Hamburg. In Wagrain (Österreich) werden die ersten Europameisterschaften gespielt. Vermarkter sieht Potenzial wie im Beachvolleball.

Wer dieser Tage die Website der Marktgemeinde Wagrain im österreichischen Bundesland Salzburg anklickt, weiß gleich, was hier besonders wichtig ist. Schon an zweiter Stelle können die Müllabfuhrtermine für 2018 heruntergeladen werden, von den ersten Snow-Volleyball-Europameisterschaften fehlt jedoch bislang jede digitale Spur.

Dabei hat das Ereignis durchaus sporthistorische Bedeutung. Es ist die erste offizielle EM, der erste Schritt der Trendsportart, um 2026 bei Olympischen Winterspielen aufschlagen zu können. 2022 in Peking darf sich Snow-Volleyball wohl bereits im Beiprogramm vorstellen. Einheitliches Regelwerk und internationaler Wettkampfkalender sind Voraussetzungen, um vom IOC anerkannt zu werden. Volleyball wäre dann mit seinen Varianten Halle, Beach und Snow die erste Sportart, die bei Sommer- und Winterspielen vorspielt, und eröffnete sich ein noch größeres Vermarktungsfeld. Und darum geht es schließlich.

1500 Kubikmeter Schnee auf dem Feld

Der Hamburger Niclas Hildebrand, der neue Sportdirektor Beachvolleyball des Deutschen Volleyball-Verbands (DVV), verfolgt die Titelkämpfe vor Ort. In Wagrain wird Snow-Volleyball erstmals in einem Stadion mit 600 Plätzen gespielt, 1500 Kubikmeter Schnee wurden aufs Feld gekarrt. „Die EM ist eine interessante Veranstaltung, die beim Publikum ankommt. In der Spitze ist das Niveau schon sehr gut, die Leistungsbreite fehlt noch. Snow-Volleyball hat Potenzial, auch für den DVV, doch alles hängt national und international davon ab, ob der Sprung zu Olympia gelingt“, sagt er.

24 Zweierteams bei Frauen und Männern treten an diesem Wochenende in Wagrain an, das Preisgeld beträgt 20.000 Euro. Gebaggert und geblockt wird über zwei Gewinnsätze, im Finale über drei. Im Gegensatz zur Halle (25 Punkte) und Beach (21) enden die Sätze bei elf, wenn ein Team dabei zwei Zähler Vorsprung hat.

Spieler tragen Fußballschuhe

Fortbewegung und Richtungsänderungen fallen im Schnee weit schwerer als im Sand, weil der weiße Untergrund noch weniger Halt bietet. Die Spieler tragen Fußballschuhe mit Stollen oder Noppen, dazu Wintersportkleidung, manche Wollmützen. Wie tief der Schnee sein darf, ist noch nicht geregelt, auch eine Spielvariante drei gegen drei wird diskutiert.

Werner „Pille“ Richnow, Geschäftsführer der Hamburger Agentur Sportplatz für Eventmarketing, hat Mitte ­Februar in Winterberg (Sauerland) die erste deutsche Snow-Volleyball-Meisterschaft ausgerichtet. In den Auszeiten saßen die Spieler in beheizten Gondeln. Richnow strebt nun an, im nächsten Winter eine nationale Serie für den DVV zu organisieren. „Vieles ist denkbar, Spiele unter Flutlicht mit bunten Bällen und heißen Rhythmen – und das nicht nur in traditionellen Wintersportorten.

Snow-Volleyball hat Potenzial

Mit Kunstschnee kann Snow-Volleyball überall gespielt werden, selbst auf dem Hamburger Rathausmarkt“, sagt Richnow. „Noch stehen wir am Anfang, aber vor 30 Jahren hat auch niemand von uns geahnt, welche Entwicklung Beachvolleyball einmal nehmen würde.“ Seit dem ersten olympischen Auftritt 1996 in Atlanta (USA) stieg die Popularität der Strandvariante kontinuierlich, mit den Olympiasiegen von Julius Brink/Jonas Reckermann (Köln) 2012 in London und dem HSV-Duo Laura Ludwig/Kira Walkenhorst 2016 in Rio de Janeiro auch hierzulande.

Snow-Volleyball spielen derzeit vor allem Teams, denen größere Erfolge beim Beachvolleyball bislang verwehrt blieben. In Wagrain gehen die deutschen Schneemeister Paul Becker/Jonas Schröder (Frankfurt) ans Netz. Ihr erstes Spiel verloren sie gegen die starken Letten Finsters/Solovejs nach 40 Minuten mit 1:2 Sätzen. Die deutschen Meisterinnen Karoline Fröhlich/Lena Overländer (Berlin) haben das Achtelfinale erreicht.