Hamburg. Hamburger Architekt gewinnt Abendblatt-Abstimmung zum Elbtower. Offizieller Siegerentwurf landet nur auf Platz 3.

Zwei aufgeblähte Segel, eine gigantische Schanze, hochkant gestapelte Glascontainer: Kühn waren sie alle, die Architektur-Entwürfe im Wettbewerb um den Elbtower, Hamburgs höchstem Neubau an den Elbbrücken. Doch weil es nur einen offiziellen Gewinner geben kann, wird vom Jahr 2020 an die Vision von Jury-Liebling David Chipperfield aus London umgesetzt. Sein 233 Meter hoher Turm soll sich in seiner abgestuften Form auf die markante Gestalt der Elbphilharmonie beziehen. Nicht weniger als ein „Wahrzeichen von lyrischer Schwerelosigkeit“ wird von seinem geschwungenen Hochhaus erwartet. Das Expertengremium gab seinem Entwurf den Zuschlag.

Dass von den sechs öffentlich vorgestellten Entwürfen namhafter Architekturbüros auch die nicht berücksichtigten Visionen ihre Qualitäten hatten, zeigt das Ergebnis der Wochenend-Umfrage auf abendblatt.de unter mehr als 8000 Lesern. Denn während der Wettbewerbssieger mit nur 4,9 Prozent der Stimmen einen schweren Stand beim Publikum hatte, gab es bei vielen Hamburgern einen klaren Favoriten. Demnach hätte sich die Mehrheit den Entwurf des Hamburger Stararchitekten Hadi Teherani gut als krönenden Abschluss der HafenCity vorstellen können. Sein 220 Meter hoher Doppelturm in Form aufgeblähter Segel überzeugte mehr als die Hälfte aller Leser. Ihnen gefiel die Vision des Schöpfers der Europa-Passage, des Docklands und der Tanzenden Türme am besten.

Fast 40 Prozent für die „Mega-Schanze“ aus Oslo

Da auch die „Mega-Schanze“ des Osloer Büros Snøhetta weit vor dem Siegerentwurf auf Rang zwei der Leserwahl landet (36,9 Prozent), zeigt sich einmal mehr: Wenn Stadtplanung ein basisdemokratischer Publikumswettbewerb wäre, würde Hamburg ganz anders aussehen. Vielleicht nicht besser oder schlechter, aber anders. Doch da gebaute Architektur, zumal derart exponierte, in Expertenrunden unter Beachtung eines komplexen Auswahl- und Kostenverfahrens beschlossen wird, müssen es Hamburgs Bürger weiter mit Lothar Matthäus halten: „Wäre, wäre, Fahrradkette.“

Immerhin dritter in der Lesergunst wurde der hochgelobte Siegerentwurf von Signa Chipperfield. Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hatte den markanten Elbtower als südlichen Stadteingang für einen der dynamischsten Entwicklungsräume Hamburgs bezeichnet. Ihm falle planmäßig von 2026 an eine Scharnierfunktion zwischen den Stadtteilen südlich und östlich der Elbe zu. HafenCity-Chef Jürgen Bruns-Berentelg hatte zuvor schon alle Bewerbungen in den Rang des Extraordinären gehoben: „Ich bin außerordentlich beeindruckt von dem großen Engagement und der herausragenden Qualität der Entwürfe und Konzepte.“

Insgesamt acht Bieter wollten den Wolkenkratzer bauen

Auf wenig Zustimmung stieß bei den Abendblatt-Lesern jedoch das per „Skybridge“ verbundene Turmduo der Hamburger gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner. Auch der luftig wirkende Entwurf von Zaha Hadid Architects London erhielt nur 1,6 Prozent der Stimmen. Am wenigsten konnten die Leser von abendblatt.de mit dem schmalen, ineinander gestapelten Turm des meist stark polarisierenden Büros Studio Libeskind aus New York anfangen. In dieser „Volksabstimmung“ fiel Libeskind mit nur einem Prozent der Stimmen durch.

Wie berichtet, wurden für das neue Büro- und Geschäftshochhaus in der östlichen HafenCity die Entwürfe in einem internationalen Wettbewerb im Auftrag von Bietern angefertigt. Insgesamt hatten sich acht Bieter um den Bau des Wolkenkratzers bemüht.

Einer von ihnen ist nicht bekannt, nur die sieben übrigen Interessenten wurden veröffentlicht. Unter den drei Bestbietern waren Signa, die den Zuschlag erhielt, die Hamburger DIP AG Deutsche Immobilien Projektentwicklung und die Gerch Group AG. Verwirklicht wird nun der Chipperfield-Entwurf mit massivem Sockel. Er soll Hotel und Restaurant sowie Einzelhandels- und Ausstellungsflächen beherbergen. Auch ein spezielles Lichtkonzept ist für den Turm geplant – bei Dunkelheit bestimmen windsensible Sensoren die Beleuchtung der Fassade.

Alle Entwürfe sind noch bis zum 18. März im HafenCity-Infocenter im Kesselhaus (Am Sandtorkai 30, Di–So, 10 bis 18 Uhr) zu sehen