Hamburg . Die Legende des Soul-Pop holt sich familiäre Unterstützung auf die Elbphilharmonie-Bühne und bekommt Standing Ovations.

Der Applaus, der sie im Großen Saal empfängt, ist lang, laut und voller Wärme. Noch hat Dionne Warwick keinen Ton gesungen, aber hier steht eben nicht irgendwer auf der Elbphilharmonie-Bühne. Hier steht eine fünffache Grammy-Gewinnerin, Legende des Soul-Pop, Cousine von Whitney Houston, die mehr als 100 Millionen Platten verkauft hat. Ihre Lieder begleiten viele im Saal seit Jahrzehnten – entsprechend fällt der Empfang aus, den sie sichtbar genießt.

77 ist Dionne Warwick inzwischen und macht in langer heller Robe und mit weißem Kurzhaarschnitt immer noch eine bemerkenswerte Figur. Wenn sie im zweiten Teil des Konzerts auf ihr Lieblingsland Brasilien zu sprechen kommt und im Bossa-Nova-Stil über die Bühne tänzelt, versprüht das große Leichtigkeit.

Sohn und Enkelin stehen auch auf der Bühne

Allerdings ist bei einer wie ihr die Erwartungshaltung sehr hoch. Eigentlich soll möglichst alles so klingen wie auf der heimischen High-End-Anlage, wie auf den legendären Alben aus den Sechzigern und Siebzigern, aber seitdem ist eben viel Zeit vergangen, und auch eine Dionne Warwick kann heute nicht mehr das Stimmvolumen von vor 40 oder 50 Jahren haben. Deshalb vermeidet sie in der Elbphilharmonie die hohen Spitzentöne und setzt bei vielen Songs schon mal grundsätzlich tiefer an. Der dicke Klangteppich, den ihr die Neue Philharmonie Frankfurt und eine fünfköpfige Band auslegen, tut ein Übrigens, um die ein oder andere Klippe zu umschiffen.

„I Say A Little Prayer“ singt Dionne Warwick als Duett mit ihrem Sohn David Elliott, der für die bei dieser Nummer nötige Durchschlagskraft sorgt. Im zweiten Teil des Abends ist es dessen Tochter Cheyenne, die mit ihr für vier Titel die Bühne teilt. Es klingt anders als auf Platte, weniger intensiv. Dionne Warwick nimmt sich immer wieder zurück, aber als sie dann alle Kraft ins Finale von „I’ll Never Love This Way Again“ legt, tobt das Publikum. Standing Ovations, Bravo-Rufe – man gönnt sie einer Frau, deren Bühnenpräsenz immer noch ungebrochen ist. Deren strahlendes Lächeln direkt ins Herz geht, und die übrigens immer dann voll punktet, wenn sie etwas leichtgewichtigere (Pop-)Nummern wie „Anyone Who Had A Heart“ oder „Alfie“ singt.

Im Publikum fließen Tränen der Rührung

Für die emotionalen Höhepunkte sorgen allerdings zwei unzerstörbare Klassiker: „Heartbreaker“ und „What The World Needs Now Is Love“ – da fließen im Publikum sogar Tränen der Rührung. Und lautstark mitgesungen wird ohnehin.

Natürlich lässt sich mäkeln, dass manches an diesem Abend ein wenig nach Hotelbar klingt. Aber: Es wäre dann ein First-Class-Hotel, an dessen Bar etwas Edles, etwas bernsteinfarben Funkelndes ausgeschenkt wird. Ein Hotel, in das viele, davon kündet auch der lange Schlussapplaus, nur zu gerne einchecken.