Hamburg. Erzbistum und Schulgenossenschaft einigen sich auf konkrete Verhandlungen über ein gemeinsames Pilotprojekt im Süden der Stadt

    Überraschende Wende im Ringen um die Zukunft der katholischen Schulen: Das Erzbistum und die Initiative Hamburger Schulgenossenschaft (HSG) haben sich nun doch darauf verständigt, ein gemeinsames Pilotprojekt im Hamburger Süden zu starten. Vor einer Woche noch drohten die monatelangen Verhandlungen darüber zu scheitern, zumindest einen Teil der acht von Schließung bedrohten der insgesamt 21 katholischen Schulen zu retten.

    Darum geht es: Die Schulgenossenschaft – ein Zusammenschluss engagierter Katholiken – hatte dem Erzbistum angeboten, das Niels-Stensen-Gymnasium (Harburg), die Katholischen Schulen Harburg und Neugraben sowie die Bonifatiusschule in Wilhelmsburg in ihre Regie zu übernehmen. Die drei ersten Schulen sollten zusammen mit fünf weiteren nach dem Willen des Erzbistums aus finanziellen Gründen geschlossen werden.

    „Wir haben die Schulgenossenschaft eingeladen, gemeinsam mit uns ein tragfähiges Konzept für die Schulen im Hamburger Süden zu entwickeln“, sagte Erzbischof Stefan Heße. Bis zum 5. Juli – dem Beginn der Sommerferien – wollen sich beide Seiten Zeit geben, die Details auszuarbeiten. Dabei ist klar, dass das Erzbistum Schulträger bleibt und die HSG Betreiber wird. „Es ist gut, dass wir mit diesem Schritt des Bistums nunmehr ein auch unter fachlichen Gesichtspunkten sinnvolles Modell entwickeln können, das die Möglichkeit der Übertragbarkeit auf das gesamte Schulsystem eröffnet“, sagte Ex-Staatsrat Nikolas Hill für die Schulgenossenschaft.

    Aus Sicht der HSG bietet das Modell den Vorzug eines geschlossenen Einzugsraumes, das zudem alle Schulformen enthält: Die Schüler können von der katholischen Grundschule auf ein Gymnasium oder eine Stadtteilschule gleicher Prägung wechseln, bleiben also innerhalb eines Systems. Die Standorte liegen im Bereich des früheren Erzbistums Hildesheim, weswegen auch vom „Hildesheimer Modell“ die Rede ist.

    Ob am Ende des Verhandlungs­prozesses tatsächlich alle vier Schulen unter der Regie der HSG fortgeführt werden, ist noch offen. Das Erzbistum plante bislang, die Bonifatiusschule in Wilhelmsburg selbst weiterzubetreiben, so wie zwölf weitere Schulen auch. Während den Kirchenvertretern eher daran liegt, das Modellprojekt überschaubar zu halten, schreckt die HSG der größere Umfang nicht. „Unser Ansatz setzt darauf, dass viele mitmachen“, sagte Rechtsanwalt Christian Bernzen für die HSG. „Wir brauchen die tatkräftige Unterstützung der Verantwortlichen, der Schülerinnen und Schüler und der Eltern vor Ort“, so Bernzen.

    Vor einer Woche hatte das Erzbistum der HSG lediglich angeboten, beim Projekt zur Rettung der Sophienschule in Barmbek („Sophiencampus“) einzusteigen, was diese ablehnte. Wie kam es nun zu der abrupten Wendung?

    „Die Genossenschaft hat sich auf unseren Vorschlag nicht eingelassen. Da war es an uns, etwas zu überlegen, damit wir ein Modellprojekt starten können“, sagte Bistumssprecher Manfred Nielen. Nach Abendblatt-Informationen spielte bei dem Kursschwenk des Bistums eine zentrale Rolle, dass sich eine Alternativplanung für die Schulen im Süden kurzfristig zerschlagen hatte.

    Bei den Plänen soll es um ein Investorenmodell gegangen sein. Das Grundstück der Katholischen Schule Altona, die ebenfalls auf der Streichliste des Erzbistums steht, sollte demnach an einen Investor verkauft werden, der dort Wohnungsbau realisieren wollte.

    Vielleicht hat auch die Schule Altona noch eine Chance

    Unter anderem mit den Einnahmen aus dem Verkauf hätte eine Grund- und Stadtteilschule am Standort Harburg weitergeführt werden sollen. Angeblich war dem Erzbistum die kalkulierte finanzielle Belastung letztlich doch zu hoch. „Es gab eine Idee, die für uns nicht überzeugend genug war“, bestätigte Bistumssprecher Nielen lediglich. Dadurch sei das Bistum für andere Lösungen offen gewesen.

    Möglicherweise ergibt sich auch für die Katholische Schule Altona nun noch eine Rettungschance: Die HSG hat vorgeschlagen, den Standort weiterzuentwickeln und dort einen Doppelabschluss mittlere Reife/Berufsqualifikation im Pflegebereich anzubieten.

    Bei den anstehenden Detailverhandlungen zwischen HSG und Erzbistum dürfte die Überlegung eine zentrale Rolle spielen, der HEOS Berufsschulen GmbH Sanierung und Instandhaltung der Schulen langfristig anhand zu geben. Die Projektgesellschaft des Hamburger Bauunternehmens Otto Wulff und der Strabag Real Estate GmbH arbeitet seit fünf Jahren im Auftrag der Stadt im Rahmen eines ÖPP-Projekts ein umfassendes Sanierungs- und Neubauprogramm an 15 Berufsschulen ab. Ein Problem für den Weiterbebtrieb der katholischen Schulen ist der hohe Sanierungsbedarf.

    Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zeigte sich erfreut über die Entwicklung: „Der Senat begrüßt sehr, wenn mit diesem zivilgesellschaftlichen Engagement eine Lösung gefunden wird, um die katholischen Schulen in Hamburg zu erhalten.“ Lob kam auch von der CDU: „Die Entscheidung ist richtig, denn der Verbund aus diesen Schulen hat sich bereits bewährt und ausgezeichnet funktioniert“, sagte die CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver. Der Senat müsse nun zügig tätig werden, damit Eltern ihre Kinder wieder an allen Schulen anmelden können.

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