Hamburg. Burger mit Tofu kommen gut an: Vincent Vegan expandiert nach Berlin und will zweites Restaurant in der Hansestadt eröffnen.

Sie sind im Himmel angekommen. Ende September wagten Christian Kuper und Topias Rohde den großen Schritt. Raus aus dem FoodTruck, rein in das erste stationäre Geschäft – mitten in einem großen Einkaufszentrum mit hohen Mieten. Nach einem guten halben Jahr im Food Sky (Essenshimmel) in der Europa Passage fällt das Fazit der beiden Geschäftsführer uneingeschränkt positiv aus. „Die Entscheidung war richtig. Das läuft gut“, sagt Kuper. „Wir haben dort vom ersten Tag an operativ Geld verdient.“

Vor allem um die Mittagszeit brummt das Geschäft. Dann werden 70 bis 80 Prozent des Umsatzes gemacht. Anfangs wurden rund 180 Essen täglich ausgegeben. Mittlerweile bestellen mindestens 300 Kunden pro Tag am Tresen: Curry Vurst und Brot oder Süßkartoffelpommes für jeweils 3,95 Euro, ein Burger kostet zwischen 5,95 und 8,95 Euro. Alle Produkte haben eines gemeinsam: Sie sind vegan, also enthalten sie weder Fisch, Fleisch noch tierische Produkte wie Eier und Käse. Die Burger sind mit Seitan-Tofu oder Quinoa statt mit Rind. Eine Nische, die in Hamburg gut angenommen werde. „Wir wollen hier 600.000 Euro Umsatz im Jahr machen“, sagt Kuper. „Das ist absolut realistisch.“

Plan für eine massive Expansion

Auch außerhalb der Hansestadt wird das Konzept wahrgenommen. Die Betreiber eines neuen Einkaufszen­trums in Berlin-Friedrichshain seien auf sie zugekommen, sagen die Jungunternehmer. Im Oktober soll die East Side Mall direkt neben der Mercedes-Benz-Arena eröffnet werden. Eines der vielfältigen gastronomischen Angebote wird Vincent Vegan stellen. „Wir mögen Berlin beide, die Szene bietet viel Potenzial“, sagt Rohde. Der 34-Jährige hat früher neben seinem (letztlich abgebrochenem) Lehramtsstudium als Barkeeper, Kellner und in der Küche gearbeitet. Im Chefduo kümmert er sich um den Verkaufsprozess in dem Laden, erstellt Schichtpläne, sucht Führungspersonal aus – und wird künftig viel in der Hauptstadt sein.

Drei bis vier Geschäfte könne man aus Hamburg managen, sagt Kuper. Der 37-Jährige ist verantwortlich für Finanzen und Marketing. Und in seiner Schublade steckt schon der Plan für eine massive Expansion. Vincent Vegan will die erste vegane Fast-Food-Kette in Deutschland werden. „In den nächsten fünf Jahren möchten wir bis zu 30 Läden haben“, sagt Kuper. Jede Stadt mit mehr als 200.000 Einwohnern sei interessant. Rund 1,3 Millionen Menschen ernähren sich hierzulande laut dem Veganer-Portal www.vebu.de rein pflanzlich. Als Vegetarier bezeichnet sich mit rund acht Millionen etwa jeder zehnte Einwohner – eine große Zielgruppe. Rohde ist überzeugt: „Der deutsche Markt ist reif für eine vegane Fast-Food-Kette.“

Anfragen auch aus dem Ausland

An den Landesgrenzen muss aber nicht zwingend Schluss sein. So habe man schon aus dem Ausland Anfragen erhalten, ob man nicht beispielsweise nach Dubai oder in die USA expandieren wolle. Vincent Vegan sei als internationales Konzept durchaus geeignet, sind sich die beiden Geschäftsführer sicher. Das merke man auch an der Nachfrage in der Europa Passage, sagt Rohde: „30 Prozent unserer Bestellungen sind englischsprachig.“

Zunächst liege der Fokus aber auf dem deutschsprachigen Raum. Noch bevor sich das Start-up in die Hauptstadt wagt, könnte das zweite Restaurant in Hamburg aufmachen. Für einen Standort in Ottensen sei man sehr weit in den Gesprächen, sagt Kuper, ohne Details zu nennen: „Wenn das klappt, eröffnen wir schon im Juli oder August.“

Name ist inspiriert vom Film „Pulp Fiction“

Mit einer wachsenden Zahl von Filialen sollen die Strukturen in Richtung Systemgastronomie gestellt werden. Mit Carsten Gerlach haben Kuper und Rohde den richtigen Mitgesellschafter dafür. Der Gründer von Joey’s Pizza Service (heute Domino’s) hält einen Minderheitsanteil am Unternehmen, das derzeit rund 30 Mitarbeiter beschäftigt. Er sei bei den geplanten Schritten als Berater immer mit dabei. „Er sieht unsere Vision auch“, sagt Rohde. Für die geplante Expansion bedürfe es allerdings noch eines weiteren Partners, der Geld und Erfahrung in dem Geschäft mitbringt und auch selber anpackt.

Kuper ist der Gründer der Firma. Der studierte Diplom-Kaufmann arbeitete in einer Unternehmensberatung, als er sich 2013 ausgebrannt fühlte. Er stieg aus und schrieb einen Businessplan für eine vegane Burgerkette. „Die Rezepte habe ich mit meiner jetzigen Frau entwickelt“, sagt der damalige Vegetarier, der im Laufe der Zeit zum Veganer wurde. Auf den Namen kam der Bergedorfer über einen seiner Lieblingsfilme. In „Pulp Fiction“ spielt John Travolta einen Burger essenden Killer namens Vincent Vega. Kuper hängte einfach ein „n“ an. Rohde kam später über einen Blog-Beitrag zu dem jungen Unternehmen und diente sich vom Minijobber hoch bis in die Geschäftsführung.

Mit einem Food-Truck fing es an

Zuerst verkauften beide ihre Produkte aus einem Food-Truck heraus. Doch dieses Geschäft gestaltete sich zunehmend schwierig, weil man den mobilen Verkaufsstand beispielsweise nicht an jedem Ort aufbauen dürfe. Außerdem sei es sehr saisonal. Von den einst drei Trucks soll einer abgeschafft werden. Mit den beiden verbliebenen gehe man von April bis September auf Festivals, stehe mittwochabends auf dem Spielbudenplatz und bei den Heimspielen des FC St. Pauli vor dem Millerntor-Stadion. Das Ursprungsgeschäft verliert also ein wenig an Bedeutung.

Einen Verkauf ihres Unternehmens können sich beide nicht vorstellen. „Das ist unser Baby“, sagt Kuper. Und so ganz werden sie Vincent Vegan ohnehin nicht mehr los: Beide haben den Schriftzug tätowiert, Kuper auf dem Schienbein, sein Kompagnon auf dem Arm. Rohde: „Das war für uns wie eine Blutsbrüderschaft.“