Hamburg . Axel Strehlitz hat etliche Firmen gegründet, meist durch Zufall. Der spielte auch bei der Udo-Lindenberg- Erlebniswelt eine Rolle.

Nein, ein großer Fan von Udo Lindenberg und seiner Musik war Axel Strehlitz nicht. Aus der Entfernung bewunderte er den Künstler zwar schon lange. Aber eher für seine Haltung und sein Auftreten als für seine Lieder. „Wenn ich ehrlich bin, wusste ich bis zu unserem gemeinsamen Projekt selbst gar nicht bewusst, wie viele Songs ich von ihm kannte“, sagt der 50-Jährige und lacht. „Nein, ein Fan war ich wirklich nicht.“

Umso mehr überraschte es Strehlitz, als Corny Littmann, seit vielen Jahren Freund und Geschäftspartner, ihn im Sommer 2016 anrief und zu einem Treffen mit Lindenberg einlud. „Lass uns mal mit Udo reden“, sagte Littmann. „Vielleicht können wir ja was zusammen machen.“ Strehlitz wusste von der Idee eines Museums für Lindenberg. „Aber so was mit Bildern und Schallplatten an den Wänden konnte ich mir nicht vorstellen. Das passte nicht zu mir und irgendwie auch nicht zu Udo.“

Alles voll digital

Schließen sich der Mann mit dem Hut und ein Museum nicht grundsätzlich aus? Gibt es überhaupt genügend Fans, die sich eine wie auch immer konzipierte Ausstellung ansehen würden? Nur zwei von vielen Fragen, die er sich nach dem Telefonat stellte. „Ich habe dann einen langen Spaziergang vor unserem Treffen gemacht. Und mir unterwegs zum ersten Mal so richtig Gedanken über Udo und das Projekt gemacht.“

Virtual Reality, das wäre es doch, schoss es ihm damals durch den Kopf. Udo, der „heiße Greis“, voll digital. Davon erzählte er im ersten Gespräch Lindenberg. Und der sagte nur: „Cool, muss alles ganz anders sein, da hast du recht.“ Weitere verrückte Einfälle folgten, von einem Museum war schnell nicht mehr die Rede, dafür von einem Erlebnis, einer Experience. „Udo war unheimlich offen und engagiert“, sagt Axel Strehlitz. „Wir haben sofort eine gemeinsame Basis gehabt.“

Er studierte Jura, weil er die Welt gerechter machen wollte

Was daraus entstanden ist, können Interessierte nun seit einigen Wochen in der Panik City am Spielbudenplatz erleben. Dort dürfen Besucher mithilfe einer Virtual-Reality-Brille an einem Konzert teilnehmen, selber „Ich mach mein Ding“ singen. Und kleine Udo-Bilder ausmalen und sich per E-Mail nach Hause schicken. „Udo Lindenberg hat bei jedem Schritt eng mit uns zusammengearbeitet und uns geholfen.“ Der Musiker sei ein Perfektionist, im positiven Sinne. „Da klingelt dann auch schon mal nachts das Handy, wenn er eine neue Idee hat.“ Aber, so muss Strehlitz zugeben, meistens hatte Udo recht. „Er hat die Ausstellung mit seinen Einwänden viel besser gemacht.“ Bis heute sei Lindenberg fast jeden Tag in der Panik City. „Das ist jetzt sein Baby. Und dann will er auch, dass alles richtig gut wird.“ Für sich und für seine Fans natürlich.

Auch für Axel Strehlitz ist die Panik City gerade das wichtigste Projekt. Zwei Millionen Euro haben seine Partner und er investiert. Ein unternehmerisches Risiko, an dem Udo Lindenberg finanziell übrigens nicht beteiligt ist. Aber das ist für Strehlitz nichts Neues. Er ist inzwischen an mehr als zehn Firmen beteiligt, die unterschiedlich sind und doch eine Gemeinsamkeit haben: An die meisten ist er eher durch Zufall gekommen.

Viele Zufälle

Der größte Zufall dabei war, dass aus Axel Strehlitz überhaupt ein Unternehmer geworden ist. Denn ursprünglich hatte er etwas anderes vorgehabt. „Nach der unschönen und schmerzhaften Scheidung meiner Eltern habe ich mir geschworen, dass ich solche Ungerechtigkeiten künftig verhindern will“, sagt er. Also begann er nach dem Abitur Jura zu studieren. „Ich wollte meinen Teil dazu beitragen, dass Recht nicht mehr so gebeugt werden kann.“

Neben dem Studium half Strehlitz im Schmidt Theater an der Bar aus. Und traf dort zum ersten Mal den Impresario und Multi-Unternehmer Littmann. „Dieser Ort war für mich eine tolle neue Welt.“ Ganz anders das Jurastudium. Das belastete Strehlitz zunehmend. „Es ging oftmals nur darum, was sich beweisen lässt. Und nicht, was wirklich passiert ist – also die Wahrheit.“ Das habe ihm sehr zu schaffen gemacht. „Die Vorstellung, später einmal unredliche Menschen zu vertreten, war für mich absurd.“

Praktikum bei Spiegel TV

Vielleicht sagte er auch deshalb zu, als Littmann ihn 1991 fragte, ob er in seiner neuesten Errungenschaft, der Wunderbar auf St. Pauli, aushelfen könne. Strehlitz sprang ein und machte sich schnell unentbehrlich. „Irgendwann meinte Corny dann zu mir: Ich glaube, ich sollte dich an der Bar beteiligen. Schließlich schmeißt du den Laden.“ Ohne zu zögern stieg Strehlitz ein. Dieses Engagement mag es auch gewesen sein, das eines Tages einer seiner Stammkundinnen auffiel. „Die erzählte mir, dass sie bei Spiegel TV arbeite, und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, dort ein Praktikum zu machen. “

Konnte der Jurastudent eigentlich nicht. Trotzdem schaute er schon am nächsten Tag in der Redaktion vorbei, aus reiner Neugier. „Diese Stunden waren wie eine Erleuchtung“, sagt er noch heute mit einem Lächeln. „Die Fernsehwelt war so aufregend, so neu. Ich war sofort begeistert.“ Also absolvierte er neben Studium und Arbeit in der Bar tatsächlich das Praktikum – und stieg wenig später als Vollzeit-Redakteur bei Spiegel TV ein. „Direkt vor dem ersten Staatsexamen. Ich hatte schon alle Scheine zusammen“, sagt er. Aber Jura hatte sich damit erledigt.

Eine Wohnung auf Mallorca und ein Abo fürs Ballett

Aus einem kleinen Praktikum wurden letztlich 16 Jahre bei der Fernsehfirma. Strehlitz verantwortete Formate wie „Wahre Liebe“ und drehte unzählige Filme. Nebenbei sammelte der Redakteur Firmen-Beteiligungen wie andere Leute Briefmarken. 2002 eröffnete er – wieder zusammen mit Corny Littmann – die Studentenbar Sommersalon auf dem Kiez. 2005 kam mit dem Hörsaal eine weitere Bar in den Esso-Hochhäusern dazu. 2008 gründete Strehlitz mit seinem damaligen Lebensgefährten das Restaurant Das Dorf in der Langen Reihe in St. Georg. Ein Laden, in dem er bis heute gute deutsche Küche servieren lässt. „Wenn man jung ist, schafft man das“, sagt er über die aufregenden Jahre. „Die Bars und das Restaurant fühlten sich für mich außerdem eher wie ein schönes Hobby an. Nicht wie ein anstrengender Job.“

Doch irgendwann habe auch er gemerkt, dass die vielen Beteiligungen und der Filmjob zusammen ihn zu viel Kraft kosteten. Zuerst reduzierte er seine Tage bei Spiegel TV. 2012, als dort Mitarbeiter abgebaut werden sollten, ließ Strehlitz sich schließlich abfinden. „Ich hing wirklich sehr an meinem Job. Aber er bedeutete mir nicht mehr so viel wie am Anfang.“ Zudem habe er gedacht: „Wenn jetzt junge tolle Leute gehen müssen, und ich bleibe hier sitzen, ist das nicht fair.“ Strehlitz hatte auch so genug zu tun – mit seinen eigenen Firmen. Und, natürlich, mit neuen.

Wieder begann etwas mit einem Zufall. „Der Hausmeister des Hauses, in dem unser Sommersalon unterbracht war, berichtete eines Tages, dass das Gebäude abgerissen werden soll“, sagt Strehlitz. „Für das Grundstück gab es aber eine besondere Ausschreibung. Hier sollte ein Haus entstehen, das mit seinem Konzept zum Stadtteil passt.“ Keine Spielhalle, kein Supermarkt.

Von den Plänen fühlte Strehlitz sich sofort angesprochen. Entwickelte innerhalb kürzester Zeit Ideen und legte dann zusammen mit fünf Mitstreitern eine Ausschreibung für ein Haus der Unterhaltung vor. „Ich hätte aber ehrlich gesagt nie für möglich gehalten, dass wir den Zuschlag bekommen.“ Das war die Geburtsstunde des Klubhauses auf St. Pauli. In dem sind heute unter anderem Theater, Restaurant, Bar, ein Club und inzwischen auch die Panik City untergebracht. Das aktuell letzte Projekt.

Erholung mit Holly

Ob er schon wieder neue Ideen habe? Nö, sagt Strehlitz und lehnt sich auf der Holzbank in seinem Restaurant Das Dorf zurück, und man denkt: Der nächste Zufall kommt bestimmt. Der Chef selbst ist gerade aus einem kleinen Urlaub von Mallorca zurückgekommen, braun gebrannt und erholt von den aufregenden Tagen der Panik-City-Eröffnung. Auf der Insel hat er eine kleine Wohnung. Wenn er eine Auszeit braucht, zieht er sich mit seinem Zwergspitz Holly, seinem ständigen Begleiter, dorthin zurück. Erholung verschafft ihm auch seine zweite Leidenschaft, das Ballett. Wann immer er kann, sitzt Strehlitz in den Vorstellungen, hat bereits seit vielen Jahren ein Abonnement.

Übrigens, ein großer Fan von Udo Lindenbergs Musik ist Strehlitz immer noch nicht geworden, trotz Panik City. Und obwohl er heute nicht selten mit dem Song „Ich mach mein Ding“ im Ohr aufwacht oder ihn unter der Dusche summt. Er ist in den vergangenen zwei Jahren allerdings etwas anderes geworden: ein großer Fan von dem Menschen Udo Lindenberg.

Drei Fragen:

1 Welches ist Ihr wichtigstes persön­liches Ziel für die nächsten drei Jahre?

Ich bin ein sehr zufriedener und fröhlicher Mensch – und hatte das unglaubliche Glück vieler toller Fügungen und Begegnungen. Doch nun könnte mir mal wieder ein toller Partner über den Weg laufen.

2 Was wollen Sie beruflich in den nächsten drei Jahren erreichen?

Nach vielen Neugründungen und Eröffnungen ist es nun Zeit für die Optimierung des Bestehenden. Denn es ist mein ständiger Ansporn, in allen Bereichen, in denen ich tätig bin, zu den Besten zu gehören.

3 Was wünschen Sie sich für Hamburg in den nächsten drei Jahren?

Flapsig würde ich sagen: zwei Monate mehr Sonnenschein pro Jahr! Aber im Ernst: bessere Radwege! Meine tägliche Strecke zwischen Holstenwall und Hauptbahnhof ist in beide Richtungen eine gefährliche Zumutung.

Nächste Woche: Frank Böttcher, Meteorologe, Wettermoderator und Buchautor