Hamburg. Hamburger Konstruktionsfehler? Jeder achte Sechstklässler muss wegen seiner Leistungen auf eine Stadtteilschule wechseln.

    Jeder achte Sechstklässler muss das Gymnasium wegen unzureichender Leistungen verlassen und auf eine Stadtteilschule wechseln. Nach dem Abendblatt-Bericht wird darüber diskutiert, wie vermieden werden kann, dass eine so große Zahl von Jungen und Mädchen diesen schulischen Misserfolg erlebt, der zudem häufig mit dem Verlust des Freundeskreises verbunden ist.

    „Wir treten dafür ein, dass Gymnasien und Stadtteilschulen freiwillige Tests anbieten, die Schülern eine erste Orientierung zu den jeweiligen Anforderungen geben. Damit wird die Schulauswahl erleichtert und Wechselfrust vermieden“, sagte die FDP-Bürgerschaftsfraktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein. Außerdem fordern die Liberalen, dass Eltern noch deutlich intensiver über die Stärken der Stadtteilschule in ihrer Nachbarschaft informiert werden. Die Schulbehörde hatte allerdings bereits im vergangenen Jahr eine Informationskampagne für die Stadtteilschulen gestartet, die nun bis ins nächste Jahr hinein verlängert wird.

    "Abschulung zementiert die soziale Spaltung Hamburgs"

    „Die Abschulung zementiert im Bildungssystem die soziale Spaltung Hamburgs“, sagte Linke-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus. „Das Damoklesschwert der Abschulung bedeutet für viele Kinder Schulstress und Schulangst.“ Statt diejenigen hinauszuwerfen, die dem erhöhten Leistungsdruck nicht gewachsen seien, sollten Gymnasien und Stadtteilschulen „die Möglichkeiten und Mittel erhalten, Schülerinnen und Schüler entsprechend zu fördern und zum bestmöglichen Schulabschluss zu führen.“

    Auch die Gewerkschaft und Wissenschaft (GEW) kritisiert den Schulformwechsel. „Ein Konstruktionsfehler des Zwei-Säulen-Modells ist, dass die Politik den Gymnasien erlaubt, Kinder nach der sechsten Klasse abzuschulen“, sagte die GEW-Vorsitzende Anja Bensinger-Stolze. Die Stadtteilschulen müssten die Kinder, die „zwei Jahre lang Misserfolge“ hatten, wieder aufbauen. „Die Gymnasien müssen alle Kinder so fördern, dass sie einen Schulabschluss erreichen – der Anspruch ist an Stadtteilschulen selbstverständlich“, so Bensinger-Stolze.