Hamburg. Die Deutsche Post präsentiert den neuen Glücksatlas: Die zufriedensten Deutschen leben in Schleswig-Holstein und in Hamburg.
Die Frage nach der Definition von „Glück“ ist eine alte. Selbst die antiken Philosophen erörterten die Hintergrunde des „Glücklichseins“. So heißt es bei Epikur, dass ein glückliches Wesen weder selbst Schwierigkeiten hat noch anderen bereitet. Bernd Raffelhüschen, Wirtschaftsprofessor mit den Schwerpunkten Sozial- und Steuerpolitik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, sieht das etwas anders als die alten Griechen: „Glück“, sagt er, „ist zufällig“.
Darum sei der am Donnerstag in Hamburg vorgestellte Glücksatlas im Grunde genommen falsch benannt. Die Ergebnisse zeigten viel mehr Erkenntnisse über die Lebenszufriedenheit der Deutschen als über Glück, erklärte Raffelhüschen, der das Projekt als wissenschaftlicher Leiter begleitet. Die „Sieger“ dieses Rankings kommen indes aus dem hohen Norden. Schleswig-Holstein steht bereits zum sechsten Mal in Folge auf Platz Eins, dahinter folgt Hamburg, 2011 und 2012 einziger anderer Spitzenreiter als das Nachbarbundesland, als Zweiter.
Warum ausgerechnet die Menschen im Norden?
Warum ausgerechnet die beiden nördlichsten Bundesländer am besten abschneiden? Laut Raffelhüschen spielen die „vier G der Zufriedenheit“ eine wichtige Rolle dafür: Geld, Gemeinschaft, Gesundheit und die genetische Disposition – womit der Charakter eines Menschen gemeint ist. In all diesen Kategorien fahren Schleswig-Holstein und Hamburg überdurchschnittliche Bewertungen ein.
Wer in Schleswig-Holstein lebt, bewertet dem Glücksatlas zufolge das eigene, individuelle Einkommen (6,98 Punkte) und die Gesundheitsversorgung im Land besonders positiv. Bundesweit verglichen ragt die Zufriedenheit mit Immobilienpreisen sowie Freizeit- und Kulturangebot heraus: Mit 7,79 Punkten liegt das Land etwa 0,19 Punkte besser als Hamburg. Ein weiterres Bonbon: die Nähe zu Dänemark, das als weltweit glücklichstes Land gilt. Eine leicht überdurchschnittliche Arbeitslosenquote von 6,0 Prozent im Jahr 2017 sorgt bei den meisten Menschen im Land dagegen offenbar nicht für Unbehagen.
Hamburg punktet auch mit Gesundheitsversorgung
Hamburg punktet ebenfalls mit einer positiven Bewertung der Gesundheitsversorgung (6,65 Punkte). Im bundesweiten Vergleich verfügt der durchschnittliche Hamburger mit 24.421 Euro im Jahr 2016 sogar über das höchste individuelle Einkommen: An die Bewertung von 7,26 Punkten im Index reicht keine andere Region heran. Baden folgt mit großem Abstand (7,10). Doch scheint sich daran die größte Unzufriedenheit der Hamburger zu knüpfen: Die Zufriedenheit mit der Wohnsituation liegt, wenn auch knapp, unter dem Bundesschnitt. Dies führt die Studie auf hohe Wohnkosten bei gleichzeitig großer Einkommensungleichheit zurück. Ein gutes Fünftel seiner Einkünfte gibt der Durchschnitts-Hanseat für die Miete aus. Nur in Berlin geben Mieter noch mehr aus.
Warum Hamburg die Bayern im Glücksatlas 2918 abhängt
Geld macht also doch glücklich. Das zeigt insbesondere sich im Vergleich der ostdeutschen Regionen: „Spitzenreiter“ ist hier Thüringen mit einem Index von 7,03. Deutschlandweit reicht das nur für Platz 14 – von 19 Regionen insgesamt. Bei der Gehaltszufriedenheit erreichen die Ost-Regionen Werte zwischen 6,26 (Brandenburg) und 6,52 Punkten (Berlin). Dennoch zeigte sich Raffelhüschen positiv ob dieses Ergebnisses gestimmt, denn die Lücke zwischen Ost- und West sei deutlich kleiner geworden. Aktuell lebten in der Bundesrepublik die „reichsten Reichen und reichsten Armen“, die das Land jemals gesehen hätte.
Lange Wege zur Arbeit machen unzufrieden
Der Glücksatlas beweist aber nicht nur, dass Geld die Deutschen fröhlich stimmt. Freizeit und flexible Arbeit werden in ihrem Einfluss auf die Lebenszufriedenheit immer bedeutender. Wer nicht ins Büro pendelt, erreicht einen Zufriedenheitsindex von 7,24 (Männer) bzw. 7,22 (Frauen). Wer mindestens zehn Kilometer Arbeitsweg am Tag zurücklegt, ist schon deutlich weniger zufrieden (Frauen: 7,20; Männer: 7,17). Laut Studie gehen 54 Prozent der Vielpendler von einem negativen Effekt auf ihre Lebensqualität aus.
Abhilfe, sagen die Studienverfasser, leisten mehr berufliche Mobilität und der Umstieg auf alternative Verkehrsmittel. Bereits 26 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten mindestens gelegentlich im Homeoffice. Knapp 40 Prozent verfügen schon über einen vollständigen mobilen Arbeitsplatz.Besonders zufrieden sind diejenigen Berufstätigen, die ihren Weg zu Fuß oder mit dem Rad zurücklegen können. Aufgrund des kurzen Arbeitsweges bleibt dann auch mehr Zeit für die Familie.
Seit 2011 präsentiert die Deutsche Post einmal im Jahr den Glücksatlas. Für die Daten griffen die Studien-Verfasser um Bernd Raffelhüschen und Reinhard Schlinkert, Geschäftsführer von dimap, auf das seit 1984 jährlich mit denselben Teilnehmern durchgeführte Soziooekonomische Panel sowie eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach vom Frühsommer 2018 zurück. 5067 Menschen ab 16 Jahren wurden dafür repräsentativ gefragt.