Hamburg. Der beliebte Hamburger Sänger hat mit „Schlüsselkind“ gerade sein erstes deutschsprachiges Album herausgebracht.

Sieben Top-Ten-Alben hatte der Hamburger Pop-Entertainer SashaRöntgen-Schmitz (46) als Ein-Mann-Boyband und als Rock ’n’ Roller Dick Brave zwischen 1998 und 2011 veröffentlicht, bis sein letzter Versuch, international durchzustarten, 2014 mit „The One“ scheiterte. Zeit, sich neu zu orientieren, wie Sasha, seit drei Jahren verheiratet, bei einem Käffchen im 25hours Hotel HafenCity erzählt. Jetzt präsentiert er „Schlüsselkind“, sein erstes Album, das er komplett in seiner Muttersprache singt. Moment, „Muttersprache“, da war doch was?

Herr Röntgen-Schmitz, vor drei Jahren feierte Sarah Connor mit ihrem ersten deutschsprachigen Album „Muttersprache“ ihren bislang größten Erfolg. War das eine Inspiration für Sie, nach 20 Jahren auf Deutsch zu singen?

Sasha: Und wie es das war. Sarahs Album hat mich in meinem Wunsch, auf Deutsch zu singen bestätigt. Auch ohne den Erfolg hätte ich gesagt: Ja, es geht. Es gibt noch Aufnahmen von meiner Band Junkfood von 1995, da habe ich schon die ersten Schreibversuche auf Deutsch gemacht. Aber ich bin mit Rock ’n’ Roll aufgewachsen, Englisch war immer meine Musiksprache. Neulich war ich beim Geburtstag meines Schwiegervaters, da haben wir alte Schlager gehört – ich konnte mindestens die Hälfte mitsingen! Wahrscheinlich weil ich mit Oma immer die „ZDF-Hitparade“ geschaut habe.

Es gab ja früher nicht nur deutsche Schlager. Stichwort Neue Deutsche Welle.

Sasha: Die war nicht so meins, aber Nena fand ich geil. Falco kannte ich auswendig. Und nicht lachen: Münchner Freiheit hatten hervorragend komponierte Songs. Selig oder Nationalgalerie haben wir früher auch gern gecovert. Oder es versucht. Sarah Connor ist ähnlich lange dabei wie ich, wir waren in der gleichen „Sing meinen Song“-Sendung, und Gregor Meyle und Xavier Naidoo haben uns belatschert, mal was auf Deutsch zu singen. Seitdem habe ich mich ernsthaft damit auseinandergesetzt.

In den 90ern waren Sie eine Art deutscher Robbie Williams, ein Pop-Entertainer von internationalem Format. In den 2000ern kultivierten Sie als Dick Brave Retro-Rock noch vor The BossHoss oder The Baseballs. Sie waren Ihrer Zeit voraus. Aber wenn Sie jetzt auf Deutsch singen, reihen Sie sich hinter Mark Forster, Andreas Bourani oder Clueso ein. Ein Pop-Feld, das bereits abgesteckt ist.

Sasha: Klar, als Konsument würde ich auch an Mark, Andreas, Gregor, an Revolverheld oder Clueso denken. Ich habe versucht, und das ist mir geglückt, auf „Schlüsselkind“ Sasha zu bleiben. Eine Sasha-Platte auf Deutsch, keine deutsche Platte, die wie Sasha klingt.

Mit wem werden Sie lieber verglichen, mit Mark Forster und Andreas Bourani oder mit Udo Lindenberg und Westernhagen?

Sasha: Da bin ich in der Mitte, altersmäßig und musikalisch. Ich singe über die Halbzeit des Lebens.

„Mit deinem kleinen bisschen Singen wirst du es nie zu etwas bringen“, singen Sie in „Der Junge“. Gab es einmal einen Zeitpunkt, wo Sie das Singen aufgeben wollten?

Sasha: Es gab den Punkt in meinem Leben, als ich 25 war und meine Band sich gerade aufgelöst hatte. Ein neues Projekt hat überhaupt nicht funktioniert, und die Stimme, die sagte: „Du verschenkst hier doch nur Zeit“, wurde lauter. Ich habe mich an der Uni eingeschrieben und dachte, ich werde Lehrer. Das war aber mein erster und letzter Besuch an der Uni, denn genau zu diesem Zeitpunkt häuften sich die glücklichen Zufälle, aus denen ich eine Karriere bauen konnte. Aber das Singen an sich hätte ich nicht aufgegeben, ich wäre auch mit einer Coverband über Schützenfeste getingelt und hätte mich dann mit 40 bei „The Voice of Germany“ beworben.

„Jekyll & Hyde“ ist eine tolle, tanzbare Nummer. Würden Sie auch beim „Eurovision Song Contest“ antreten?

Sasha: Das ist eine heikle Frage, weil ich das bereits gefragt worden bin. Udo Jürgens hatte 2002 in der „Hörzu“ gesagt, dass nur Sarah Connor oder ich eine Chance dort hätten, da war ich schon stolz. Ich hab das mal durchgespielt, aber finde, dass ich da nur verlieren kann. Wenn der ESC kleiner wird, der Song wieder im Mittelpunkt steht, dann fände ich das charming.

Waren Sie auch mal „Schlüsselkind“?

Sasha: Zeitweise, ja. Vor meiner Schulzeit war ich oft bei meiner Oma, wenn meine Mutter arbeiten war. Das war toll. Während der Grundschule waren mein kleiner Bruder und ich öfter Schlüsselkinder, was aber in der Pubertät auch beginnt, sehr lustig zu werden. Aber nach einem schlechten Tag nach Hause zu kommen und keiner ist da, um zu trösten, das war schon unschön.

Sasha:
„Schlüsselkind“
(Universal
Sasha: „Schlüsselkind“ (Universal © Universal Music

„Nichtgeschwindigkeit“ klingt auffällig nach „Oh Jonny“ von Jan Delay.

Sasha: Das ist mir erst aufgefallen, als das Lied fertig war und es ein, zwei Leute erwähnten. Die beiden Songs kann man in der Disco sehr gut nacheinander auflegen.

Der Effekt, das Tempo im Refrain extrem zu drosseln, ist aber ein interessanter Ansatz.

Sasha: Zuerst gab es das Wort Nichtgeschwindigkeit, das hat meine Frau während einer stockenden Autofahrt erfunden. Nichtgeschwindigkeit beschreibt die Pausen, die man sich nehmen muss. Handy zur Seite, an die Ostsee, frische Luft schnappen. Ich bin schließlich die personifizierte Nichtgeschwindigkeit: Ich habe keinen Führerschein.

Konzert: Mittwoch, 17. Oktober, 20 Uhr, Mehr! Theater am Großmarkt. Karten ab 46,90 bis 58,40 Euro im Vorverkauf; www.sasha.de