Hamburg. Radwegetest, Teil 8: Die Veloroute 7 führt aus der Innenstadt nach Rahlstedt – und ist in den meisten Bereichen kaum ausgebaut.

Wer aus der Innenstadt die Veloroute 7 nach Rahlstedt fahren möchte, muss sich gut auskennen – oder einen Guide haben wie Thomas Havran. Der 38-Jährige, der Mitglied im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) ist, fährt die Strecke häufig. So weiß er genau, wann man wo abbiegen muss. Und das ist gut. Ausgeschildert ist die Veloroute nämlich nicht. Oder besser gesagt: nur ein einziges Mal, kurz hinter dem Zentralen Omnibusbahnhof an der Adenauerallee. Wir erreichen den Wegweiser nach einem Kilometer, der uns erst über die Mönckebergstraße, dann über einen Hochbordradweg geführt hat, auf dem wir immer wieder Fußgänger aus dem Weg klingeln mussten.

Das kleine Schild lässt sich nur so deuten, dass wir die Adenauerallee schon vor dem Kreuzweg überqueren sollen, der jetzt vor uns liegt. Dann würden wir drüben aber auf der falschen Straßenseite landen. Während wir also darauf warten, dass die Fußgängerampel vor uns am Kreuzweg auf Grün springt, sagt Havran: „Hier würde es viel mehr Sinn machen, wenn die Radfahrer direkt, also zeitgleich mit den Autos innerhalb einer Ampelphase zügig abbiegen könnten.“ Wir haben aber nur die Möglichkeit des indirekten Abbiegens und müssen zwei Fußgängerampelphasen abwarten, um über die Kreuzung zu gelangen.

Weg wird schnell zur Holperstrecke

Am Steindamm ist der Fahrradweg zunächst gut ausgebaut, wird dann aber schnell zur Holperstrecke. Auf Kopfsteinpflaster geht es an rot-weißen Absperrungen entlang. „Hier wird gerade der Zugang zum U-Bahnhof Lohmühlenstraße umgebaut. Im Anschluss erhält der Straßenzug dann Radfahrstreifen auf beiden Seiten. Die Nebenfahrbahn entfällt.“

Die provisorische Radspur ist mit gelben Linien markiert. Immerhin. Auf der anderen Seite, auf der ich nachher zurückfahre, ist der Radweg wegen der Baumaßnahmen gesperrt, und ich muss mein Rad über den Gehweg schieben. Vor dem Haus der Gerichte sind die Radwege modern, rot und breit. Am Verkehrsknotenpunkt Lübecker Straße/ Mühlendamm/Steinhauerdamm gibt es sogar ein Lob von Havran. Hier werden Radfahrer kurz vor der Ampel vom Hochbordweg auf einen Radfahrstreifen auf die Fahrbahn geleitet.

Baustelle versperrt die Einfahrt

„So haben die Autos uns im Blick“, sagt der 38-Jährige. Wir radeln über die Kreuzung und dann in die Angerstraße hinein. Dort fangen uns Studenten der Technischen Hochschule Dresden ab. Sie nehmen an einem Forschungsprojekt teil und möchten wissen, was für Radfahrer­typen wir sind. Da wir noch einen langen Weg vor uns haben, müssen wir die Frage unbeantwortet lassen und fahren weiter.

An der Landwehr angekommen, müssten wir diese eigentlich überqueren, um gegenüber in die Hasselbrook­straße zu gelangen. Doch eine Baustelle versperrt die Einfahrt. Was tun? Ein Schild, das den Velorouten-Nutzern eine alternative Überquerungsmöglichkeit anzeigt, gibt es nicht. Nur weil Thomas Havran hier öfter entlangfährt, weiß er, dass ein Stück weiter rechts eine Ampel die Möglichkeit bietet, die Landwehr-Baustelle zu überqueren. Nachdem wir auf der anderen Straßenseite zur Einmündung der Hasselbrookstraße zurückgefahren sind, schlängeln wir uns an der nächsten Baustelle vorbei (was nur Fußgängern erlaubt ist) und befinden uns wieder auf unserer Veloroute. Radwege gibt es hier nicht, wir teilen uns die Straße mit den Autos. Da heute Sonntag ist, hält sich der Verkehr aber in Grenzen.

Holpriger Flickenteppich

Wochentags geht es hier ganz anders zu, weiß Thomas Havran zu berichten. Über eine lange Strecke werde die Veloroute 7 von Autofahrern genutzt, die die verkehrsträchtige Wandsbeker Chaussee und ihre Verlängerung (Rüterstraße, Wandsbeker Zollstraße) umfahren wollen. Daher hält er Radfahrstreifen auf der Veloroute für besonders wichtig, damit Radfahrer nicht im dichten und schnellen Mischverkehr fahren müssen.

Nach der nächsten Kreuzung und dem Überqueren des Hammer Steindamms wird es für Radfahrer auf der Pappelallee abenteuerlich. „Modell 60er-Jahre“ nennt Havran die Situation: Der rote Fahrradweg endet, es folgt ein Stück unmarkierter Asphalt, dann geht es weiter über einen holprigen Flickenteppich aus ehemaligen Stellflächen und Gehwegen, über diverse Arten von Pflastersteinen geführt – links ein weißer Streifen als Markierung und geparkte Autos, rechts der Bordstein. Auch hier ist es auf unserer Seite besser als gegenüber: Dort gibt es gar keinen Weg für Radfahrer.

Merkwürdiges Verkehrsschild

Obwohl die Fahrbahn breit genug wäre, gibt es auch hier keine Radfahrstreifen. Die Hasselbrookstraße wird zur Pappelallee, dann – hinter der Kreuzung Hammer Straße – zur Bärenallee. Dann kommen wir an die Kreuzung Hammer Straße. Sie wäre ein „besonders ambivalenter Punkt“, findet Havran. „Ihr Umbau ist gelungen. Aber die Radfahrstreifen, die erst kurz vor der Kreuzung beginnen, hören direkt danach wieder auf, und man landet wieder im Mischverkehr.“

Was uns dann an der nächsten Kreuzung Rantzaustraße/Am Alten Posthaus erwartet, ist symptomatisch für die Veloroute 7. Auch hier führt die Strecke eigentlich geradeaus, ein Verkehrsschild (nach dem sich auch Radfahrer richten müssen) schreibt aber das Linksabbiegen vor. „Die Polizeiwache ist ganz in der Nähe. Die Polizisten fahren hier bestimmt häufig entlang. Warum ist da nicht längst ein ,Radfahrer frei‘ ergänzt worden?“, fragt Havran.

Weitere Kritikpunkte

Das taucht aber erst ein Stück weiter auf, als die Rantzaustraße in eine Bahngärten genannte Straße übergeht und wir auf einen unbefestigten Radweg fahren, der eigentlich ein Gehweg ist, und auf dem sich Brennnesseln und Brombeeren nach uns recken. Als wir auf die Bovestraße stoßen, müssen wir wieder auf die Fahrbahn und an der Ampel mit den Autos auf Grün warten, bis wir dann erst rechts in die Bovestraße und kurz darauf links in die Rauchstraße biegen. Auch hier sind Wegweiser Fehlanzeige. Wer die Streckenführung der Veloroute 7 nicht kennt, ist spätestens dann verloren, wenn es von der Rauchstraße rechts in den Osterkamp und dann links in die Schimmelmannstraße geht.

Dennoch ist die fehlende Beschilderung nicht der Hauptkritikpunkt des ADFC. „Es ist sinnvoll, wenn die Behörde die Schilder erst nach weitgehender Fertigstellung der Route aufstellt“, sagt Ulf Dietze, ADFC-Sprecher für den Bezirk Wandsbek. Ihm geht es um etwas anderes. „Wenn Menschen zum Radfahren und zum Nutzen von Velorouten animiert werden sollen, müssen drei Dinge garantiert sein: Zügigkeit, Sicherheit und Attraktivität. Gegenüber der kürzesten Strecke akzeptieren Radfahrende dann auch einen Umweg, der 20 bis 30 Prozent länger dauert.“ Und das müssten sie auf der Veloroute 7, da bei der Planung viele Tempo-30-Straßen einbezogen wurden. Der Zickzack-Parcours sei eine Folge davon.

Sicherheitsabstand wird unterschritten

Attraktiv ist die Strecke durch die Wohngebiete schon, findet Havran. Auch wenn für seinen Geschmack manchmal zu viele Autos am Straßenrand parken und es gerade vor der Grundschule Schimmelmannstraße dadurch eng und unübersichtlich ist. Daher sei es nicht überall sicher. Etwa an der Schimmelmannstraße/Kühnstraße. Der Straßenzug soll zwar demnächst Radfahrstreifen erhalten, noch aber gibt es nur einen Radweg in einem sehr schlechten Zustand, oder man muss auf der Straße im Mischverkehr fahren. „Der Radweg ist werktags in einem Gewerbegebiet mit vielen Einmündungen und Schwerlastverkehr überhaupt nicht attraktiv, stellenweise sogar gefährlich“, sagt Havran. Im Winter werde er komplett unbenutzbar. „Da er nicht benutzungspflichtig ist, wird er nicht von Laub und Schnee befreit.“

Auch an der Köpenicker Straße, in die wir nach einem kurzen Schlenker durch die Wilsonstraße rechts einbiegen, und im Wohngebiet dahinter ist es trotz Tempo-30-Zone nicht immer ideal. Dort sind die Straßen so eng, dass Autofahrer den geforderten Sicherheitsabstand von 1,50 Metern nicht einhalten können, wenn sie Radfahrer überholen wollen. Mancher tut es trotzdem.

Wir biegen in die Charlottenburger Straße, an deren Ende uns ein Schild mit der Aufschrift „Veloroute 2“ verwirrt. Es verweist ganz klar auf den Verlauf der 7. Wir nehmen es mit Humor und setzen zum Endspurt an. Durch das Ellerneck gelangen wir auf die Rahlstedter Straße, deren Radweg einem Flickenteppich gleicht. Auch sie soll noch ausgebaut werden.

Gut ist die Abbiegesituation von der Rahlstedter Straße in die Scharbeutzer Straße gelöst: Hier haben Radfahrer die Möglichkeit, sowohl direkt als auch indirekt abzubiegen. „Durch große Piktogramme ist das deutlich sichtbar für alle Verkehrsteilnehmer dargestellt“, lautet das Urteil von ADFC-Experte Havran. Die Veloroute 7 endet am Rahlstedter Bahnhof – allerdings nicht an Markttagen. Dann ist die Einfahrt in die Fußgängerzone, die sonst für „Radfahrer frei“ ist, auch für Radler gesperrt – und die müssen das letzte Stück schieben.

Am Montag lesen Sie: Veloroute 8 – von St. Georg nach Bergedorf