Hamburg. Linke: „Erschreckender Mangel an Sachverstand“. 30 Prozent zu wenig Ersatzverkehr-Plätze
Das Chaos auf der S-Bahn-Strecke nach Harburg in den Sommerferien war auch die Folge einer massiven Fehlplanung des HVV. Das jedenfalls ergibt sich laut Linksfraktion aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage ihrer Verkehrspolitikerin Heike Sudmann. Hintergrund: Zwar wurde der S-Bahn-Verkehr aufgrund von Bauarbeiten zwischen Wilhelmsburg und Harburg Rathaus zeitweise komplett eingestellt. Allerdings stellten die Verantwortlichen nur einen Teil der Kapazitäten im Ersatzverkehr zur Verfügung.
Im Normalbetrieb der S 3 und S 31 gibt es laut Senatsantwort rund 5200 Sitzplätze pro Stunde. Man rechnet dazu laut Linkfraktion etwa dieselbe Anzahl an Stehplätzen. Obwohl also eine Beförderungskapazität von 10.400 Plätzen pro Stunde hätte ersetzt werden müssen, stellte der HVV laut Senatsantwort nur 3600 Plätze pro Stunde durch die als Ersatz eingesetzten Busse zur Verfügung.
Und damit nicht genug. Eigentlich sollten die Metronom-Züge zumindest einen Teil der S-Bahn-Kunden aufnehmen. Dabei hatten die Planer allerdings offenkundig übersehen, dass auch der Metronom durch Bauarbeiten am Hauptbahnhof nicht so häufig wie normalerweise fahren konnte. Vielmehr musste ein Teil der laut Senat sonst täglich rund 100 Fahrten gestrichen werden. Normalerweise liegt die Kapazität des Metronoms in der Hauptverkehrszeit laut Senatsantwort bei 8200 Sitzplätzen pro Stunde. Durch die Behinderungen sank sie auf 7600 Sitzplätze. Zählt man alle Kapazitätssenkungen zusammen, zeigt sich, dass 30 Prozent weniger Plätze zur Verfügung standen.
„Keine S-Bahn-Strecke ist so überfüllt wie die S 3/S 31“, sagte Linken-Verkehrspolitikerin Heike Sudmann. „Wieso die Verkehrsunternehmen und der Senat dann glaubten, mit 8000 Sitz- und Stehplätzen weniger pro Stunde den Verkehr bewältigen zu können, ist mir schleierhaft.“ Die vom Senat jetzt vorgelegten Zahlen legten „einen erschütternden Mangel an Sachverstand im öffentlichen Personennahverkehr offen“, so Sudmann. „Die Kapazität um fast ein Drittel zu reduzieren kann auch in den Sommerferien nicht gut gehen.“ Als Konsequenz forderte die Linken-Politikerin eine verbesserte Abstimmung bei Bauarbeiten, auch über die Grenzen von Verkehrsunternehmen hinweg.
Der Senat selbst räumt Fehler ein. „Der HVV hat deutlich gemacht, dass sich eine solche Lage in keinem Fall wiederholen darf“, schreibt er in der Antwort. Künftig solle „eine zeitliche und räumliche Überlagerung mehrerer Baumaßnahmen ... möglichst vermieden“ werden. Auch müsse der „Schienenersatzverkehr leistungsfähiger gestaltet“ werden. Zudem solle bei ähnlichen Fällen mehr Sicherheits- und Servicepersonal zur „Fahrgastlenkung und -information vor Ort“ eingesetzt und die „digitale Fahrplanauskunft“ ausgebaut werden.