Hamburg. Zu dem Festival wurden die Produktionen „Another Day Of Life“ und „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“ eingeladen.

Im vergangenen Jahr war es „Aus dem Nichts“, im Jahr davor „Toni Erdmann“. In diesem Jahr schickt die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein gleich zwei von ihr unterstützte Filme zum Festival nach Cannes. „Another Day of Life“ läuft an der Croisette außer Konkurrenz. In der Sektion „Cannes Classics“ wird „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“ zu sehen sein. Beide Filme entstanden mit starker Hamburger Beteiligung.

„Another Day of Life“ ist ein ungewöhnlicher Film mit einer langen Vorgeschichte. Als Stefan Schubert mit Wüste-Film vor fünf Jahren dazustieß, war das Projekt auch schon nicht mehr neu. Der Film erzählt eine Geschichte aus dem Jahr 1975. Die Kolonialmacht Portugal hat sich aus Angola zurück­gezogen, von der UdSSR bzw. den USA unterstützte „Befreiungsorganisationen“ kämpfen um die Vorherrschaft in dem rohstoffreichen afrikanischen Land. Es kommt zum Bürgerkrieg. Der polnische Kriegsreporter Ryszard Kapuscinski reist durch das zerstörte Land, trifft Kämpfer und Kommandeure und gerät in zahlreiche lebensgefährliche Situationen.

Animierte und reale Bilder gemischt

Die Regisseure Raúl de la Fuente und Damian Nenow haben für „Another Day of Life“ animierte und reale Bilder gemischt. Dafür wurde mit dem Mo­tion-Capture-Verfahren gearbeitet. Das bedeutet, Schauspieler spielten zunächst die Szene, wobei ihre Körper mit Markierungspunkten versehen waren. Die so gewonnenen Daten dienten in der Animation dann als Vorlage. Hintergründe wurden später hinzugefügt. Die Realfilmaufnahmen entstanden in Warschau.

Das Filmfestival

Animiert wurde zu großen Teilen in der Hamburger Animationsfabrik in Ottensen. Geschäftsführer Jörn Radel und 30 Mitarbeiter waren damit beschäftigt, den Film im Graphic-Novel-Stil umzusetzen. Der Film behandele zwar einen historischen Stoff, habe aber durchaus eine aktuelle politische Botschaft, so Radel. Die dargestellten Ereignisse ließen sich durchaus mit dem Krieg in Syrien vergleichen. Nachdem die Trickfilmer ihre Arbeit an „Another Day of Life“ beendet hatten, erwartete sie ein Kontrastprogramm. Sie arbeiten derzeit am Kinderfilm „Emmy und ihre Pferde“.

Regie-Legende
Ingmar Bergman
(„Das Schweigen“,
„Szenen
einer Ehe“)
Regie-Legende Ingmar Bergman („Das Schweigen“, „Szenen einer Ehe“) © picture alliance / kpa

„Ich habe nicht mehr mit Cannes gerechnet, wir sind quasi nachnominiert worden“, sagt der Wüste-Film-Produzent Stefan Schubert, der sich für die Vorführung in Cannes extra einen Smoking besorgt hat. Für die Hamburger Firma sind Animationsfilme Neuland. Fünf Länder waren an diesem Film beteiligt: Polen, Spanien, Belgien, Frankreich und Deutschland. „Europa wird oft schlechtgeredet. Dabei funktioniert es in der audiovisuellen Branche fantastisch“, sagt Ulrike Dotzer vom Fernsehpartner NDR/Arte. Filmförderungs-Chefin Maria Köpf freut sich über die Einladung beider Filme und sagt über „Another Day of Life“: „Die Einladung nach Cannes zeigt: Hamburg ist und bleibt ein starker Animationsstandort.“ Der Verleih Pandora wird den Film voraussichtlich im Herbst in die Kinos bringen.

Das Abaton zeigt die Bergman-Doku vorab

„Auf der Suche nach Ingmar Bergman“ heißt der neue Film von Margarethe von Trotta. Produziert hat sie die Hamburger Dependance der Schweizer Firma C-Films. „Die Einladung ist traumhaft und eine schöne Überraschung“, freut sich Produzent Benjamin Seikel. Bergman und von Trotta hätten sich 1977 in München kennengelernt. Der Schwede hatte seine Heimat nach seiner Steuerflucht verlassen und inszenierte in München. Von Trotta stand am Beginn ihrer Karriere als die beiden sich an der Isar begegneten. Seine Filme sollen sie mit in ihrer Entscheidung beeinflusst haben, Regisseurin zu werden. Bergman (1918– 2007) wiederum stufte das von ihr inszenierte Drama „Die bleierne Zeit“ als eines der zehn besten Werke der Filmgeschichte ein.

Der Bergman-Film kommt im Jahr des 100. Geburtstags des Schweden nach Cannes. Es ist der erste Dokumentarfilm von Trottas. „Es ist keine konventionelle Doku, sondern eher ein Film, der ein Lebensgefühl transportiert“, so Seikel. Die Regisseurin habe, unterstützt von ihrem Sohn Felix Moeller, der ebenfalls Filmemacher ist, wichtige Schauplätze und Zeitgenossen Bergmans besucht.

Kinostart steht noch nicht fest

Im Film äußern sich unter anderem Bergmans Ex-Frau Liv Ullmann, sein Sohn Daniel Bergman, Drehbuchautor Jean-Claude Carrière, die Schauspielerin Rita Russek und der schwedische Regisseur Ruben Östlund. Bergman-Bewunderer Woody Allen habe auf eine entsprechende Anfrage nicht reagiert. „Es ist keine reine Lobeshymne geworden, aber sehr persönlich“, so Seikel. Auch Bergmans Jähzorn und seine Tendenz, seine Kinder zu vernachlässigen, seien Thema. Ergänzt werden die Begegnungen mit Szenen aus Bergman-Klassikern. Die Rechte dafür habe man sehr teuer eingekauft, so der Produzent.

Der Kinostart des Films steht noch nicht fest. Das Abaton zeigt „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“ aber bereits am 6. Juli um 20 Uhr. Die Internationalen Filmfestspiele von Cannes beginnen am 8. und enden am 19. Mai.

https://www.festival-cannes.com