Hamburg. 32 Jahre alter Mann aus Indien soll Freundin gewürgt und mit Messer attackiert haben. Im Mordprozess kommt es zu einem Drama.
Während des Plädoyers seines Verteidigers ist am Montag der Angeklagte in einem Hamburger Mordprozess zusammengebrochen. Der 32 Jahre alte Inder fiel von seinem Stuhl und blieb ohnmächtig auf dem Boden des Gerichtssaals im Strafjustizgebäude liegen. Die Strafkammer rief Rettungskräfte, der Vorsitzende Richter Joachim Bülter unterbrach den Prozess. Der Anwalt, der Nebenklagevertreter und nach Gerichtsangaben auch der Richter leisteten Erste Hilfe.
Feuerwehr und Notarzt trafen nach wenigen Minuten ein und brachten den Mann schließlich in ein Krankenhaus. Bereits während des Plädoyers der Staatsanwältin hatte der Angeklagte den Kopf nicht mehr heben können und saß matt und gebeugt auf seinem Stuhl. Die Anklagevertreterin forderte eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes.
Streit in der Wohnung
Der Angeklagte hat nach Überzeugung der Staatsanwältin am 9. Dezember vergangenen Jahres eine 26-jährige Studentin in Hamburg-Billstedt getötet. Zuvor soll er mit der Ex-Freundin, die ebenfalls aus Indien stammte, in deren Wohnung gestritten haben. Als sie mit dem Rücken zu ihm stand, schlug er ihr nach Darstellung der Staatsanwaltschaft eine Bratpfanne auf den Kopf. Dann soll er sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und ihr mit einem Messer eine Vielzahl von Stichen zugefügt haben, allein elf davon in den Hals. Die junge Frau starb noch am Tatort.
Zum Prozessauftakt hatte der Angeklagte die Tat grundsätzlich eingeräumt. „Ich bin noch heute über das Geschehen entsetzt“, hatte der Angeklagte über seinen Verteidiger erklären lassen. Er habe die Frau geliebt und sie nicht töten wollen.
Eltern waren gegen die Beziehung
Wie aus dem Plädoyer der Staatsanwältin hervorging, waren die Eltern der jungen Frau gegen die Beziehung. Bei einem Heimaturlaub habe sie eingewilligt, einen anderen, von ihren Eltern ausgewählten Mann zu heiraten. Der Angeklagte habe sich dennoch Hoffnungen gemacht. Zwar habe die Studentin ihn aufgefordert, sie in Ruhe zu lassen und sich „zu verpissen“. Andererseits habe sie ihm noch wenige Tage vor ihrem Tod mit Geld helfen wollen, damit er sich Papiere besorgen könne. Der Angeklagte hielt sich demnach illegal in Deutschland auf und fürchtete um seinen Job. Seine Wohnung als Untermieter hatte er bereits verloren, er lebte mit zwei Freunden in einem Zimmer.
Einige Zeit vor der Tat habe er ihr nach Angaben von Zeugen gedroht: „Wenn du mich nicht heiratest, steche ich dich ab.“ Bereits im Jahr zuvor sei es zu gewaltsamen Übergriffen auf die Frau gekommen. Das Mordmerkmal der Heimtücke sei erfüllt, weil die 26-Jährige völlig arg- und wehrlos gewesen sei, erklärte die Staatsanwältin. Die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten sei nicht eingeschränkt gewesen. Nach der Tat habe er planvoll gehandelt und mit seinen Freunden telefoniert.
Kulturelle Barrieren
Verteidiger Christoph Burchard sprach von einer „starken affektiven Aufladung“ bei dem Angeklagten. Er komme zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Tat um einen Totschlag handele. Für die Familie der Frau sei es um ihr einziges Kind gegangen. Die Tochter habe den Angeklagten aber ursprünglich heiraten wollen. Aufgrund kultureller und traditioneller Barrieren habe eine unvorstellbare Sprachlosigkeit zwischen den Beteiligten geherrscht. Ein Gespräch mit den Eltern sei außerordentlich schwierig gewesen. Nach diesen Ausführungen stürzte der Angeklagte unvermittelt mit einem lauten Knall zu Boden.