Hamburg. 27 Prozent der Fläche der Autobahnbrücken sind in einem schlechtem Zustand. Linke: Senat verschleppt die Sanierung

    In kaum einem Bundesland sind die Brücken so marode wie in Hamburg. 27 Prozent der Fläche der Autobahnbrücken in der Hansestadt sind in schlechtem Zustand, nur das Saarland kommt mit 29 Prozent auf einen noch höheren Wert. Das geht aus der jüngsten Benotung der deutschen Brücken durch die Bundesanstalt für Straßenwesen hervor, wie die Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation dem Abendblatt bestätigte. In allen anderen Bundesländern außer dem Saarland ist die Situation demnach besser als in der Hansestadt. Zum Vergleich: In Berlin sind 15 Prozent der Brücken­fläche in schlechtem Zustand, in Bremen lediglich vier Prozent.

    Hinzu kommt: Während sich der Zustand der Brücken in den meisten Bundesländern in den vergangenen Jahren durch Sanierung oder Neubau insgesamt verbessert hat, wurde er in Hamburg noch schlechter. Laut einer Auswertung des umfassenden Datenmaterials durch „Spiegel Online“ waren 2015 noch 18 Prozent der Hamburger Autobahnbrückenfläche in schlechtem Zustand. In nur drei Jahren hat sich dieser also um 50 Prozent oder neun Prozentpunkte auf den aktuellen Anteil von 27 Prozent schlecht benoteter Brückenflächen erhöht – und das in Zeiten fürstlicher Steuereinnahmen.

    Für den Linken-Bürgerschaftsabgeordneten Norbert Hackbusch ist der Umgang des Senats mit den Brücken symptomatisch – denn Rot-Grün verschleppe notwendige Sanierungen und Instandhaltungen auch in anderen Bereichen fast schon systematisch. „Die Situation der Brücken in Hamburg beleuchten diese Defizite des Senats eklatant“, so Hackbusch. „Er macht große Versprechungen für die Zukunft, löst diese aber auch nach Jahren nicht ein.“ Dabei verweist der Linken-Politiker auf mehrere Bürgerschaftsbeschlüsse, in denen absolute SPD-Mehrheiten bereits 2011 und 2014 den Zustand der Infrastruktur beklagten und systematische Begutachtungen sowie baldige Sanierungen versprachen. Wie die drastischen Verschlechterungen bei den Brücken zeigen, sind solchen Beschlüssen offensichtlich keine sonderlich energischen Taten gefolgt.

    Die Linke wirft dem Senat vor, den wahren Zustand der Bauwerke sogar bewusst zu verschleiern. „Die Informationen müssen dem Senat nach Jahren trotz anderer Ankündigungen immer wieder aus der Nase gezogen werden“, so Norbert Hackbusch. „Aber mit der Verschlechterung des Zustands werden nicht nur die Gefahren zunehmen, sondern auch die Sanierungskosten steigen exponentiell.“

    Sanierungsstau auch im Kulturbereich und im Hafen

    Der Sanierungsstau betreffe dabei keinesfalls nur die Brücken. „Im Kulturbereich wurde vor wenigen Wochen bekannt, dass es ein Defizit von mehr als 300 Millionen Euro gibt, und im Bereich des Hafens musste der Senat die dringend überfällige Sanierung der Kai­mauern im Bereich der HafenCity mit 200 Millionen Euro angehen, nachdem dafür in den letzten Jahren kaum Geld zur Verfügung stand“, so Hackbusch. Durch die „jahrelange Verschleppung“ habe sich deren Zustand „kräftig verschlechtert“, was die Sanierung teurer mache.

    Was die Brücken angeht, verweist die Wirtschaftsbehörde darauf, dass zwar 27 Prozent von deren Fläche, aber lediglich acht Prozent der Bauwerke schlecht benotet worden seien. Das liege daran, dass die Statistik vor allem von Großbrücken geprägt werde, so Behördensprecher Christian Füldner. „Dazu gehören die Hochstraße Elbmarsch auf der A 7 südlich des Elbtunnels oder die Langenfelder Brücke, ebenfalls auf der A 7. Wir haben längst die Maßnahmen ergriffen, um den Zustand der Hamburger Brücken zu verbessern.“ So sei die Langenfelder Brücke mit ihren rund 20.000 Quadratmetern neu gebaut worden. „Und auch bei der Hochstraße Elbmarsch, mit etwa vier Kilometern Deutschlands längste Brücke, erfolgt die Sanierung und Instandsetzung bis Ende 2019.“ Auch andere Brücken mit schlechten Zustandsnoten würden bereits „für Sanierungen vorbereitet“.

    Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) sagte, die Sanierung der Hamburger Brücken sei „in vollem Gange“. Man habe neben der vollständig erneuerten Langenfelder Brücke auch „alle weiteren Brücken mit schlechten Zustandsnoten bereits im Visier“, so Rieckhof. „Damit sind wir in puncto Brücken­sanierung auf einem sehr guten Weg.“ Als eine wesentliche Ursache für den Verfall von Brücken gilt der wachsende Lkw-Verkehr. In Hamburg wird dieser laut einer Senatsstudie dramatisch zunehmen: zwischen 2014 und 2025 um mehr als 40 Prozent.