Blankenese. Ein Besuch beim Schlichter, der entscheidet, ob die Holzhaufen am Wochenende gefahrlos angezündet werden können.

„Ich bin weder Freund noch Feind der Osterfeuer“, erklärt Marcus Boehlich. Das ist eine gute Voraussetzung. Denn Boehlich wurde zum offiziellen Wetterexperten für die Traditionsveranstaltung am Elbstrand ernannt. Er gilt als von allen Parteien anerkannter Schlichter und hat damit ein gewichtiges Wort darüber, ob an diesem Sonnabend die Osterfeuer bei Blankenese angezündet werden. Wichtig ist dabei, woher der Wind weht und wie stark. Die Vorhersagen geben Grund zur Hoffnung. So sagt Frank Böttcher vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation in Hamburg schwachen Wind aus nördlicher Richtung vorher. Trifft das ein, brennen die Feuer wie seit Jahrhunderten am Elbstrand – wenn sich der Wind nicht noch dreht.

Warum plötzlich der Wind so wichtig ist und es sogar einen neutralen Wetterexperten geben muss? Das liegt an den Querelen der vergangenen Jahre. 2017 mussten die Osterfeuerfans lange zittern, ob es nun losgeht oder nicht. Erst um 20 Uhr – und somit fast eine Stunde später als üblich – wurden die Feuer nach Protestaktionen am Strand und vielen Diskussionen dann doch entzündet. In diesem Jahr soll alles besser werden. Dafür haben sich alle betroffenen Parteien wie die Osterfeuerbauer, die Feuerwehr, Polizei, das Bezirksamt Altona und die Hamburg Port Authority auf neue Regeln verständigt. Dazu gehört, dass ein Wetterexperte vor Ort helfen soll, die Lage richtig einzuschätzen. Keine leichte Aufgabe, vor allem wenn es wie 2017 unterschiedliche Meinungen darüber gibt, woher der Wind nun weht und ob es für die Reetdachhäuser im Hang gefährlich wird, die Feuer anzuzünden.

Der Schlichter fürs Osterfeuer: Marcus Boehlich soll am Wochenende dabei helfen, die Wettersituation einzuschätzen
Der Schlichter fürs Osterfeuer: Marcus Boehlich soll am Wochenende dabei helfen, die Wettersituation einzuschätzen © HA | Katy Krause

Am Ende muss man mit der Nase entscheiden

Boehlich traut sich die Sache zu. Der Ozeanograf und Segler hat zahlreiche Regatten wie die Nordseewoche, die German Classics sowie die Clubwettfahrten auf der Elbe organisiert. Dabei spielt das Wetter immer eine gewichtige Rolle. „Es gibt viele technische Hilfsmittel, zahlreiche Wetterapps und Vorhersagen. Aber die widersprechen sich gern. Am Ende muss man mit der Nase entscheiden, ob gestartet werden kann“, sagt der 63-Jährige.

Boehlich wirkt, als könnte ihn so leicht nichts erschüttern. 1975 zog er aus Rissen zurück in das Haus seiner Familie im Blankeneser Treppenviertel. Hier haben die Breckwoldt’s seit Generationen gelebt. Er ist somit ein Einheimischer. Trotzdem beteiligte er sich nie am traditionellen Aufbau der vier großen Osterfeuer am Elbstrand, weil er seine Kindheit nicht hier verbrachte. Er besucht die Veranstaltung nur gern. „Ich habe Jahre gebraucht, bis ich mein Feuer gefunden habe“, sagt Boehlich, der sich einst für die Grünen im Bezirk engagierte und beruflich für das Hamburger Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt tätig ist.

Großveranstaltung ohne Veranstalter – ein Problem

Dazu muss man wissen: Die vier großen Feuer – sie heißen Mühlenberg, Osten, Knüll und Viereck – werden von unterschiedlichen Gruppen, meist direkten Anwohnern aufgebaut. Dabei gibt es unterschiedliche Aufbauphilosophien und einen Wettbewerb unter den Aufbauern um das schönste und größte Feuer. Seit Generationen wird diese Tradition weitervererbt. Einen Veranstalter gibt es nicht – und genau das sorgt zunehmend für Probleme. Weil es keinen offiziellen Organisatoren gibt, fehlt den Behörden ein Ansprechpartner. Zudem stellt sich die Frage, wer bei einem Schaden haftet.

Hier finden Sie eine Übersicht über Osterfeuer in Hamburg

Dabei ziehen die Osterfeuer bei gutem Wetter bis zu 20.000 Besucher an den Strand. Zahlreiche ehrenamtliche Helfer von Feuerwehr und Hilfsverbänden sind jedes Mal im Einsatz. Eine Großveranstaltung dieser Art ohne den typischen organisatorischen Rahmen? Das bereitet manchen in den Amtsstuben Kopfzerbrechen.

Die Regeln wurden zuletzt verschärft

Aus Sorge davor, dass Funken auf die naheliegenden Häuser im Elbhang übergreifen, wurden die Regeln zuletzt verschärft. Bei Südwind, der die Funken gen Elbhang treibt, sollten die Feuer ausbleiben, zu hohe und zu breite Holzhaufen rigoros abgeräumt werden. Der Wind wehte 2017 aus Nordwest, aber sehr stark.

Die Gefahr wurde als zu groß eingestuft, Arbeiter rückten mit Wagen an, um die mühsam aufgestapelten Holzscheite abzuräumen. Das sorgte für viel Unmut, in kurzer Zeit organisierten die Blankeneser den Protest, stellten sich den Abräumern in den Weg.

Aufgrund der Probleme wurde in den vergangenen Monaten auf Wunsch der Politiker mit allen betroffenen Parteien die neuen Leitlinien erarbeitet. Letztlich bleibt für alle Fans der Osterfeuer am Elbstrand nur zu hoffen, dass es einfach einmal windstill und für die Besucher trocken beim Osterfeuer zugeht oder im Streitfall Boehlich das richtige Wetter-Näschen beweist.