Hamburg. Am Flughafen sind Pfandsammler unterwegs und in Lohbrügge die BrotRetter. Stadtrundgänge führen zu Anlaufstellen von Obdachlosen.

„Das Schönste ist, wenn aus einem Konflikt ein gemeinsames Projekt wird“, sagt Birgit Müller. Die „Hinz & Kunzt“-Chefredakteurin spricht von der Aktion „Spende dein Pfand“ am Hamburger Flughafen. Als vor vier Jahren gegen die Leergutsammler in Fuhlsbüttel wegen Verstoßes gegen das Hausverbot insgesamt 97 Anzeigen erstattet wurden, eskalierte der Streit. „Hinz & Kunzt“ startete eine Onlinepetition, die von mehr als 57.000 Menschen unterzeichnet wurde.

Der Flughafen zog die Anzeigen zurück, und gemeinsam mit dem Grünen Punkt entwickelte man die Aktion „Spende dein Pfand“. Projektleiter Stephan Karrenbauer: „Wir hatten ausgerechnet, dass wir drei Arbeitsplätze schaffen, wenn pro Jahr 400.000 Pfandflaschen gesammelt werden.“ 2017 sammelten die Hinz & Künztler und ehemaligen Langzeitarbeitslosen Jaroslaw Wesolowski, Uwe Tröger und Georgi Nikolov 600.000 Flaschen. Jetzt gibt es 3,5 sozialversicherungspflichtige Stellen in Vollzeit mit Mindestlohn.

Der Flughafen stellt die Räumlichkeiten. Reisende können vor ihren Flügen ihre Getränkeflaschen, die sie nicht mitnehmen können, in sechs Plexiglastonnen werfen. Der Grüne Punkt überweist den Pfanderlös.

„Die Männer haben inzwischen alle ein festes Dach über dem Kopf“, sagt Karrenbauer. Sie haben einen Team­leiter, teilen ihre Schichten selbst ein, machen Dienst- und Urlaubspläne. „Im vergangenen Jahr ist an 365 Tagen keine einzige Schicht ausgefallen“, sagt Karrenbauer. Zusätzlich sammeln sie jetzt noch Deckel von Einwegflaschen für das Rotary-Projekt „Deckel gegen Polio“. Die werden ebenfalls vom Grünen Punkt in Zahlung genommen. Der Erlös von 500 Deckeln reicht für eine Impfung.

Die BrotRetter gibt es seit zwei Jahren

Im April feiern die BrotRetter zweiten Geburtstag. Unter der Regie von Bäckerei Junge verkaufen fünf Hinz & Künztler in einer eigenen Filiale in Lohbrügge Brot und Backwaren vom Vortag, die sie frühmorgens aus Lübeck abholen, zu günstigen Preisen und Seite an Seite mit dem Bäckerei-Team. „Jetzt wurden zwei „H&K“-Verkäufer von Junge fest übernommen, sodass zwei weitere von uns in das Arbeitsprojekt einsteigen können“, sagt Karrenbauer.

Sehr erfolgreich entwickelten sich auch die alternativen Stadtrundgänge, die es seit rund zehn Jahren gibt. Die beiden Stadtführer Chris und Harald zeigen interessierten Besuchergruppen die Anlaufstellen der Obdachlosen sowie Gefahren in der Innenstadt. An dem zweistündigen Rundgang haben 2016 rund 4500 Menschen – Hamburger, Schüler, Touristen – teilgenommen und so authentische Einsichten in das Leben auf der Straße gewonnen.

Ina Müller hilft mit

Mit zahlreichen Aktionen,verteilt über das ganze Jahr, feiert „Hinz & Kunzt“ seinen 25. Geburtstag. Im Januar startete eine große Plakataktion mit prominenten Unterstützern. Im Februar gab es ein Kickerturnier. Im März erscheint das Sonderheft „Lust auf Grün“, und im April gibt es 25 Tage lang die KunztKüche im Cook Up sowie den 2. Geburtstag der BrotRetter. Weiter geht es im Juli mit einem Ina-Müller-Konzert im Stadtpark mit Benefizanteil, im August erscheint das Kochbuch „KunztKüche“.

Im September feiert die Aktion „Spende dein Pfand“ am Flughafen seinen dritten Geburtstag, und es gibt einen Poetry-Slam (4.9.). Im Oktober findet der Köhlbrand-Brückenlauf statt, zudem wird der Verkäuferkalender „Heimat, Helden, Hamburg“ veröffentlicht. Ein weiterer Höhepunkt wird am 6. November die eigentliche Geburtstagsfeier­ in der Markthalle mit der Gustav Peter Wöhler Band. Und im Dezember gibt es wieder die große Verkäufer- Weihnachtsfeier.