Hamburg. Ein Großmaul, Melancholiker, Songwriter und Unterhalter feiert einen Kumpelsabend in der sonst so gesetzten Laeiszhalle.

Olli Schulz in Hamburg. Ausverkauftes Konzert! Erstes Lied: „Wachsen (Im Speisesaal des Lebens)“. Eine etwas ungelenke Metapher. Schulz-Style. Wir sind hier ja nicht im Lyrik-Seminar. Für den Unterhaltungskünstler Olli Schulz ist der Speisesaal des Lebens ein Dickmacher: Der Mann hat sich zuletzt vollgefressen mit Fame und Erfolg, ein bisschen zumindest und im Vergleich zu früher.

Olli Schulz aus Stellingen, das Großmaul, das sein Ego über alle Selbstzweifel schiebt, der HSV der Popmusik: keine richtig große Nummer, aber immer kess im Angang.

Dann wieder: Schulz, der Loser zum Anfassen. Bekannt und erfolgreich aus Funk und Fernsehen, bekannt mit Böhmermann, Matthias Brandt, Palina Rojinski, Jokoklaas, Heinz Strunk, Bjarne Mädel. Er kennt sie alle, die Guten. Weil er halt selbst einer ist.

Ein Heimspiel für den nach Berlin Exilierten

Aber er hat die Jahre der Deklassierung als Roadie, Türsteher und Sozialhilfeempfänger nie vergessen, auch jetzt nicht, wo er im Fernsehen ist. Anders gesagt: Als früher Melancholiker ist er in den mittleren Jahren als Songwriter gut gereift.

Heimspiel also, Schulz ist zurück an der Elbe. Ein nach Berlin Exilierter, der doch immer Hamburger bleibt und nun ausgerechnet in der Laeiszhalle spielt: ein Selfmademan und Kleinkünstler, hineingestellt in die Opulenz großbürgerlicher Kulturherrlichkeit. Gefremdelt wird natürlich nicht, auch nicht beim Publikum.

Schulz spielt alte Hits und neue Noch-nicht-Hits. „Als Musik noch richtig groß war“, „Schockst nicht mehr“, „Dann schlägt dein Herz“. Und er ist zwischen den Songs der unaufhörlich Plaudernde, der Anekdotenerzähler, Schnacker: Ein Entertainer, der nie Pause macht. Dafür lieben ihn die Leute auch an diesem Abend. „Ich bin am meisten ich, wenn ich auf der Bühne stehe“, sagt Schulz einmal und meint seine Profession als Musiker. In Hamburg wird er an diesem Abend (bestimmt!) noch heftiger gefeiert als anderswo, für sein Pathos, seine Selbstironie, seine Sentimentalität und, ganz besonders: seinen Witz.

Mit Olli Dittrich und Bjarne Mädel geil abliefern

Als er für einen Song Olli Dittrich auf die Bühne holt, tja, da ist’s ganz besonders laut in der sonst so gesetzten Laeiszhalle. Dittrich trommelt, Schulz schrammelt: zwei Söhne Hamburgs, und dann kommt noch ein dritter und macht ein bisschen mit: Bjarne Mädel. Kumpelsabend.

Ausflüge ins Publikum, eine furiose Anti-AfD-Rede, viel Feeling und 22 Songs lang die wahre Schulzmania - so kann man‘s machen, wenn man heimkommt. „Vielen lieben Dank, lasst uns erstmal abliefern“ hatte Schulz den Willkommensapplaus am Anfang des Konzerts erstmal runterzupegeln versucht; das macht er dann bis zum Ende: geil abliefern.