Hamburg. Opfer will Täter in flagranti erwischt und verfolgt haben. Die Polizei prüft, ob sich die Tat wirklich so abspielte.

Ein 32 Jahre alter Mann ist nach eigenen Angaben von zwei Autoknackern am Ausschläger Weg angeschossen und schwer verletzt worden. Die Tat ereignete sich in der Nacht zum Dienstag gegen 1.20 Uhr. Der Verletzte ließ sich noch vor dem Eintreffen der Polizei ins Krankenhaus fahren. Die Mordkommission ermittelt. Es wird auch geprüft, ob sich die Tat tatsächlich so abgespielt hat, wie sie vom Opfer geschildert wird.

Aus dem Fenster will der 32 Jahre alte Afghane die Täter beobachtet haben. Dabei soll es sich um zwei Männer gehandelt haben, die an der Ecke Ausschläger Weg/Wendenstraße an einem Auto hantierten. Der 32-Jährige wohnt in dem Gewerbegebiet. An der Kreuzung sind Werkstätten und ein Autohändler. Das Fahrzeug, an dem die Täter sich zu schaffen machten, soll ein Porsche gewesen sein.

Kugel durchschlug Bauch des Mannes

Das Opfer sagte gegenüber der Polizei, dass es durch Geräusche auf die Tat aufmerksam geworden sei. Beim Blick aus dem Fenster habe der Mann dann die beiden Täter entdeckt. Diese hätten die Flucht ergriffen, als sie merkten, dass der 32-Jährige auf sie aufmerksam geworden war.

Er habe die Verfolgung aufgenommen, sagt der Zeuge. Schließlich habe er sie eingeholt. Dann sei es zu einem Gerangel gekommen. Dabei fiel ein Schuss. Die Kugel durchschlug den Bauch des Mannes. Schwer verletzt schleppte er sich zum BO Hotel, das keine 100 Meter von dem Ort entfernt liegt, an dem die Täter an dem Porsche hantiert haben sollen. Das Personal rief sofort die Polizei. Doch bevor die Beamten eintrafen, hatte sich der Verletzte wieder aus dem Hotel entfernt. Zu Fuß schleppte er sich zu dem Haus, in dem er wohnt, und setzte sich auf die Treppen. Dort soll ihn ein Bekannter aufgelesen haben, der ihn dann mit einem Porsche ins Krankenhaus fuhr.

So eine Tat kommt nur selten vor

Die Ärzte stellten fest, dass die Kugel zwar den Körper durchdrungen, aber keine lebensgefährlichen Verletzungen angerichtet hatte. Zudem wurde festgestellt, dass der Lauf der Waffe vermutlich auf dem Körper aufgesetzt war, als sich der Schuss löste.

Über die beiden Täter konnten die Ermittler nicht viel erfahren. Nach Angaben des 32-Jährigen waren beide zum Tatzeitpunkt maskiert. Eine unmittelbar nach dem Eintreffen der Polizei eingeleitete Sofortfahndung hatte auch keinen Erfolg. Jetzt hofft die Polizei, dass weitere Aussagen des Mannes Klarheit in den Fall bringen. Zudem erhofft man sich durch die Spurensicherung, die die Mordkommission am Tatort vornehmen ließ, weitere Erkenntnisse über den Ablauf der Tat. Auch wenn die Ermittler skeptisch sind: Ausgeschlossen ist es nicht, dass sich die Tat so abspielte, wie vom 32-Jährigen geschildert. „Das Verhalten ist aber ungewöhnlich. Da drängen sich Fragen geradezu auf, die geklärt werden wollen“, sagt ein Beamter.

Nach der Tat suchen Polizisten die
Straße nach verwertbaren Spuren ab
Nach der Tat suchen Polizisten die Straße nach verwertbaren Spuren ab © Michael Arning

Dass Autodiebe oft hoch professionelle Kriminelle sind, die in Strukturen von Banden eingebunden sind, ist bekannt. Solche Tätergruppierungen kommen in der Regel aus Osteuropa und haben sich auf teure Autos wie Mercedes, BMW und Porsche oder Teile von diesen Fahrzeugtypen spezialisiert. Die werden dann möglichst schnell quer durch Deutschland nach Polen und dann weiter Richtung Osten verschoben. Dass ein in die Ecke gedrängter Täter geschossen hat, um entkommen zu können, wird ebenfalls nicht ausgeschlossen. Es kommt aber höchst selten vor. Im Jahr 2004 wurde in Blankenese der Villenbesitzer Frank P. bei der Verfolgung von Einbrechern angeschossen. Der 39 Jahre alte Immobilienmakler erlag seinen Verletzungen. Auch er hatte den Täter verfolgt und eingeholt. Bei einem Handgemenge in Goßlers Park lösten sich mehrere Schüsse. Einer davon soll, wie jetzt auch in Hammerbrook, aufgesetzt gewesen sein.

Mehrere Demonstrationen

Die Tat konnte drei Jahre später aufgeklärt werden. Am Tatort gesicherte DNA-Spuren entsprachen dem ge­netischen Fingerabdruck eines in Wiesbaden festgenommen Serieneinbrechers aus Uruguay, der mit einem gefälschten italienischen Pass unterwegs war. Schon vor der Tat in Hamburg hatte er geschossen, wenn er bei einer seiner vielen Taten überrascht wurde.

Für großes Entsetzen hatte 1995 der Fall Bernd Heede gesorgt. Der Kaufmann aus der Großen Bergstraße in Altona war in einen Verteilungskampf zwischen rivalisierenden Albaner-Gruppen geraten, die sich zuvor am Bahnhof Altona eine Schießerei geliefert hatten. Als er einen der Täter stoppen wollte, schoss der ihn aus nächster Nähe nieder. Heede starb an der Verletzung. Später gab es im Zusammenhang mit dem Mord an dem Kaufmann mehrere Demonstrationen, die sich gegen Hamburgs Innenpolitik und den damaligen Senat wendeten.