Diskriminierung von sexuellen Minderheiten gibt es im Alltag immer noch.
Es wird laut, es wird deftig und vielleicht auch hier und da ein bisschen prollig: Am heutigen Sonnabend werden Zigtausende Schwule, Lesben, Transsexuelle und ihre Freunde St. Georg und die Innenstadt einmal mehr in eine Partymeile verwandeln. Manch einer wird sich fragen: Muss das noch sein? Gerade jetzt, wo doch die Ehe für alle im Grunde die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare mit den heterosexuellen gebracht hat.
Die Antwort lautet: ja. Schwule und Lesben müssen auch nach 38 Jahren – so lange gibt es die Christopher-Street-Day-Parade schon in Hamburg – auf die Straße gehen. In St. Georg gehört die homosexuelle Community längst dazu, prägt den Stadtteil mit. Aber St. Georg ist nicht überall. Auch wenn sich das gesamtgesellschaftliche Klima verändert hat und die Toleranz sexuellen Minderheiten gegenüber spürbar gewachsen ist: Ausgrenzung, Diffamierung und Diskriminierung gibt es nach wie vor.
Angesichts der ostentativen Fröhlichkeit und Leichtigkeit des Umzugs ist nicht sofort erkennbar: Jede CSD-Parade ist eben immer noch auch ein Akt der Befreiung und der Selbstvergewisserung. Es ist erst wenig mehr als 20 Jahre her, dass der Paragraf 175 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde und Homosexualität in Deutschland damit nicht mehr strafbar ist. Die Erinnerung an die Zeit der Kriminalisierung ist vielen noch präsent. Schwule und Lesben gehen nicht nur auf die Straße, sie wollen, dass sie ihnen gehört an diesem Tag – frei von Angst. Die Minderheit ist bestens gelaunt einmal in der Mehrheit, jedenfalls gefühlt.
Viele Erfolge der schwul-lesbischen Bewegung sind schwer errungen worden, das ist wahr. Aber der fantasievolle und sympathisch-schräge Auftritt so vieler bei der CSD-Parade dürfte zum Erfolg erheblich beigetragen haben.