Hamburg. Razzia bei 187 Strassenbande, Hamburgs „Künstlern des Jahres“. Sie nutzen Video des Einsatzes zur Eigenwerbung. Was ihnen vorgeworfen wird

Der schwarze Mercedes hält direkt vor dem Klinkerbau in Hamm – der Rapper Maxwell steigt aus und gibt sich zuerst großmäulig, bepöbelt anwesende Journalisten. Aber dann begreift er den Ernst der Lage. Polizisten mit Sturmhauben nähern sich. „Gehen Sie auf die Knie!“, ruft einer, Pistolenläufe zeigen auf ihn.

Wenig später drücken sie ihn zu Boden, legen Handschellen an. Die vorübergehende Festnahme ist der Höhepunkt einer Großrazzia gegen die erfolgreiche Hamburger Hip-Hop-Kombo 187 Strassenbande, die vor allem bei Jugendlichen sehr beliebt ist.

Seit dem frühen Mittwochmorgen durchsuchten die Beamten 16 Gebäude, darunter eine Tätowierstube auf St. Pauli und das Tonstudio der Gruppe in Wilhelmsburg. Der Verdacht: Drogenhandel und Verstöße gegen das Waffen­gesetz. Die Wohnung von Maxwell war bereits gegen 6 Uhr mit einer Spreng- und Blendgranate gestürmt worden, auch ein Spürhund kam zum Einsatz. Wegen des Verdachts des Handels mit einer „nicht geringen Menge an Marihuana“ wurde der 25-Jährige festgenommen, als er vor der Wohnung vorfuhr. „Da keine Haftgründe vorlagen, wurde er am Nachmittag wieder entlassen“, sagte ein Polizeisprecher.

Beschlagnahmt wurden Drogen, Waffen und Bargeld

Während der Aktion hätten sich „weitere Hinweise“ ergeben, woraufhin Beamte noch insgesamt vier weitere Objekte durchsuchten, darunter eine Wohnung in Berlin. Bei der Großrazzia stellte die Polizei nach eigenen Angaben jeweils geringe Mengen an Marihuana und Kokain, diverse Datenträger, Handys und Waffen, darunter mehrere Elektroschocker, Schreckschusspistolen und Messer sicher. 20.000 Euro in bar, die mutmaßlich aus einem Drogengeschäft stammen sollen, wurden ebenfalls beschlagnahmt. Weitere Festnahmen gab es jedoch nicht. Nahezu alle Mitglieder der 187 Strassenbande waren bereits polizeibekannt. Der nun festgenommene Maxwell war zuletzt straffällig geworden, weil er wiederholt ohne Führerschein Auto fuhr.

In ihren Musikvideos, aber auch in sozialen Medien hatte die Gruppe um Gangsta-Rapper Gzuz, Bonez MC, Maxwell, LX und Sa4 immer wieder mit abgepackten Drogen und Waffen posiert – laut Ermittlern spielten diese Bilder eine wesentliche Rolle dafür, dass nun eine groß angelegte Durchsuchung stattfand.

Nach Abendblatt-Informationen steht auch der Rapper Gzuz, der bürgerlich Jonas Kristoffer Klauß heißt und bereits im Frühjahr kurzzeitig verhaftet worden war, erneut im Visier der Ermittler. Wegen bewaffneten Raubüberfalls hatte er bereits im Gefängnis gesessen, bevor seine Musikkarriere in den vergangenen Jahren rasant Fahrt aufnahm. Zuletzt war er wegen eines tät­lichen Angriffs auf einen Getränkeverkäufer auffällig geworden. Sein Leben beschreibt Klauß in einem Song der 187 Strassenbande folgendermaßen: „Ich verfass aus mein’ Straftaten Texte/Frag mich warum, weil die Marge ist Beste“.

Die Aktion der Polizei ist auch als deutliches Zeichen gegen die Gruppe zu werten. In der Vergangenheit hatte die Strassenbande unter anderem ein selbst gedrehtes Video von einer Polizei­kontrolle ins Internet gestellt, das ein scheinbares Zurückweichen eines Be- amten vor dem Rapper Gzuz zeigte. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sah die Beamten dadurch verunglimpft und setzte vor Gericht die Löschung des Videos durch. „Der Vorgang zeigt, dass die Polizei im Internet kein Freiwild ist“, sagte der GdP-Landesvorsitzende Gerhard Kirsch nach der Entscheidung des Landgerichts.

Die Gruppe gab zuletzt ein ausverkauftes Arena-Konzert

Auch die Razzia am Mittwoch nutzte die Hip-Hop-Gruppe augenscheinlich dazu, ihr eigenes Gangsterimage zu untermauern. So teilten die Rapper ein Video des Zugriffs mit dem Wort „Wow“ auf ihrer Facebook-Seite. Das Management der Gruppe war am Mittwoch für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen nicht zu erreichen.

Die 187 Strassenbande hatte sich bereits vor mehr als zehn Jahren formiert, die Namen gebende Zahl entspringt dem kalifornischen Strafparagrafen für Mord. Produziert werden die Musiker von Jambeatz. Vor Kurzem erst hatten sie ein Rekordkonzert in der ausverkauften Barclaycard Arena vor 15.000 Fans gegeben. Im vergangenen Jahr gewann die Hip-Hop-Gruppe den Hamburger Musikpreis Hans in der Kategorie „Künstler des Jahres“, und mit „Sampler 4“ stiegen sie Ende 2017 zuletzt an die Spitze der offiziellen deutschen Album-Charts. Damit gehören sie deutschlandweit zu den derzeit erfolgreichsten Künstlern.

Allein mit den Vorbestellungen für das kommende Album von Gzuz soll die Gruppe mehr als eine Million Euro eingenommen haben. Neben dem Musik­geschäft betreibt die Gruppe ein Tabakgeschäft in Stuttgart.

Die Gesamtzahl der Mitglieder von 187 Strassenbande ist abgesehen von den prominenten Rappern nicht bekannt, auch dies soll offenbar zur Legendenbildung beitragen.