Hamburg . Das Bezirksamt hätte bei der Baugenehmigung auf die Einhaltung der Abstandsflächen achten müssen. Der Streit geht weiter.
Nachbarn und Passanten sind genervt: Seit mehr als einem Jahr liegt ein Baugrundstück am Hofweg brach. Eigentlich sollte dort schon längst ein achtstöckiger Neubau mit elf Luxuswohnungen stehen. Doch hinter der Absperrung der Baulücke, die Radfahrer auf die Straße zwingt und an der sich allerlei Unrat häuft, tut sich nichts.
Wer durchs Gitter guckt, sieht nur Unkraut und Stahlträger, die vor sich hinrosten. Und die beiden mit Natodraht und Bewegungsmeldern geschützten Ahornbäume auf dem dahinter liegenden Nachbargrundstück. Sie sind der Grund, warum mitten in der nachgefragten Wohngegend nicht gebaut werden darf.
Bäume standen nicht zur Diskussion
„Baumkrieg von der Uhlenhorst“ wird der Streit genannt, den die Besitzerin der Bäume, Susanne Nack, die Sylter Grundstücksgesellschaft FSG und die Stadt führen. Es gibt zwei Gerichtsverfahren, von denen eines jetzt abgeschlossen wurde. Aber der Reihe nach: Das Bezirksamt Hamburg Nord hatte die Baugenehmigung für den geplanten Neubau erteilt – und dabei zwar darauf hingewiesen, dass die beiden Bäume gefällt werden müssen – aber außer acht gelassen, dass deren Besitzerin das vielleicht gar nicht will.
Und Susanne Nack wollte das keinesfalls. „Ich opfere nicht zwei große, Sauerstoff spendende Bäume“, sagte sie und klagte. Das Verwaltungsgericht gab ihr jetzt recht und erklärte die Baugenehmigung für den Luxusneubau für fehlerhaft. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.
Auch nach Urteil geht der Streit weiter
Ihre Entscheidung begründeten die Richter mit dem Fehlen von Abstandsflächen: Die Tiefgarage würde mit ihren Entlüftungstürmen bis an das Grundstück der Nachbarin reichen – vorgeschrieben sei aber ein Mindestabstand von 2,50 Meter. Die Grundstücksgesellschaft möchte sich dazu zur Zeit nicht äußern – er wolle erst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, sagte der Bauherr auf Nachfrage.
Mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts kehrt aber am Hofweg noch lange kein Frieden ein. Die FSG Grundstücksgesellschaft zog nämlich auch vor Gericht und klagte gegen Susanne Nack. Die Bäume auf ihrem Grundstück seien wegen Säge-Attacken durch „Unbekannte“ nicht mehr standfest und müssten gefällt werden. Das Verfahren läuft noch.
Tatsächlich machten sich im Februar 2017 nächtliche Baumfrevler an den Bäumen zu schaffen und sägten die Stämme an. Susanne Nack installierte Überwachungskameras und beauftragte einen Wachdienst. Außerdem ließ sie die Bäume so sichern, dass sie im Sturm nicht einmal mehr schwanken. Aus diesem Grund weigerte sich die Feuerwehr auch im vergangenen Jahr, die Bäume zu fällen. Ein Mitarbeiter der Grundstücksgesellschaft hatte bei Windstärke 6 Gefahr im Verzug gemeldet. Dass die Bäume drohten, vom Nachbargrundstück auf das Baugrundstück zu stürzen und daher sofort gefällt werden müssten, hatten ihm die Einsatzkräfte nicht abgenommen.
„Es gibt keinen Grund mehr, die Bäume zu fällen“
Deshalb wundert sich Susanne Nack, dass die Klage gegen sie immer noch besteht. „Es gibt keinen Grund mehr, die Bäume zu fällen.“ Nach Auskunft des Gerichts darf der Bauherr die Beseitigung der 60-jährigen Ahornbäume nur verlangen, wenn sie umsturzgefährdet sind und die daraus folgende Gefahr nicht durch andere Maßnahmen abgewendet werden kann. Derzeit warte man auf das hierzu eingeholte Gutachten des Sachverständigen.
Susanne Nack rechnet damit, dass ihre beiden Ahornbäume stehen bleiben dürfen. Für die Bauherren vom Hofweg wäre das wahrscheinlich zu verschmerzen: Sie können dann eben nur zwölf statt 16 Tiefgaragenplätze bauen.