Hamburg. Es gibt den Rechtsanspruch auf fünf kostenfreie Stunden pro Tag. Für die Einrichtungen aber lohnen sich so wenige Stunden nicht.
Die Sache schien klar zu sein für Familie H. aus Eimsbüttel. Ihre große Tochter geht bereits in die Vorschule der Elbkinder-Kita Rellinger Straße, nun soll auch die drei Jahre alte kleine Schwester in die Betreuung. „Sie ist reif dafür, es wird Zeit“, sagt ihr Vater. Nun die Absage durch die Kita-Leitung. Der Grund: Die Kita Rellinger Straße ist voll belegt und kann derzeit keine neuen Kinder aufnehmen.
Kein Einzelfall. Trotz des Rechtsanspruchs auf eine kostenlose fünfstündige Kita-Betreuung gibt es zu wenige solcher Plätze in Hamburg. „Wir hören immer wieder davon, dass es Probleme gibt, die Fünf-Stunden-Gutscheine in den Kitas einzulösen“, sagt Angelika Bock vom Landeselternausschuss Kindertagesbetreuung (LEA). Die Kitas entscheiden darüber, in welchem Umfang sie ihr Leistungsspektrum anbieten. Und immer mehr Eltern gehen bei den fünf Stunden leer aus.
Betroffene können sich an die Jugendämter wenden, die dann nach freien Plätzen suchen: War es in Hamburg im Jahr 2015 sechsmal notwendig, dass die Ämter den betroffenen Eltern einen freien Fünf-Stunden-Platz nachweisen, stieg diese Zahl an, teilweise um das Zehnfache. Im Jahr 2017 waren es hamburgweit 129 Fälle. In diesem Jahr liegt die Zahl bereits bei 94 solcher Platznachweisverfahren. Das geht aus der Antwort auf die Senatsanfrage des FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Daniel Oetzel hervor. Demnach ist es vor allem im Bezirk Nord (50 Platznachweisverfahren im Jahr 2017), in Wandsbek (36 Fälle) und Harburg (28 Fälle) schwierig, Fünf-Stunden-Gutscheine einzulösen. Da die Bezirksämter noch keine Statistik dazu erfassen, sind die Angaben nicht vollständig.
Daniel Oetzel: „In diesem Jahr ist von weiteren Steigerungen auszugehen. Trotzdem weigert sich der Senat, die tatsächlichen Bedarfe für Kita-Plätze zu ermitteln. Dadurch wird die Not der Eltern verschleiert.“
Großes Problem: Dieser Nachweis kann mehrere Monate dauern. „Das ist nicht nur für Eltern, die wieder ins Berufsleben einsteigen wollen, ein unmögliches Unterfangen. Die wenigsten Arbeitgeber zeigen sich hier geduldig“, sagt Angelika Bock. Außerdem kann die Kita etwas weiter entfernt als die ursprüngliche Wunschkita sein. In der Regel sollte sie innerhalb von zehn bis 20 Minuten erreichbar sein, je nach Verkehrsmittel.
Der Familie H. aus Eimsbüttel sagte die Kita-Leitung, sie könnten für ihre kleine Tochter einen Sechs-Stunden-Platz bekommen. Die Differenz von einer Stunde müssten sie dazukaufen. Für die Familie keine Alternative, da die große Schwester nur fünf Stunden in der Vorschule bleibt. Eine andere Kita in Eimsbüttel zu finden sei extrem schwierig. Zwar nehmen zumindest die Elbkinder-Kitas Fünf-Stunden-Kinder mit steigender Tendenz auf, dennoch herrscht generell ein Mangel an freien Kita-Plätzen.
Jede Kita hat eine Belegungsstruktur und eine damit verbundene Personaleinsatzplanung. „Beides lässt sich nicht beliebig variieren, denn jede Kita ist bestrebt, gutes und bewährtes Personal zu halten. Auch die Eltern legen auf personelle Kontinuität Wert“, sagt Franziska Larrá, Geschäftsführerin der Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten (Elbkinder). Deshalb belegt die Kita ihre Plätze nach Personalsituation. Da gehöre ein bestimmter Anteil an Fünf-Stunden-Plätzen dazu, der nicht überschritten werden darf, will man die Personalsituation nicht gefährden.
Zentrale Vorgaben gibt es nicht. Das muss die Kita-Leitung vor Ort entscheiden. Eine schwierige Aufgabe. Der Mangel an Fünf-Stunden-Plätzen hat unter anderem mit der schlechteren personellen Ausstattung zu tun, sagt Uwe Mühling, Fachbereichsleiter Kinder- und Jugendhilfe bei der Diakonie. „Für Sechs- oder Acht-Stunden-Gutscheine wird in Hamburg eine bessere Betreuungsqualität vereinbart als für einen Fünf-Stunden-Gutschein.“