Hamburg. Zur Fußball-WM starten Firmen ihre Marketingmaschinerie mit teils komplizierten Aktionen – das raten Verbraucherschützer.
Thomas Müller und Joshua Kimmich sind die Aushängeschilder. Die Trikots der beiden Fußball-Nationalspieler hängen im Schaufenster von SportScheck an der Mönckebergstraße. Daneben Deutschland-Fanschals und vier Bilder mit den Zahlen 1954, 1974, 1990 und 2014 – den Jahren, in denen Deutschland Weltmeister wurde. Mit der Dekoration macht der zum Hamburger Otto-Konzern gehörende Händler Werbung für seine PR-Aktion zum Weltturnier: „Dein WM-Trikot geschenkt“ – allerdings ist daran natürlich eine Bedingung geknüpft.
An diesem Donnerstag geht das Sportspektakel los. 32 Nationen kämpfen in Russland um den Titel des globalen Champions. Die Elf des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist Titelverteidiger und gehört zu den Favoriten. Auch wenn das Turnier wegen des politisch umstrittenen Gastgebers und der zahlreichen Skandale des internationalen Fußballs unter einem besseren Stern stehen könnte, „König Fußball“ wird wieder häufig im Büro und auf Partys zum Gesprächsthema Nummer eins werden.
Absatz bei Elektronikhändlern steigt
Fans sind bereit, im Durchschnitt 22,75 Euro für WM-Devotionalien auszugeben, ergab eine Studie der Universität Hohenheim. „Während der Brasilien-WM 2014 waren es nur 11,26 Euro. Das Geld sitzt also doppelt so locker“, sagt Benjamin Zimmermann als Co-Leiter der Studie. Daher überrascht es nicht, dass Firmen am WM-Fieber teilhaben wollen und zahlreiche, teils komplizierte Aktionen anbieten, von denen Kunden profitieren können.
Traditionell sorgen EM und WM bei den Einschaltquoten im TV für die Jahresbestwerte. Viele möchten die Liveübertragung des zumeist 90-minütigen Kicks auf modernsten Fernsehern sehen. Der Absatz von Elektronikhändlern steigt – und diese befördern das mit passenden Werbeslogans.
Aktion bei Saturn
„So gehen Sieger raus!“ heißt die Kampagne von Saturn, die Ende Mai gestartet ist. Als ein Highlight der Aktion wird die Siegtor-Prämie beworben, die für die Spiele der deutschen Elf in der Vorrunde gilt. Am nächsten Sonntag (17. Juni) greift das Löw-Team gegen Mexiko in das Geschehen ein. Kunden können von diesem Mittwoch bis Sonnabend profitieren. Wer an diesen Tagen in den Saturn-Märkten – nicht im Onlineshop – kauft, kann den Einkaufswert als Gutschein erhalten.
Und das geht so: Beim Bezahlen der Ware erhält jeder Kunde an der Kasse ein „Glückslos“ mit den Nummern 1 bis 23 – analog zu den Zahlen auf dem Trikot. Beispiel: Deutschland gewinnt mit 3:1 gegen Mexiko, das letzte Tor für die Bundesrepublik schießt Thomas Müller. Freuen können sich dann alle Saturn-Kunden, die seine Trikotnummer 13 auf dem Glückslos stehen haben. Die Siegtor-Prämie entspricht dem kompletten Betrag des zuvor getätigten Einkaufs und wird als Coupon überreicht, mit dem der Kunde bei Saturn shoppen kann. Auch bei den weiteren Gruppenspielen gegen Schweden und Südkorea gibt es diese Aktion.
Die Saturn-Schwester MediaMarkt wirbt derzeit mit dem Slogan „Der Jubel rollt“. Bis einschließlich Dienstag (12.6.) erhält jeder Kunde an der Kasse ein Rubbellos, das sich zum Rubellos entwickeln kann. Jedes elfte Los soll ein Treffer sein, verspricht das Unternehmen. Beim Bezahlen erhält man ein Los. Darauf sind vier Sterne (für die vier Weltmeistertitel Deutschlands) vorgedruckt. Erscheint beim Rubbeln unter dem grauen Feld ein weiterer, fünfter Stern, hat der Kunde gewonnen. Sein Einkauf wird dann nachträglich in Rubel statt in Euro bewertet. Hat er beispielsweise für 899 Euro eingekauft, hätte er nur 899 Rubel zahlen müssen. Das sind nach dem Referenzkurs vom 25. Mai rund elf Euro. Die Differenz von 888 Euro erstattet MediaMarkt zurück. Allerdings nicht in bar, sondern als Geschenkcoupon. Dieser kann in jeder Filiale eingelöst werden. Jedoch ist Tempo gefragt: Das siegreiche Rubellos und der Kassenbon müssen sofort oder bis spätestens 16. Juni in der Filiale vorgelegt werden, in der man eingekauft hat. Der Geschenkcoupon gelte für die meisten Waren, sei aber nicht mit anderen Aktionen kombinierbar, heißt es.
Verbraucherzentrale: Nicht von Aktionen blenden lassen
„Die Angebote sollten einen nicht dazu verleiten, etwas zu kaufen, was man nicht braucht“, sagt die Juristin Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. Zudem sollte man sich nicht blenden lassen und die Preise stets vergleichen, die Aktionen seien Maßnahmen der Kundenbindung und häufig eingepreist. Wichtig ist zudem, die Teilnahmebedingungen und das Kleingedruckte genau zu lesen – das zeigt die Fußballwette von Höffner.
„Tippen Sie die Finalpaarung und das Finalergebnis der Fußball-WM richtig und Sie bekommen Ihren Einkauf geschenkt!“, schreibt das Möbelhaus im Prospekt. Allerdings muss man nicht nur richtig tippen. So müssen Teilnehmer bis spätestens 28. Juni für mindestens 500 Euro eingekauft haben. Dann ist der Warengutschein von Höffner bei 5000 Euro gedeckelt – wer also eine Küche für 10.000 Euro gekauft hat und gewinnen sollte, bekommt „nur“ die Hälfte wieder. Wenn er denn gewinnt: „Höffner verlost unter allen richtigen Tipps insgesamt 200.000 Euro“, heißt es im Prospekt. Das Risiko für das Unternehmen ist also klar begrenzt.
Bei Nivea gibt es ab zwölf Euro Umsatz ein WM-Shirt
Bei solchen Restriktionen wirken Angebote, die man beim Streifzug durch die Hamburger City findet, sehr einfach. Das Nivea-Haus wirbt – wie schon in den Vorjahren – mit dem „Offiziellen Jogi-Trikot“. Kaufen Verbraucher für mindestens zwölf Euro Produkte von Beiersdorfs bekanntester Marke, dann erhalten sie ein weißes Shirt mit dem Slogan „Gib mir 5“ auf der Rückseite. Bei der Sporthandelskette Stadium gibt es drei Fanartikel für den Preis von zweien, der günstigste ist umsonst – die Trikots der Nationalelf sind von der Aktion aber ausgenommen.
Die Reformhauskette Engelhardt bietet am Donnerstag, dem WM-Eröffnungstag, 15 Prozent Rabatt auf den Einkauf (ausgenommen sind bereits reduzierte Artikel). Die Parfümerie Schuback mit acht Filialen in Hamburg gibt fünf Prozent Rabatt für jedes erzielte Tor der deutschen Elf. Den Nachlass gibt es nur am Tag nach den Spielen des Löw-Teams und er ist bei 20 Prozent gedeckelt. Das Modehaus Peek & Cloppenburg an der Mönckebergstraße wirbt in den Schaufenstern mit Rabatten von bis zu 50 Prozent. Als „WM-Coupon“ erhalten Kunden zum Beispiel für einen Einkauf ab 100 Euro einen Wertgutschein für 10 Euro – einzulösen im September und Oktober.
Auch das Angebot von SportScheck einige Hundert Meter weiter westlich an Hamburgs bekanntester Einkaufsmeile ist im Vergleich mit anderen relativ leicht verständlich. Wer bis Ende des Monats dort ein DFB-Trikot kauft, bekommt die Summe als Warengutschein zurück. Der einzige Haken (neben der Fristeinhaltung): Deutschland muss erneut Weltmeister werden. Die Kosten für die Trikotaktion trägt SportScheck (wie Saturn auch) bei einem WM-Triumph übrigens selbst – die Aktion wird aus dem Marketingbudget bezahlt.