Hamburg. Gisèle Vienne mit ihrer bisher besten Arbeit: “Crowd“ arbeitet auch mit Techno-Musik. Doch jede Party geht einmal zu Ende...

Eine leere Halle. Erde. Müll. Reste einer Nacht. In Slow-Motion-Bewegung nähern sich die Tänzerinnen und Tänzer, recken einen Fuß, heben einen Arm, die Gesichter ernst und voller Bedeutung. Die französisch-österreichische Künstlerin Gisèle Vienne, schon mehrfach beim Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel zu Gast, hat dort mit „Crowd“ ihre bislang beste Arbeit vorgelegt.

Die Kostüme wirken heutig, die Musik kommt aus den 1990er-Jahren, der Hochzeit der Ravekultur, der durchgetanzten Nächte. Der Musiker Peter Rehberg hat die Playlist mit Werken unter anderem von den Techno-Pionieren Underground Resistance und Jeff Mills zusammengestellt. Die Choreografie entfaltet ihre Kraft aus der Langsamkeit heraus, aus den simultanen Schauplätzen, den nonverbalen Narrativen. Dort geraten zwei Männer aneinander, hier umarmt sich ein Paar, eine Frau mit langen Locken tanzt besonders exaltiert.

Fast schon religiös

Die 15 Darsteller begeistern mit absoluter Körperbeherrschung und exaktem Timing dieser äußerst akkurat gebauten Inszenierung. Mal frieren sie Bewegungen synchron ein. Mal agieren sie wie Roboter. Vienne präsentiert eine Gruppe voller Sehnsucht nach Entgrenzung, Erlebnis, Gefühl. Das hat mitunter etwas Pseudoreligiöses. Und der Zuschauer teilt diese Bewusstseinserweiterung.

Gisèle Vienne hat bekanntlich einen Hang zu dunklen Fantasien. Sie überhöht die Realität, indem sie das unterschwellig Verstörende zeigt. Leere Blicke. Hoffnungslosigkeit, unerfüllte Sehnsucht. Denn jede Party geht einmal zu Ende. Am Ende werden die Reste zusammengefegt, die farbigen Blousons übergestreift und man macht sich verkatert davon.

Gisèle Vienne: „Crowd“ So 12.8., 19.30, Internationales Sommerfestival bis 26.8., Kampnagel, Jarrestraße 20-24, Karten unter T. 27 09 49 49