Hamburg. Autonome Testwagen, App für freie Parkplätze, automatischer Ticketkauf: Was Hamburg bis 2020 alles plant

    Autonom fahrende Autos mitten im Stadtverkehr, Smartphones, die automatisch die jeweils günstigsten HVV-Tickets buchen und abrechnen – oder Apps, die freie Parkplätze anzeigen. Der Hamburger Senat sieht sich bei der Digitalisierung der Mobilität ganz weit vorne. Insgesamt gibt es 30 Projekte zur Entwicklung intelligenter Verkehrssysteme („Intelligent Transport Systems“, ITS), die Hamburg bis zum erstmals in der Stadt ausgerichteten ITS-Weltkongress 2021 umsetzen will. Das geht aus dem „Fortschrittsbericht“ zur 2016 eingeführten ITS-Strategie hervor, den der Senat am gestrigen Dienstag beschlossen hat.

    „Mit der Strategie ,Digitale Stadt‘ hat sich Hamburg zum Ziel gesetzt, im Bereich der Digitalisierung eine führende Rolle unter den europäischen Städten einzunehmen“, heißt es darin. „Besondere Chancen eröffnen sich dabei im Verkehrsbereich zur Unterstützung sowohl des Personen- als auch Güter- und Wirtschaftsverkehrs.“

    Kernstück der Vorhaben ist eine neun Kilometer lange Teststrecke, auf der spätestens 2020 das autonome Fahren im normalen Verkehr erprobt werden soll. Das automatisierte und vernetzte Fahren sei „ein Lösungsbaustein für die zukünftige Mobilität, weil es die Verkehrssicherheit und die Verkehrseffizienz für alle Teilnehmer verbessern kann und somit auch zu einer Reduzierung der Lärm- und Schadstoffemissionen führt“, so der Senat.

    „Auch wenn es noch dauern wird, bis es einen rechtlichen Rahmen für die höchste Stufe (autonomes Fahren ohne Fahrer) gibt, unterstützt Hamburg die Entwicklung des automatisierten und vernetzten Fahrens mit der Einrichtung einer herstellerunabhängigen Teststrecke.“ Auf dem Rundkurs sollen bis Ende 2020 Ampeln mit modernster „Infrastruktur-zu-Fahrzeug-Kommnunikationstechnik ausgerüstet“ werden, die mit 4,8 Millionen Euro vom Bund gefördert wird. Das ist das zweite Projekt zum autonomen Fahren in Hamburg. Kürzlich hatten Senat und Hochbahn angekündigt, dass von 2019 an drei autonom fahrende Busse in der HafenCity eingesetzt werden sollen.

    „Interessierte Unternehmen können sich künftig an eine Teststrecken-Geschäftsstelle wenden, die zusammen mit dem Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer sowie der Hamburg Verkehrsanlagen GmbH den Test­betrieb koordiniert“, so der Senat. Geplant sei auch eine Bürger-Informationsveranstaltung, um Fragen von Verkehrsteilnehmern zu beantworten. „Autonomes Fahren ist für viele Menschen noch Zukunftsmusik, aber die Technik ist jetzt schon so weit, dass sie unter Realbedingungen eines Metropolenverkehrs getestet werden kann“, sagte Wirtschafts- und Verkehrssenator Frank Horch (parteilos). „Wir erhoffen uns davon weniger Unfälle, einen effizienteren Verkehr und damit weniger Emissionen. Eins ist klar: Autonomes Fahren darf nicht zu mehr Verkehr führen, es muss sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren – dies betrifft die persönliche Sicherheit genauso wie Datenschutz- und Haftungsfragen. Deshalb ist es gut, dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode die rechtlichen Rahmenbedingungen zum autonomen Fahren regeln will.“

    Der Senat stellte noch weitere seiner ITS-Projekte vor. So soll von der zweiten Julihälfte an ein „On-Demand-Shuttle“ der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) und der Bahntochter Ioki Menschen in Osdorf und Lurup zu Fahrgemeinschaften bündeln und von zu Hause zur Bahn (oder umgekehrt) bringen. Der Service soll über eine Smartphone-App buchbar sein.

    Der HVV will mit der „Check-in/Be-out“-App Kunden dabei helfen, über eine Registrierung ihres Handys automatisch Tickets zu buchen und zu bezahlen. Die Fahrten eines Tages werden kombiniert und schließlich als die für den Nutzer preiswerteste Fahrkarte zusammengefasst, so der Senat. Der Testbetrieb startet im Juli.

    Im Oktober beginnt die Erprobung des „digitalen Parkens“, für das zunächst Sensoren auf 180 öffentlichen Stellplätzen in St. Georg eingebaut werden. Die Daten sollen dann die „Prognosen für die Verfügbarkeit von Parkplätzen in der App ,Park and Joy‘ liefern, die seit Oktober nutzbar ist“. Mit der App können freie Parkplätze gefunden und bezahlt werden. Hinzu kommen neue Wärmebildkameras und 44 neue Fahrradzählstellen zur ge­naueren Verkehrsmengenmessung und viele weitere Vorhaben.

    Um sich auf den ITS-Weltkongress vorzubereiten, hat der Senat jetzt die Organisationsgesellschaft „ITS Hamburg 2021“ gegründet. Zum Geschäftsführer wurde Harry Evers berufen, der als Geschäftsführer der ITS Deutschland die deutsche Bewerbung um den Kongress koordiniert hat.

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