Hamburg. Im Video: Mit Tempo 30 auf einem Brett durch Kurven und über Rampen – wenn man es denn überhaupt auf das Wasser schafft.

Sieht schon gut aus, was er da macht: Mit gut 30 Kilometern pro Stunde rauscht Miles Töller in der Kurve an uns vorbei, zischt mit seinem Wakeboard über eine weiße Rampe, dreht dann irre Pirouetten mit dem Brett in der Luft, bevor er wieder ins Wasser platscht und mit elegantem Schwung von der Zugkabel weiter gezogen wird. „Backroll“, „Raley“ oder auch „Frontflip“ nennen sich solche Figuren, die uns der Profi-Wakeborder und Trainer an der Wasserskianlage am Neuländer Baggersee zeigt. Von einem „Frontflip“ bin ich derweil so weit entfernt wie ein Nilpferd vom Drahtseil-salto. „Startflip“ könnte man eher zu dem sagen, was nun kommt. Oder auch „Startflop“, um ehrlich zu sein.

Mitten zwischen 15- und 16-Jährigen eines fünftägigen Ferienkursus sitze ich auf einer Bank, die man auch Anfängerbank nennen könnte. Das Board ist schon an meine Füße geschnallt. Anders als beim Wasserski – und wie auf einem Snowboard – steht man hier auf einem statt zwei Brettern. Ein Anfänger nach dem anderen bekommt eine Zugstange mit Seil in die Hand gedrückt, eine grüne Ampel zeigt an, wann oben am Kabel der sogenannte Aufnehmer kommt. Das Seil zieht an – und dann geht es los.

Die Könner starten im Stehen – ich nicht

Oder sollte losgehen. Die Könner starten im Stehen, die anderen (und nun auch ich) im Sitzen von der Bank. Miles hatte es zuvor genau erklärt. Eigentlich, so sagte er, fängt man mit ein paar Runden Wasserski an. Da könne man die Sache mit dem Gleichgewicht besser üben. Nun gut, der Kollege, der das hier alles eingefädelt hatte, muss da wohl schon Erfahrung haben. Ist aber leider krank geworden, und nun haben sie mich geschickt. Was ungefähr so ist, als sollte jemand, der bisher Papierflieger gebastelt hat, jetzt mit einer Cessna Skyhawk losfliegen. Aber man denkt ja voraus, deshalb habe ich meinen 14-jährigen Sohn Bendix mitgenommen. Als Angehöriger der Skater-Generation müsste das bei ihm besser klappen.

Allerdings darf ich zunächst eben im Sitzen und mit einem Anfängerbrett starten: Das ist etwas dicker und schwimmt leichter auf, hatte Miles erklärt. Die dünneren seien aber nachher besser zu fahren, meinte er noch. In den Kurven vor allem. Nun, das sagt sich so, wenn man schon einmal Weltmeister im Wakeboarding war, wie dieser erst in den 1980er-Jahren erfundene Trendsport heißt. Damals war einigen Surfern bei Flaute langweilig geworden. Sie ließen sich von Motorboten ziehen und surften dann in der Kielwelle (Wake).

Auf einer Wasserskianlage – und davon gibt es mittlerweile gut 70 in Deutschland – zieht in einem ovalen Rundkurs ein Kabel, das über hohe Masten und Rollen geführt wird. Die „Kielwellen“ werden hier von Rampen simuliert, über die man dann brettern und seine Figuren drehen kann. Oder könnte. Man muss es bis dahin erst einmal schaffen.

Beim ersten Mal vielleicht fünf Meter geschafft

1. Versuch: Und schon springt die Ampel um. Im Kopf gehe ich die Anweisungen noch einmal durch. Zugstange am Körper halten! Ein wenig in die Hocke gehen! Spannung aufbauen! Fußspitzen nach oben, damit das Brett rauskommt! Überraschend groß ist im ersten Augenblick die Zugkraft, die Arme werden lang, länger; statt nach hinten beuge ich mich klar nach vorn: Und platsch! Vielleicht fünf Meter geschafft – mit wohlwollendem Optimismus.

Dann ist Bendix dran. Er wackelt ein wenig, die Arme werden kurz auch länger, dann zieht er sie an, steht auf dem Brett und rauscht davon, erst kurz vor der ersten Kurve fliegt er auch raus. Wie machen die Jungs das nur?

„Man muss sich nur Zeit nehmen, wenn man älter ist“, erklärt Frank Schalück. Der durchaus sportlich wirkende Lufthansa-Mitarbeiter aus Wilhelmsburg ist 48 Jahre alt und heute hier im Ferienkursus einer der wenigen Älteren. Er habe etwas gesucht, das ihm wieder mehr Körpergefühl und Spannung bringt, sagt er. Und dann draußen sein, im Sommer, im Wasser – wie schön, das hier doch sei. „Das bringt kein Kraftstudio“, sagt er.

Am ersten Tag hatte er tatsächlich die ersten Erfahrungen mit den leichter zu fahrenden Wasserski-Brettern gemacht und sich dann erst aufs Wakeboard gewagt. Den gut 800 Meter langen Rundkurs schafft er aber auch noch nicht ganz, steigt aber Runde für Runde immer wieder aufs Board. „Man muss dranbleiben“, sagt er noch und wird vom Kabel hochgezogen. Ein wenig neidisch sehe ich ihn zum anderen Ende rauschen. Vielleicht noch nicht so elegant wie Miles oder manche der Jüngeren hier. Aber Respekt.

Der Sohn zischt ab wie ein Profi

2. Versuch: Und dann bin ich wieder dran. Nur die Arme nicht wieder lang werden lassen! Nach hinten drücken. „NACH HINTEN!!!“, brülle ich still in mich hinein. Und dann ist er wieder da, der Zug. Ich zische übers Wasser, ein tolles Gefühl. Ein kurzes Gefühl. So sehr habe ich mich auf die nach hinten gerichtete Gewichtsverlagerung konzen­triert, dass nun das Board unter mir vorwärts zu stürmen scheint. Ich aber nicht. Und wieder lande ich im Wasser, immerhin ein paar Meter weiter. Dann ist Bendix wieder dran, zieht ab, als würde er täglich mit dem Wakeboard zur Schule fahren. Irgendwo da hinten in einer Kurve hat er es dann doch nicht mehr gepackt, erzählt er später.

Seit 2003 gibt es die Harburger Anlage nun schon, seit einigen Jahren ist hier Siegfried Weckler der Chef. Er wohnt nebenan. „Meine Kinder sind damit aufgewachsen“, sagt er. Neuland ist kein schlechter Ort dafür: Der ehemalige Baggersee unmittelbar an der A 1 ist von dichten Büschen und Bäumen umrahmt, das Wasser ist warm, der Boden am Ufer wunderbar sandig. Auf einer großen Holzterrasse kann man in einem Bistro entspannen, etwas trinken oder auch essen. Und zuschauen, wie Abendblatt-Redakteure direkt vor einem mit dem Element Wasser kämpfen.

...und platsch ins warme Wasser

3. Versuch: Also nicht nach vorne, nicht nach hinten, Zugstange am Körper halten. Alles klar. Wieder der Zug, wieder das wunderbare Gefühl des Gleitens. Und während ich noch kurz überlege, wie man wohl am besten die erste Rampe umgehen kann, ist die Spannung irgendwie wieder weg. Und: Man ahnt es: und platscht ins warme Wasser.
Bendix wagt sich derweil an den ersten Sprung.

Während ich mit dem Board nun wieder aus der Bahn schwimme (zumindest darin jetzt gut geübt), sehe ich noch meinen Generationsgenossen Schalück, wie er losbrettert. Vorbei an den Rampen, da hinten an der Kurve scheint auch alles gut zu gehen, auf der Gegengerade rauscht er elegant vorbei, bevor es in die letzte, in die schnellste Kurve geht. Und auch die meistert er nun. Das erste Mal nach fünf Tagen. „Das hatte ich mir vorgenommen, auf den letzten Drücker wollte ich es machen“, sagt er später. Und nun? „Nun bleibe ich dabei, nun bin ich angefixt.“

Die Sache mit dem Körpergefühl und der richtigen Spannung hat er jetzt. Ich hingegen sollte wohl noch ein bisschen üben. Allein schon wegen Bendix. Der ist nämlich jetzt auch „angefixt“ und will mit mir unbedingt wiederkommen.

Das hab ich nun davon.

Wakeboarding-Anfängerkarten inklusive Einweisung und Material kosten für Jugendliche für zwei Stunden 35 Euro (Wasserski: 28 Euro), für Erwachsene 40 Euro (Wasserski: 33 Euro). Für Fortgeschrittene gibt es Zeit-, Tages- oder Wochenkarten. Neoprenanzug und Board können gemietet werden. Badesachen sollten mitgebracht werden.

Adresse und Kontakt: Am Neuländer­ Baggerteich 3, 21079 Hamburg. Tel. 0174 32 77 000. Internet unter www.wasserski-hamburg.de. Öffnungszeiten aktuell: Mo–Do von 12–21 Uhr, Fr–So von 12–20.30 Uhr.