Hamburg. Nach acht Jahren im Amt hat Dieter Lenzen die einst eher mittelmäßige Massenuniversität Hamburg erfolgreich auf Exzellenz getrimmt

    Im Moment seines großen Triumphs blieb er ungewöhnlich zurückhaltend: Als Uni-Präsident Dieter Lenzen an der Seite von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erklärte, dass alle vier sogenannten Exzellenzcluster, mit denen sich die Uni Hamburg in der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder beworben hatte, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert werden und in den kommenden sieben Jahren voraussichtlich 164 Millionen Euro Fördermittel erhalten, verkaufte er das nicht als seinen Erfolg.

    Stattdessen lobte der 70-Jährige höflich die Arbeit von Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) und Tschentschers Senat: „Die Politik dieser Stadt ist außerordentlich wissenschaftsfreundlich geworden.“ Doch ohne Frage ist das auch ein persönlicher Triumph für Dieter Lenzen. Und es könnte ein noch größerer werden – denn mit der Entscheidung der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat seine Hochschule, der lange Zeit der Ruf einer eher mittelmäßigen Massenuniversität anhaftete, plötzlich die Aussicht, sich bald „Exzellenzuniversität“ nennen zu dürfen. Ein solcher Coup war dem Erziehungswissenschaftler Lenzen schon mit der Freien Universität (FU) Berlin gelungen, an der er von 2003 bis zu seinem Amtsantritt in Hamburg 2010 Präsident war.

    Um in den Kreis der Elite-Unis aufgenommen werden zu können, muss eine Hochschule den Zuschlag für mindestens zwei Exzellenzcluster erhalten. Derzeit können noch 17 Hochschulen auf den Elite-Titel und eine damit verbundene zusätzliche Förderung hoffen. Elf Unis sollen dann ab November 2019 mit insgesamt rund 148 Millionen Euro jährlich zusätzlich gefördert werden. Bis zum 10. Dezember darf sich auch die Uni Hamburg auf diese Auszeichnung bewerben. Welche Uni den begehrten Titel bekommt, wird im Juli 2019 entschieden.

    Dass Hamburg mit vier Exzellenzclustern ins Rennen geht, könnte bei der Entscheidung eine wichtige Rolle spielen. „Vier Cluster sind eine gute Voraussetzung auf dem Weg zur Exzellenz-Uni, weil der Bereich Forschung darin eine zentrale Rolle einnimmt“, sagt Jan Louis, Vizepräsident der Uni Hamburg und Sprecher des Clusters zur Erforschung des Urknalls. Dieter Lenzen spricht der Physiker einen großen Anteil am Erfolg der vier Anträge zu und lobt zudem die Arbeitsweise des Uni-Chefs: „Er ist gedanklich sehr schnell, kann Dinge sehr gut in einen wissenschaftspolitischen Zusammenhang einbetten, ist weltweit hervorragend vernetzt und geht jede operative Umsetzung mit Schwung und Geschick an.“

    Was die Erfolgsaussichten der Uni Hamburg beim Rennen um den Titel als Exzellenzuniversität angeht, äußerte sich Lenzen selber vorsichtig: „Das ist, weiß Gott, kein Selbstläufer. Derzeit gibt es elf Universitäten, die diesen Status und die dementsprechende Erfahrung haben, aber wir werden unser Bestes geben.“ Inwiefern er selbst die Entscheidung der DFG als Genugtuung empfinde? Dazu wollte Lenzen sich nicht äußern.

    Grund dazu hätte er. Denn mit seiner Berufung waren große Erwartungen verbunden: Die Universität Hamburg, obwohl die größte Hochschule in der zweitgrößten deutschen Stadt, hatte national wie international nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Lenzen sollte das ändern.

    Acht Jahre später ist er einen großen Schritt weiter: Dass gleich alle vier Cluster erfolgreich sein würden, damit hatte wohl niemand gerechnet, sich zumindest nicht getraut, diese Hoffnung im Vorwege laut zu äußern. Dass Lenzen den unerwarteten Erfolg nicht für sich verbuchte, sondern lobte, wie „außerordentlich wissenschaftsfreundlich“ die Senatspolitik „geworden“ sei, war eine feinsinnige Formulierung – implizierte sie doch, dass das Verhältnis zur Hamburger Politik nicht immer so ungetrübt war.

    Vor allem um die Finanzierung gab es immer wieder Streit. Aus Lenzens Sicht passten die 2012 vom SPD-Senat eingeführten Hochschulvereinbarungen nicht zu seinem Auftrag, die Universität qualitativ weiterzuentwickeln. Denn diese Vereinbarungen garantierten den Hochschulen nur jährliche Budgetsteigerungen von 0,88 Prozent, was angesichts deutlich höherer Teuerungsraten de facto ein Sparprogramm war. „Wenn die Stadt aus der Universität eine internationale Forschungsuniversität machen möchte wie in München, Berlin oder Heidelberg, dann muss man finanziell zehn bis 20 Prozent drauflegen“, sagte Lenzen 2012 dem Abendblatt. Andernfalls habe man halt „eine Massenuniversität, wie es jetzt der Fall ist“.

    Ganz so stark sind die Zuwendungen zwar nie gestiegen, aber in der seit 2015 amtierenden Wissenschaftssenatorin Fegebank hat Lenzen eine starke Fürsprecherin pro Exzellenz und Spitzenforschung. So hatte die Zweite Bürgermeisterin die Hälfte der 40 Millionen Euro, die sie zusätzlich für Wissenschaft ausgeben durfte, allein zur Vorbereitung der neuen Exzellenzrunde zur Verfügung gestellt – mit Erfolg, wie sich jetzt zeigte. Und wenn die Hochschulvereinbarungen 2020 auslaufen, sollen die Unis auch dauerhaft deutlich mehr Geld bekommen – wie viel konkret, wird noch verhandelt.

    Das gilt auch für den Anteil der Stadt an den Exzellenzkosten: 25 Prozent der 164 Millionen muss der Senat nämlich selbst besteuern. Verteilt auf sieben Jahre geht es also um fünf bis sechs Millionen Euro pro Jahr. Das sei zwar viel Geld, heißt es in Regierungskreisen, aber angesichts eines Wissenschaftsetats von mehr als einer Milliarde Euro auch keine unüberwindbare Hürde – schon gar nicht mit der Aussicht auf den Titel „Exzellenz-Uni“.