Hamburg. Lebhafte Debatte in der Bürgerschaft vor dem „MietenMove“. 2017 wurden 7920 Wohnungen fertiggestellt.

Kaum ein Thema bewegt die Hamburger so sehr wie die steigenden Mieten und die schwierige Suche nach bezahlbarem Wohnraum. Auf kaum einem anderen Feld engagiert sich der Senat schon seit 2011 daher so stark, kurbelt den Wohnungsbau unaufhörlich an – und reagiert entsprechend empfindlich auf Kritik.

Die steht aber nun massiv ins Haus: Am Sonnabend, 2. Juni, wird es erstmals einen „MietenMove“ geben. Diese „Demonstration für eine solidarische und soziale Wohnraumpolitik“ wird um 13 Uhr auf dem Spielbudenplatz (St. Pauli) beginnen. Unterstützt wird sie von mehr als 80 Organisationen, darunter Stadtteilzentren wie das Brakula und das Freizeithaus Kirchdorf-Süd, der Einwohnerverein St. Georg, das Obdachlosenmagazin „Hinz & Kunzt“, der Mieterverein, das Netzwerk „Recht auf Stadt“ sowie etliche stramm linke Gruppierungen.

Das lebhafte parlamentarische Vorspiel fand bereits am Mittwoch in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft statt. Heike Sudmann von der Linkspartei, die das Thema angemeldet hatte, hielt dem Senat vor, dass die Mieten trotz oder sogar wegen des massiven Neubaus weiter steigen würden, dass bei Neuvermietungen im Durchschnitt bereits 13 Euro pro Quadratmeter bezahlt würden und dass sich einer Umfrage zufolge 70 Prozent der Bürger Sorge um ihre Wohnsituation machen würden: „Also muss doch irgendetwas falsch sein an Ihrer Politik – aber das wollen Sie einfach nicht erkennen.“

Opposition: Saga-Mieten deckeln

Wie ein roter Faden zog sich ein Vorschlag durch die Debatte, den sowohl CDU als auch Linkspartei unabhängig voneinander machen: die Mieten für rund 90.000 Wohnungen der städtischen Saga zu deckeln. Das würde nicht nur deren Mietern helfen, sondern über den dämpfenden Einfluss auf den Mietenspiegel indirekt auch allen anderen Mietern, argumentierten Sudmann und Jörg Hamann (CDU).

Wie berichtet, hatte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) diesen Vorstoß bereits zurückgewiesen. In der Bürgerschaft erneuerte sie ihre Kritik: Eine staatliche verordnete Regulierung der Saga-Mieten würde dazu führen, dass deren günstige Wohnungen – die mit durchschnittlich 6,63 Euro pro Quadratmeter gut 20 Prozent unter dem Mittelwert des Mietenspiegels liegen – gar nicht mehr im Mietenspiegel berücksichtigt werden dürften und er steigen würde: „Das ist das Gegenteil von gut.“ An die Stadt führe die Saga im Übrigen keinerlei Gewinne ab, diese Behauptung der „MietenMove“-Initiatoren sei „komplett falsch“, so die Senatorin.

Zahl fertiggestellter Wohnungen steigt

Die beste Maßnahme gegen steigende Mieten bleibe der Neubau, betonte Stapelfeldt und präsentierte stolz brandaktuelle Zahlen des Statistikamts für 2017: Demnach wurden 7920 neue Wohnungen fertiggestellt – 200 mehr als 2016. Insgesamt seien seit dem Machtwechsel zur SPD 2011 schon 45.000 Wohnungen gebaut worden.

Der CDU-Stadtentwicklungs­experte Hamann wies Stapelfeldts Aussagen zurück. Mit der Saga zu vereinbaren, ihre Mieten maximal an der allgemeinen Teuerungsrate zu orientieren, sei sehr wohl möglich. Das Gesetz, das die Regeln für die Erstellung von Mietenspiegeln vorgebe, schließe das nicht aus. Wie zum Beweis präsentierte Hamann eine Nachricht aus Bayern. Ministerpräsident Söder (CSU) habe soeben verkündet, dass er für fünf Jahre auf Mieterhöhungen für staatliche Wohnungen verzichte: „In Bayern geht das“, so Hamann, „in Hamburg nicht.“

Entscheidend sei doch, was die Saga mit ihren Gewinnen mache, sagte Olaf Duge (Grüne). Sie komplett in die Modernisierung und den Neubau von jährlich 2000 Wohnungen zu investieren sei doch gut. Außerdem setze Rot-Grün nicht nur auf Neubau, sondern auch auf die Mietpreisbremse, soziale Erhaltensverordnungen für ganze Stadtteile, Zwangsmaßnahmen gegen renitente Vermieter und eine geänderte Bauordnung, die Dachausbauten und den Einsatz von Holz erleichtere.

MietenMove spaltet Parlament

„Linkspopulistische Veranstaltungen wie der ‚MietenMove‘ und linke Ideologie werden die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt in unserer Stadt nicht lösen“, sagte Jens Meyer (FDP). Aufstockungen von Wohngebäuden, die Überbauung von Gleisen sowie ein Freibetrag für Familien bei der Grunderwerbsteuer würden hingegen helfen.

Auch Detlef Ehlebracht (AfD) kritisierte den „MietenMove“: „Linke Gruppierungen fordern menschen­würdige Wohnungen – als wenn wir hier in stromlosen Bretterbuden hausen würden.“ Richtig sei hingegen die Warnung der Initiatoren vor Verdrängung und die Analyse, dass die Mietpreisbremse nur ein zahnloser Tiger sei. Allerdings lobte Ehlebracht auch das „ambitionierte Wohnungsbauprogramm“ des Senats.

Die Debatte habe gezeigt, wie nötig der „MietenMove“ sei, fasste Heike Sudmann am Ende zusammen und prophezeite SPD und Grünen: „Sie werden der Hauptangriffspunkt sein.“ Das brachte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf auf die Palme: „Sprechen Sie uns nicht ab, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen – das tun wir!“