Hamburg . Hamburger Unternehmen unterstützt Eltern in der Kinderphase und beim Wiedereinstieg in den Job. Auch andere Firmen bieten Beratung.
Stefanie Trittmacher schaukelt ihren Sohn beruhigend in den Armen, dann legt sie ihn auf die Krabbeldecke. Liam Jaden gluckst zufrieden, als seine Mutter sich mit einer Rassel neben ihn setzt. Seit zehn Jahren arbeitet die Hamburgerin bei der Block Gruppe im Service. Zuletzt im Volksdorfer Block House. Als sie schwanger wurde, war für sie klar, dass sie Elternzeit beantragt. Zunächst für ein Jahr. Inzwischen hat sich die Situation geändert. „Weil wir in der Familie eine gute Betreuung organisieren können, möchte ich früher zurück in meinen Job“, sagt die 29-Jährige. Liam Jaden ist gerade sechs Monate alt geworden.
Ein Fall für Nadia Kauerz-Yaghi. Seit Anfang des Jahres ist sie Familienbeauftragte bei der Hamburger Block Gruppe. Offiziell lautet der Titel der neu geschaffenen Stelle Referentin für Beruf und Familie. Die 35-Jährige begleitet Mütter der Unternehmensgruppe während der Schwangerschaft, berät – natürlich auch Väter – während der Elternzeit, hilft bei der Kinderbetreuung und unterstützt beim Wiedereinstieg in den Beruf. „Meine Aufgabe ist es, zu informieren und Möglichkeiten in der neuen persönlichen, familiären und beruflichen Situation aufzuzeigen“, sagt die Personal-Fachfrau, die selbst eine kleine Tochter hat. „Für beide Seiten ist es wichtig, Kontakt zu halten.“
Thema von wachsender Bedeutung
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in Firmen ein Thema von wachsender Bedeutung. Die Zeiten, in den Mütter sich mit schlecht bezahlten Teilzeitjobs begnügen mussten oder gleich ganz vom Arbeitsplatz verdrängt wurden, gehören – weitgehend – der Vergangenheit an. Geboten werden flexible Arbeitszeitmodelle, Betriebskitas, Netzwerk-Gruppen, Wiedereinstiegsprogramme und Rankings für besonders familienfreundliche Unternehmen. Zunehmend setzen Firmen dabei auch auf interne Beratungsangebote. Offizielle Zahlen gibt es darüber nicht. Aber Lob von der Hamburger Sozialbehörde. Die Entwicklung zeige, dass dieser Themenbereich in der Mitte der Wirtschaft angekommen ist, heißt es aus dem Hause von Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD). Für die Unternehmen wie auch für die Beschäftigten ergebe sich daraus eine Win-win-Situation.
In der Block Gruppe war die Idee für eine interne Beratungsstelle im vergangenen Jahr entstanden. „Seit der Gründung sind Frauen eine wichtige Säule unseres Unternehmens. Die gesamte Block Gruppe ist geprägt von einem starken Wertemuster und familiären Miteinander“, sagt Block-Geschäftsführer Stephan von Bülow. In Interviews im Rahmen einer Bachelor-Arbeit hatten sich Mitarbeiterinnen in der Kinderphase eine stärkerer Bindung an den Arbeitgeber gewünscht. Auch im Hinblick auf den Wiedereinstieg in den Beruf. „Um Mütter als Arbeitskräfte langfristig zu binden und ihnen Sicherheit zu geben, war es mir ein Anliegen, eine Stelle zu schaffen, die Eltern in dieser besonderen Lebensphase kompetent berät und unterstützt“, sagt von Bülow.
80 Mütter in Elternzeit
Aktuell sind im Unternehmen 80 Mütter in Elternzeit, 30 davon betreut die neue Familienbeauftragte ein halbes Jahr nach dem Start aktiv. Stefanie Trittmacher ist eine von ihnen. „Ich bin sehr froh, dass es jetzt jemanden im Unternehmen gibt, der sich mit dem Thema auskennt“, sagt die junge Mutter. Vor der Geburt von Liam Jaden war das noch nicht so. Sie habe sich zwar im Internet und über Kolleginnen informiert, rückblickend habe das aber nicht gereicht. „Ich wusste einfach vieles nicht, habe veraltete Informationen bekommen und Unterlagen zu spät eingereicht“, sagt sie. Mit spürbaren Folgen: Das Elterngeld wurde der Familie erst mit einer dreimonatigen Verzögerung ausgezahlt.
Für die Beratung hat Nadia Kauerz-Yaghi gemeinsam mit dem Block Head College, das die Personalentwicklung im Unternehmen verantwortet, und der Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung ein vierstufiges Modell entwickelt, das auf Wunsch schon während der Schwangerschaft beginnt. Die Frauen bekommen eine Info-Mappe mit Checklisten, Richtlinien und Fristen für Behördenanträge und die ersten Infos für das Kita-Gutschein-System der Stadt Hamburg.
Seit 1993 gibt es einen Betriebskindergarten
Eine Besonderheit bei Block: Schon seit 1993 gibt es einen Betriebskindergarten im Hotel Grand Elysée, der für alle Mitarbeiter offen ist. Noch wichtiger ist der Betriebswirtin, die seit 2015 bei Block tätig ist, allerdings etwas anderes: „Wir wollen deutlich machen, dass wir als Unternehmen auch in dieser besonderen Lebensphase hinter unseren Beschäftigten stehen“, sagt sie. „Es geht um Wertschätzung.“ Margret Tourbier-Stretz, bei der Sozialbehörde für die Hamburger Allianz für Familien zuständig, beobachtet das Engagement von Firmen seit Jahren. „In großen Unternehmen und Organisationen gibt es schon einige Familienbüros“, sagt sie. Beispiele sind die Otto Group, Tchibo, die Techniker Krankenkasse oder die Hochschule für Anwandte Wissenschaften.
Dabei gehe es außer um die Interessen von Müttern und Vätern auch um Herausforderungen, denen sich Beschäftige bei der Pflege von Angehörigen stellen müssten, so die Familienexpertin. Die Hamburger Allianz für Familien fördert vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen und vergibt das Hamburger Familiensiegel. Bislang haben 340 Firmen die Auszeichnung für besondere Familienfreundlichkeit erhalten, darunter die Drogeriemarktkette Budnikowsky, der Carlsen Verlag oder der Möbelhändler Kabs.
Eltern-Netzwerk geplant
Die Familienbeauftragte der Block Gruppe will Hürden auch bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz abbauen. Das kann konkrete Fragen wie die flexible Dienstplangestaltung betreffen, Jobsharing-Angebote für Führungskräfte, Qualifizierungsprogramme oder die Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten. „Je besser die Auszeit vom Job und der Wiedereinstieg mit Familie geplant sind, desto schneller und unkomplizierter gelingt die Rückkehr, und wertvolle Mitarbeiter bleiben uns erhalten“, so Nadia Kauerz-Yaghi. Künftig will sie ein Eltern-Netzwerk im Unternehmen schaffen, über das sich Mütter und Väter auch über ganz praktische Fragen austauschen können, von Kennenlerntreffen über die Suche nach einem guten Kinderarzt bis zum Standort des Windelmobils.
Die Resonanz im Unternehmen sei positiv, sagt Referentin Kauerz-Yaghi. Stefanie Trittmacher nickt zustimmend. Nach der Beratung habe sie die ersten Schritte für den früheren Wiedereinstieg gemacht. Sie würde gern zehn bis zwölf Wochenstunden in der Frühschicht arbeiten, wenn Oma und Opa auf Liam Jaden aufpassen können. Ihr Chef hat signalisiert, so die junge Mutter, dass er ihre Wünsche in den Dienstplan einbauen wolle.