Hamburger Kosmetik-Konzern fährt Rekordumsatz ein, macht aber geringeren Jahresüberschuss. 230 Millionen Euro für neue Zentrale.




Die blaue Dose hat Stefan Heidenreich immer in der Tasche. Zumindest wenn der Beiersdorf-Chef geschäftlich unterwegs ist. „Wir haben ganz kleine Nivea-Dosen, auf denen hinten die Visitenkarte gedruckt ist. Die sind sehr beliebt“, sagt er und lächelt. Gerade hat der Mann mit dem markanten Bürstenhaarschnitt in der Hamburger Zentrale des DAX-Konzerns die Bilanz für das Geschäftsjahr 2017 vorgestellt. Das verlief gewohnt sachlich und ohne große Überraschungen. „Ich bin wie die Marke. Verlässlich“, so der 55-Jährige, der den internationalen Hautpflege-Hersteller seit 2012 führt, im – natürlich – blauen Anzug. „Nivea gibt es ja auch nicht in Grün und Pink.“

Tatsächlich kann Beiersdorf erneut einen Umsatzrekord vermelden. Nominal stiegen die Erlöse im vergangenen Jahr um 4,5 Prozent auf 7,056 Milliarden Euro. Organisch, also um die äußeren Einflüsse bereinigt, waren es 5,7 Prozent. Die Umsatzrendite blieb mit 15,4 Prozent nahezu konstant. Das leicht gestiegene Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) von einer guten Milliarde Euro sei durch den Cyber-Angriff im Juni 2017 beeinflusst, so Heidenreich. Hacker hatten Beiersdorf zu erpressen versucht und weltweit für fünf Tage lahmgelegt. Das Unternehmen bezifferte den Schaden auf einen zweistelligen Millionenbetrag. „Wir sind da schnell wieder rausgekommen und haben viel gelernt“, sagt der Chef von knapp 19.000 Mitarbeitern heute.

Nicht alle teilen Zufriedenheit des Chefs

Trotzdem teilen nicht alle die Zufriedenheit des Chefs. Denn der Jahresüberschuss fiel mit 689 Millionen Euro nach 727 Millionen Euro im Jahr 2016 deutlich geringer aus. Das Unternehmen erklärte das schlechtere Ergebnis mit dem Fehlen von Einmalerträgen sowie Wechselkurseffekten durch den starken Euro und Wertverlusten bei Finanzanlagen. Die Börse überzeugte das nicht. Schon kurz nach der Veröffentlichung der Zahlen fiel der Beiersdorf-Kurs auf den tiefsten Wert seit knapp einem Jahr und schloss mit einem Minus von mehr als vier Prozent.

Die Enttäuschung der Anleger hat vor allem mit dem zurückhaltenden Geschäftsausblick von vier Prozent Umsatzwachstum zu tun. Experten rieten zur Vorsicht. Die Commerzbank etwa hat das Kursziel nach Vorlage der Zahlen von 96 auf 94 Euro gesenkt und die Einstufung auf „Halten“ belassen. Analyst Andreas Riemann reduzierte in einer am Donnerstag vorliegenden Studie seine Prognose für das operative Ergebnis des Konsumgüterkonzerns um fünf Prozent. Insgesamt habe sich gezeigt, dass gutes Umsatzwachstum teuer erkauft werden müsse.

Beiersdorf setzt weiter auf die großen Marken

Ob das für Ende Juni angekündigte Ausscheiden von Finanzvorstand Jesper Andersen mit dem Ergebnis zu tun hat, blieb am Donnerstag offen. Er betonte bei der Bilanzvorlage, dass er selbst die Entscheidung getroffen habe, Beiersdorf zu verlassen und sich neuen Aufgaben zu stellen. Bislang ist weder bekannt, wo er hingeht, noch wer ihm nachfolgen soll. Beiersdorf-Chef Heidenreich lobte Andersen ausdrücklich und gab vorsichtige Hinweise in Richtung Anleger, dass das Umsatzplus letztlich höher ausfallen könnte. Beiersdorf ist dafür bekannt, die Prognose zu Jahresbeginn konservativ zu formulieren. „Es ist immer so, wir halten zunächst mal den Ball flach. Wir sind hanseatische Kaufleute“, so Heidenreich. Er sehe den Konzern stark aufgestellt. „Beiersdorf verfügt über starke Marken, über eine gut gefüllte Pipeline mit neuen Produkten und eine deutlich ausgebaute internationale Präsenz.“

Dabei setzt der Kosmetikkonzern weiter auf die großen Marken, allen voran Nivea. Als Wachstumstreiber nannte Heidenreich eine Nivea-Sonnencreme mit Fleckenschutz, eine neue Bodylotion mit 48-Stunden-Wirkung und die Linie Nivea Urban Skin, die Umwelteinflüsse auf die Haut regulieren soll. Im April kommt eine weitere Neuerung der großen Nivea-Produktfamilie: Trockenshampoo. Das Produkt sei für Frauen interessant, die sich nicht jedes Mal die Haare mit Wasser waschen wollen, erklärt Heidenreich. In den vergangenen Jahren war die Nutzung allerdings eher aus der Mode gekommen.

2017 hatte Nivea den Umsatz um 4,5 Prozent gesteigert, was unter anderem auf zweistellige Zuwachsraten in China zurückzuführen ist. Eucerin, Hansaplast und La Prairie legten ebenfalls zu. Insgesamt machte der Consumer-Bereich mit knapp 5,8 Milliarden Euro den Löwenanteil der Erlöse aus und lag über den Wachstumsraten der Konkurrenz. Auch die Beiersdorf-Tochter Tesa hatte mit einem Umsatzplus von 9,8 Prozent einen guten Lauf.

Dividende für die Aktien bleibt bei 70 Cent

Trotzdem werden auch in diesem Jahr werden nur 70 Cent Dividende pro Aktie ausgeschüttet. Größter Aktionär ist die Vermögensverwaltung Maxingvest der Unternehmerfamilie Herz (Tchibo), die die Mehrheit an Beiersdorf kontrolliert. Deren Prioritäten liegen offenbar nicht in der Erhöhung der Ausstüttung. Das Eigenkapital ist in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. Die Möglichkeit von Zukäufen hält Heidenreich sich mit Blick darauf offen: „Wir können uns auch größere Dinge sicherlich leisten.“ Allerdings bleibe er bei seiner Philosophie, dass Beiersdorf aus eigener Kraft wachsen solle. Ein teures Zukunftsprojekt gibt es allerdings. Der Konzern baut in Eimsbüttel eine neue Zentrale für 230 Millionen Euro. Die Baugrube ist ausgehoben. Der Einzug ist 2021 geplant.

Ob Heidenreich dann noch als Chef dabei sein wird? In den Medien war in den vergangenen Tagen über seine Zukunft an der Spitze des Hamburger Konzerns spekuliert worden. Er beabsichtige auf jeden Fall seinen gültigen Vertrag bis Ende 2019 zu erfüllen, sagte Heidenreich dazu. Des Weiteren werde er sich demnächst mit Mehrheitsaktionär Michael Herz zu dem Thema zusammensetzen. „Wir haben ein gutes Verhältnis. Wir werden eine Tasse Kaffee trinken und entscheiden.“