem auch Fernzüge halten, sämtliche Aufbauten schon 2019 entfernt werden. Dazu zählen die Kioske, das Aufsichtshäuschen der Bahn und die Snack-Automaten.

Steintorbrücke soll zum Teil überdacht werden

Bis zum Jahr 2021 sollen zudem zwei provisorische Zugänge von der Steintorbrücke zu den Bahnsteigen im Süden eingerichtet werden, um mehr Platz für die Reisenden zu schaffen. Auch die geplante Erweiterung des Hauptbahnhofs wird über den Südsteg erfolgen. Dort sollen zwei neue Eingänge entstehen, zudem sollen Teile der Steintorbrücke überdacht werden. Die Straße soll dann zu einer sogenannten „Kommunaltrasse“ werden und nur noch für Taxis und Busse befahrbar sein. Die Brücke soll erweitert und bebaut werden, sodass dort beispielsweise auch neue Ladenflächen entstehen könnten. Von der Steintorbrücke sollen weitere neue Abgänge zu den Bahnsteigen führen.

Veränderungen vor dem Ohnsorg-Theater

Auch auf der anderen Seite am Hachmannplatz vor dem Ohnsorg-Theater stehen große Veränderungen an. Geplant ist eine Erweiterung des jetzigen Gebäudes mit überdachter Passage. Das Verwaltungsgebäude der Deutschen Bahn, die sogenannte „Keksdose“ könnte im Zuge der Neugestaltung abgerissen werden. Die offene Fläche zwischen dem Hauptbahnhof und der Ernst-Merck-Brücke auf der Nordseite des Gebäudes soll überdacht werden. Dort könnten dann ebenfalls neue Gebäude errichtet werden.

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Wie die Erweiterung des Hauptbahnhofs ganz genau aussehen soll, steht erst nach Abschluss des internationalen Wettbewerbs fest. Allerdings ist noch offen, welche Kosten durch die Erweiterung entstehen. Experten gehen von Hunderten Millionen Euro aus. Aber Bürgermeister Tschentscher will sich auf keine Zahl festlegen, „ solange die Planungen nicht abgeschlossen sind. Erst danach werden wir verlässliche Angaben zu den Kosten machen können.“

Wie werden Kosten aufgeteilt?

 Als sicher gilt, dass es Diskussionen darüber geben wird, wie die Kosten zwischen Deutscher Bahn, Hamburg und dem Bund aufgeteilt werden. Auch die Opposition sieht dringenden Handlungsbedarf Für Aufsehen sorgte am Mittwoch schon einmal der gemeinsame Rundgang von Pofalla und Tschentscher am Hauptbahnhof. Mit etwa 50 Reportern und Kamerateams, vielen Vertretern von Stadt und Bahn sowie einem Tross von Sicherheitsbeamten ging es zur Steintorbrücke. Später gab es dann noch einen Fototermin in der Wandelhalle.

Kritik von der CDU

Scharfe Kritik an dem Auftritt des Bürgermeisters kommt von dem CDU-Verkehrsexperten Dennis Thering. Er sagt: „Sowohl die für das Frühjahr 2016 versprochene Personenstromanalyse als auch die für Herbst 2016 angekündigte Untersuchung zum verkehrlichen Umfeld des Hauptbahnhofs liegen immer noch nicht vor und warten auf ihre ‚ Abfertigung‘.“ Statt gemeinsam mit der Bahn und mit Hochdruck an der Einhaltung des bisherigen Fahrplans zu arbeiten, begnüge sich der Bürgermeister mit einem für die Medien inszenierten Spaziergang mit Ronald Pofalla und weiteren „mauen Ankündigungen“, so Thering weiter.

Unbedingten Handlungsbedarf sieht auch Michael Osterburg, Fraktionschef der Grünen in der Bezirksversammlung Hamburg Mitte: „Es ist dringend notwendig, dass Stadt und Deutsche Bahn ernsthaft an einer Erweiterung des Hauptbahnhofs arbeiten. Der aktuelle Zustand ist nicht mehr hinnehmbar, und vor allem zu den Hauptverkehrszeiten sind die überfüllten Bahnsteige eine Zumutung und auch ein Sicherheitsrisiko für die Reisenden.“

Schnell mit der Baumaßnahme beginnen

Auch Osterburg ist wichtig: „Das darf jetzt nicht Jahrzehnte dauern, sondern es muss schnellstmöglich nach Abschluss des Wettbewerbs mit den Baumaßnahmen begonnen werden.“ Der FDP-Verkehrsexperte Ewald Aukes sagt: „Wir begrüßen es, dass Bürgermeister Tschentscher das Thema endlich zur Chefsache macht und mit der Bahn ein ganzheitliches Konzept für den Hauptbahnhof erarbeiten will.“ Jetzt müssten zügig Taten folgen, und daran werde die FDP den Ersten Bürgermeister messen.