Hamburg. Analyse des Gymnasiums Ohmoor: Trotz Mietpreisbremse und Bauoffensive werden sogar Gebiete wie Billstedt und Allermöhe teurer.
Die Mieten in Hamburg sind erwartungsgemäß erneut gestiegen. Auf dem freien Markt verlangen Vermieter durchschnittlich 13,24 Euro pro Quadratmeter. Das haben Elftklässler des Gymnasiums Ohmoor, an dem seit 1986 Daten zum Hamburger Wohnungsmarkt erhoben werden, bei ihrer diesjährigen Analyse herausgefunden.
Damit sind die Neuvertragsmieten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (12,68 Euro) um 4,4 Prozent gestiegen. Betrachte man die Untersuchungsergebnisse seit 2009, lasse sich ein „dramatischer Anstieg“ erkennen, so die Schüler. 2009 musste man bei Neuvermietungen durchschnittlich 10,10 Euro pro Quadratmeter zahlen. Heute müssen schon für die Nettokaltmiete bei einer 70-Quadratmeter-Wohnung 200 Euro mehr bezahlt werden.
„Der Preisanstieg auf dem Wohnungsmarkt lässt sich offensichtlich auch nicht durch die Mietpreisbremse und die von uns unterstützte Neubau-Offensive stoppen“, sagt Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg, in dessen Beisein die Schüler ihre Analyse vorstellten. Obwohl die Neuvertragsmiete seit dem 1. Juli 2015 in Hamburg höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfe, zeige die Studie, dass sie mit aktuell 13,24 Euro pro Quadratmeter fast 60 Prozent über dem 2017 im Hamburger Mietenspiegel angegebenen Durchschnittswert von 8,44 Euro liege. Der unaufhaltsame Anstieg der Mieten sei „mehr als besorgniserregend“, so Chychla. „Nicht nur, weil dringend benötigte Fachkräfte keine bezahlbare Wohnung in Hamburg finden, sondern auch, weil die Ersten wegen finanzieller Überforderung aus der Stadt gedrängt werden.“
Sternekoch zieht weg
Tatsächlich hatte das Abendblatt am Tag der Pressekonferenz über den Sternekoch Laurin Kux berichtet, der jetzt aus Hamburg wegzieht. Hintergrund: Er findet in Niendorf, wo er mit seiner Familie lebt, keine größere, bezahlbare Wohnung. Denn auch dort sind die Mieten kräftig gestiegen – laut Ohmoor-Schüler von 10,30 Euro (2015) auf mittlerweile zwölf Euro.
Der Druck auf den Wohnungsmarkt macht sich der Analyse zufolge auch in Stadtteilen bemerkbar, die bislang als wenig attraktiv galten: In Allermöhe stiegen die Mieten im vergangenen Jahr um 26,9 Prozent, in Steilshoop um 24,7 Prozent und in Rothenburgsort um 22,3 Prozent. In Barmbek stieg die Angebotsmiete von gut neun Euro (2008) auf 13 Euro. Mieten unter zehn Euro gibt es nur noch in elf Stadtteilen, meist südlich der Elbe.
Diese Entwicklung sieht Siegmund Chychla mit Sorge. „Menschen, die nicht viel hatten, konnten hier vor einigen Jahren noch leben.“ Eine bezahlbare Wohnung zu finden, werde auch angesichts der vielen Flüchtlinge immer schwerer. „In den Folgeunterkünften leben etwa 35.000 Personen, die auf den Wohnungsmarkt drängen“, sagt er.
Weniger Wohnungsangebote bei Immonet als sonst
Während auf der Uhlenhorst, auf St. Pauli und in der Altstadt mittlerweile mehr als 17 Euro verlangt werden, sind die Mieten in Blankenese von 16 Euro (2017) auf 15 Euro pro Quadratmeter gesunken und in Rotherbaum von 17,50 Euro auf 16,50 Euro. In der HafenCity schwanken die verlangten Mieten sehr: Nach einem Tiefstand 2016 (14,60 Euro) befinden sie sich jetzt mit 18 Euro wieder auf dem Niveau des Jahres 2011.
Auf die Frage, ob die steigenden Mieten sie besorgen, gaben sich die Schüler erstaunlich gelassen. Shahim (17), der später mal in einer Wohnung mit Alster- oder Elbblick leben möchte, will einen entsprechenden Beruf ergreifen. Und auch Hannah (17) wird sich für ein duales Studium entscheiden, um später einmal in der (teuren) Innenstadt leben zu können.
Für ihre Analyse werten die Schüler des Gymnasiums Ohmoor in den ersten drei Monaten eines Jahres Inserate aus Zeitungen und Internet aus. Was ihnen dieses Mal auffiel: Es gab deutlich weniger Anzeigen. „Statt wie üblich mehr als 2000 Angebote hat das Internetportal Immonet in diesem Jahr nur rund 1100 Wohnungen angeboten“, sagte eine Schülerin, „also nur gut halb so viele wie sonst.“
„Der Markt ist eng“, gaben anwesende Vertreter der Wohnungswirtschaft zu. Viele Makler und Vermieter würden auf Wartelisten zurückgreifen und ihre Wohnungen nicht mehr inserieren. Ulf Schelenz, Geschäftsführer des Grundeigentümerverbandes, kritisierte an der Schüleranalyse, dass nur die verlangten, nicht aber die tatsächlich gezahlten Mieten in die Untersuchung einflössen. Auch die Genossenschaftswohnungen (etwa ein Drittel der 700.000 Hamburger Mietwohnungen) tauchen dort nicht auf.