Hamburg. Dennoch stagniert die Eigentümerquote. Dies liegt auch an dem hohen Anteil junger Haushalte. Diese wollen beruflich mobil bleiben

Den Kauf riskieren? Oder doch lieber weiter zur Miete wohnen? Viele Hamburger beschäftigen sich derzeit mit dieser Frage. Laut Haspa-Studie ist der Fall im Prinzip klar. 71 Prozent aller Befragten sind überzeugt, dass Wohneigentum langfristiger günstiger sei als zu mieten. Und unter den befragten Mietern sagen 64 Prozent, dass sie lieber in den eigenen vier Wänden wohnen würden, nur 28 Prozent sind wirklich gern Mieter. Und doch liegt die Wohneigentumsquote in Hamburg gerade einmal bei 24 Prozent.

Solche Diskrepanzen provozieren fast automatisch den „Früher-war-alles-besser“-Reflex. In Hamburg indes vergebens. Zu Beginn der 1990er-Jahre lag die Eigentumsquote noch niedriger, dann stieg sie an, an der Elbe sogar stärker als in anderen Metropolen. Doch seit 2010 stagniert die Quote – und nach Experten-Einschätzung wird sie in den nächsten Jahren kaum steigen.

„Dagegen sprechen vor allem die enorm gestiegenen Kosten für eine Immobilie“, sagt Reiner Braun, der für das Marktforschungsinstitut Empirica eine Studie erstellt hat. Daran werde auch das von der Koalition geplante Baukindergeld nichts ändern: „Eine fünfköpfige Familie mit drei Kindern kann über zehn Jahre mit 36.000 Euro rechnen. Das reicht aber oft nicht einmal für die Baunebenkosten wie Grunderwerbssteuer, Notargebühren oder Maklercourtage.“

Ist ein Renditestreben der Investoren der Wohnungswirtschaft verantwortlich für den Preisanstieg und das damit verbundene Verharren der Eigentumsquote auf niedrigem Niveau? Das stimme nicht, sagt Lars Seidel, Geschäftsführer Wohnimmobilien von Grossmann & Berger. Er macht die „enorm gestiegenen Baukosten“ verantwortlich, die den „Erwerb einer Immobilie für viele Hamburger schwierig bis nahezu unmöglich mache“. Seidel sagt: „Auch der Senat hat an der Steigerung mit immer neuen Auflagen, etwa in Sachen Lärmschutz und Energiesparverordnung, seinen Anteil.“

In der Tat scheinen die Preise weiter nur eine Richtung zu kennen: nach oben. Laut der jüngst vorgestellten Studie der LBS hat sich der Wohnraum im zweiten Quartal 2017 nochmals um bis zu 12,2 Prozent verteuert. Seidel fordert ein Umdenken des Senats: „Angesichts der hohen Grundstückspreise muss die Stadt auch überlegen, den Geschossbau zu erweitern. Wenn zum Beispiel an einem Standort statt eines Vier-Geschossers ein Sechs-Geschosser möglich wäre, senkt dies automatisch die Kosten.“ Dies gelte auch für das Thema Nachverdichtung: „Noch leisten wir uns, dass Gebäude in vielen Gebieten Solitärcharakter haben. Dies muss natürlich behutsam geschehen, ohne das Stadtbild grundlegend zu verändern.“

Allerdings dürften auch stabile Preise an demografischen Phänomenen kaum etwas ändern. „In Hamburg ist die Gruppe der Senioren, bei denen der Anteil der Wohneigentümer überdurchschnittlich hoch ist, vergleichsweise gering“, sagt Matthias Klupp, Geschäftsleitung der Beratungsgesellschaft Analyse & Konzepte. Der Anteil der Ein- und Zweipersonenhaushalte betrage gut 80 Prozent: „Diese kleinen Haushalte liegen beim Wohneigentum unter dem Durchschnitt.“ Zudem wollten in Großstädten viele Haushalte in der Eigentumsbildungsphase (30-45 Jahre) beruflich mobil bleiben: „Die wollen sich nicht langfristig binden.“

In ländlichen Regionen sieht das ganz anders aus. „Auf dem Land sind die Grundstücke deutlich günstiger, zudem gehört es vielerorts zur Tradition, dass Verwandte beim Bau mit anpacken, wodurch die Baukosten sinken“, sagt Reiner Braun von Empirica.

In der Metropolregion drücken die vielen Einfamilienhäuser in den Walddörfern die Eigentumsquote des Bezirks Wandsbek deutlich nach oben – mit 33,1 Prozent liegt sie dort viel höher als im Bezirk Nord (15,4 Prozent) oder im Bezirk Mitte (12,4 Prozent). Zudem habe sich Hamburg immer als „Mieterstadt“ verstanden. „Die lokale Wohnungspolitik war seit dem Zweiten Weltkrieg durch eine starke Mieterorientierung gekennzeichnet, etwa im Hinblick auf regulatorische Maßnahmen oder die Wohnungsbauförderung“, sagt Klupp und verweist auf die Verordnungen in vielen Stadtteilen, die eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen stark einschränken.

Was nebenbei zeigt, dass eine niedrige Eigentumsquote nicht unbedingt als Indikator für eine sozial denkende Stadt taugt. Bezahlbarer Wohnraum, darum gehe es in Wahrheit, sagt der neue Bürgermeister Peter Tschen­tscher: „Deshalb muss der Wohnungsbau mit über 10.000 Baugenehmigungen und 3000 Sozialwohnungen pro Jahr fortgeführt werden.“