Hamburg. Baustopp verzögert vorerst nur die Verlegung der Gleise. SPD und CDU kritisieren Bundesamt. Autoverladung in Eidelstedt oder Harburg möglich

    Wie geht es weiter mit der geplanten Verlegung des Fernbahnhofs Altona an den Diebsteich? Das fragen sich nicht nur die Planer der Deutschen Bahn (DB), sondern auch viele Wohnungssuchende, die sich für das Projekt Neue Mitte Altona interessieren. Nach Abendblatt-Informationen verzögert sich das Prestigeprojekt um zwei Jahre.

    Das heißt, der Bau der 1900 Wohnungen des zweiten Abschnitts beginnt später – und die ersten Züge würden auch erst im Dezember 2025 in Diebsteich starten. Dort sind drei neue Bahnsteige mit sechs Gleisen für den Regional- und Fernverkehr geplant. Außerdem ein Bahnsteig mit zwei Gleisen für die S-Bahn. Diese sollten die bisherige Haltestelle Diebsteich ersetzen und bereits 2020 in Betrieb gehen. Doch auch dieses Vorhaben wird sich dem Vernehmen nach um zwei Jahre verzögern.

    Für die DB bedeutet die Verzögerung vor allem auch, dass die geplanten Kosten in Höhe von 360 Millionen Euro wohl nicht eingehalten werden können. Jetzt hat es das Oberverwaltungsgericht Hamburg (OVG) in der Hand, wie es mit dem neuen Fernbahnhof Altona weitergeht. Denn die Richter hatten Ende August einem Eilantrag des Verkehrsclubs Deutschland, Landesverband Nord, gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes stattgegeben und einen Baustopp für das Prestigeprojekt verhängt. Die Richter hatten bemängelt, dass der Bahnhof keine Verladeeinrichtungen für Autoreisezüge mehr aufweist, wie es sie am bisherigen Standort gibt. Nun wartet vor allem die DB auf den Termin für das Hauptsacheverfahren in dieser Angelegenheit vor dem OVG. Doch den gibt es immer noch nicht: „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass es einen Termin im Jahr 2019 geben wird. Das Gericht wartet unter anderen noch auf Unterlagen von den Prozessbeteiligten, die angefordert wurden“, sagte ein Gerichtssprecher.

    Hinter den Kulissen dürfte vor allem der Senat Druck auf die DB ausüben. Denn auch das derzeit größte Hamburger Wohnungsbauvorhaben verzögert sich um zwei Jahre. Auf den nach der Verlegung frei werdenden Areal am heutigen Fernbahnhof Altona – es ist von rund 138.000 Quadratmeter Fläche die Rede – soll der zweite Abschnitt der Neuen Mitte Altona entstehen. „Es ist schon schwer nachvollziehbar, dass das Eisenbahnbundesamt die Bedeutung der Autoverladestation falsch eingeschätzt hat und dieses nun zur Verzögerung führt. Und leider müssen darunter jetzt die Wohnungssuchenden in Hamburg leiden“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf dem Abendblatt. Auch CDU-Vizefraktionschef Dennis Thering äußerte sich kritisch: „Erneut verzögert sich in Hamburg ein wichtiges Infrastrukturprojekt. Die Details zur Verlagerung der Autoverladung hätten nicht vernachlässigt werden dürfen.“ Thering „bedauert vor allem, dass sich nun auch die Entwicklung der Neuen Mitte Altona verzögert und so der Wohnungsbau hier nicht plangemäß umgesetzt werden kann.“

    Von dem Baustopp nicht betroffen ist das Empfangsgebäude des neuen Fernbahnhofs Altona mit Reisezentrum und zwei Hochhäusern. In diese Gebäude soll ein Hotel mit Dachterrasse und Büros einziehen. Das Ensemble wurde entworfen vom dänischen Architekturbüro C.F. Møller. Für die Umsetzung dieses Bauvorhabens ist der Hamburger Projektentwickler ProHa verantwortlich: „Wir befinden uns zurzeit in Gesprächen mit der Stadt und der DB, welche Auswirkungen die durch den Baustopp zu erwartenden Verzögerungen auf die Umsetzung unserer Planungen haben werden“, sagte Geschäftsführer Dennis Barth dem Abendblatt. Natürlich habe es nur Sinn, das Gebäudeensemble parallel zum neuen Fernbahnhof Altona fertigzustellen.

    Verladestation könnte an drei Stellen in Harburg entstehen

    Nach Abendblatt-Informationen favorisiert die DB den Bau einer neuen Verladestation für Autoreisezüge im Bereich Eidelstedt. Sollte das nicht funktionieren, gäbe es noch eine Möglichkeit in Harburg. Die SPD in der Bezirksversammlung signalisiert bereits Unterstützung. Die SPD-Abgeordneten sehen im Bezirk Harburg drei mögliche Standorte für eine Verladeeinrichtung: die Gleisanlagen des alten Harburger Rangierbahnhofs, die Güterbahngleise an der Seehafenstraße und die Hafenbahngleise nördlich des Containerterminals Altenwerder. „Die Voraussetzungen sind an allen drei Orten gegeben“, sagte der Harburger SPD-Verkehrsexperte Frank Wiesner, „am besten eignet sich wohl die Seehafenstraße.“

    Um Autos zu verladen, ist laut Wiesner – er ist hauptberuflich Verkehrsplaner – ein 400 Meter langes, möglichst elektrifiziertes Gleis notwendig. Außerdem rund 1000 Quadratmeter Aufstellfläche für wartende Fahrzeuge und einige kleine Gebäude für die Abfertigung und Versorgung der Reisenden. Der Verladebahnhof sollte möglichst nah an einer Autobahn liegen, „denn die Autoreisezüge haben ein sehr großes Einzugsgebiet“, sagt Wiesner.

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