Vorjahressieger triumphiert erneut. Redebedarf bei Deutschlands bestem Sprinter Degenkolb, nachdem er ausgebremst wurde.
Hamburg. John Degenkolb hatte Redebedarf. Kurz nach der Zieldurchfahrt der 23. Cyclassics in Hamburg stand der Radprofi aus Oberursel in der Zielpassage in der Mönckebergstraße und diskutierte über die Szene, die den 29-Jährigen am Sonntag womöglich um seinen zweiten Sieg in der Hansestadt nach 2013 gebracht hatte.
Knapp zwei Kilometer vor dem Ziel war Deutschlands Straßenmeister Pascal Ackermann zu Boden gegangen und unterbrach dadurch Degenkolbs Vorbereitung auf den Massensprint. „Es hat mich fast aus dem Feld rauskatapultiert und in die Bande rein. Ich konnte grad noch einen Sturz verhindern und habe dadurch viele Positionen verloren“, sagte Degenkolb und ergänzte: „Am Ende war leider nicht mehr drin als der vierte Platz. Natürlich bin ich enttäuscht, weil ich eigentlich gute Beine hatte.“
Ackermann (24) vom Team Bora Hansgrohe hatte wie sein Kollege Marcus Burkhardt (35) viel für das hohe Tempo im Feld gearbeitet, war meist in vorderster Front gefahren. Eigentlich sollte Weltmeister Peter Sagan (Slowakei), der Sprintsieger der Tour de France, an die Spitze gebracht werden. Doch dann kam Ackermann zu Fall, löste eine Sturzwelle aus und kam abgeschlagen und blutverschmiert ins Ziel. Sagan wurde Zehnter, Burghardt belegte Rang 26. Andre Greipel, 2015 der letzte deutsche Sieger der Cyclassics, wurde nach einem Defekt noch 23.
Italiener Viviani siegt erneut
Den Sieg beim deutschen WorldTour-Rennen in der Hansestadt sicherte sich wie im Vorjahr der Italiener Elia Viviani. Der 29-Jährige Quick-Step-Profi konnte sich nach den 216,4 Kilometern um und durch Hamburg im Sprint gegen den Franzosen Arnaud Démare und den Norweger Alexander Kristoff durchsetzen. „Letztes Jahr habe ich den Sprint 200 Meter vor dem Ziel eröffnet und gewonnen, dieses Jahr hundert Meter später und es hat wieder gereicht. Ich fahre die Saison meines Lebens und bin sehr stolz, hier erneut gewonnen zu haben“, bilanzierte der fünffache Giro-Etappensieger im Anschluss an seinen 13. Saisonsieg.
Indes verzichtete Degenkolb auf direkte Schuldzuweisungen an Bora-hansgrohe-Profi Ackermann. „Er ist ein junger Rennfahrer und steht jetzt viel unter Druck. Da kann so ein Fehler natürlich einmal passieren“, meinte der Tour-de-France-Etappensieger. Der blutverschmiert ins Ziel gefahrene Ackermann gab im Hinblick auf die am Donnerstag in Koblenz beginnende Deutschland Tour Entwarnung. „Es tut zwar alles weh, aber die Knochen scheinen heil zu sein. Ich gehe davon aus, dass ich starten kann“, sagte der 24 Jahre alte Pfälzer. Lokalmatador Nikias Arndt vom Team Sunweb sprintete auf Platz acht, André Greipel fuhr abgeschlagen als 23. über den Zielstrich.
Sprintstar Kittel wollte nicht nach Hamburg
Als einziges der deutschen Sprint-Asse in Hamburg nicht am Start stand indes Marcel Kittel. Der Katusha-Alpecin-Profi hatte einen Start bei der BinckBank-Tour durch die Niederlande und Belgien vorgezogen. Auf der sechsten und vorletzten Etappe stieg der 30 Jahre alte Arnstädter dort jedoch am Sonnabend vorzeitig vom Rad und setzte die für ihn enttäuschende Saison weiter fort. „Ich suche nach den Gründen hinter all dem. Es war bisher eine unglaublich schwierige Saison und ich hatte gehofft, dass ich mit dem Team hier etwas ändern könnte“, schrieb Kittel auf Instagram.
So bleiben die zwei Tagessiege bei der italienischen Fernfahrt Tirreno-Adriatico im März die einzigen beiden Siege im Jahr 2018 für den 14-maligen Tour-de-France-Etappensieger. Bei der am Donnerstag in Koblenz startenden Neuauflage der Deutschland Tour nimmt Kittel auf heimischen Boden nun einen neuen Anlauf, die bis dato magere Saisonbilanz doch noch etwas aufzupolieren.