Hamburg. Peter Maffay rockt die ausverkaufte Barclaycard Arena. Von seinen musikalischen Begleitern ist Johannes Oerding ein Glücksfall.

Soll noch mal einer was gegen den Harz sagen. Das vielgescholtene Mittelgebirge war nicht ganz unbeteiligt an einem Glücksfall der neueren deutschen Pop-Rockgeschichte. Der Hamburger Sänger und Songwriter Johannes Oerding war gerade im Harz – so erzählte er es selbst kürzlich in einer TV-Talkshow -, als ihm angekündigt wurde, Peter Maffay würde gerne mit ihm über ein gemeinsames Projekt sprechen. Weil jedoch das Handynetz im Harz meist nur oben halbwegs erträglich ist und Maffay gerne früh telefoniert, stand Oerding eines Morgens auf einem Berg und wartete. Um kurz vor 9 Uhr klingelte sein Handy…

Das Ergebnis dieses Telefongipfels konnten am Sonnabend knapp 12.000 Konzertbesucher in der ausverkauften Barclaycard Arena genießen. Für seine MTV-Unplugged-Tour, auf der Hamburg nach Kiel die zweite Station war, hat sich der edelgeknitterte Rockbarde Maffay gleich mehrere musikalische Begleiter auf die Bühne geholt.

Fan aus dem 650 Kilometer entfernten Offenbach

Ilse de Lange und JB Meijers („Calm after the storm“), Jennifer Weist von Jennifer Rostock, Tony Carey („Room with a view“), Philipp Poisel („Wolke 7“), Katie Melua („Nine million bicycles“) – und eben Oerding. „Moin Hamburg“, begrüßt der Musiker, der auf St. Pauli lebt, die Maffay-Fangemeinde, die jedoch nicht nur aus dem Norden kommt.

Christin Hanjohr kam für das Peter-Maffay-Konzert extra aus Rheinland-Pfalz nach Hamburg
Christin Hanjohr kam für das Peter-Maffay-Konzert extra aus Rheinland-Pfalz nach Hamburg © Stammer

Christin Hanjohr (19) reiste aus dem 650 Kilometer entfernten Offenbach-Hundheim an und steht nun, einen abgeliebten Tabaluga-Plüschdrachen fest im Arm, ganz vorne. Dass Peter Maffay sie dann sogar während des Konzerts anspricht, macht die junge blonde Frau so glücklich wie der kleine, grüne Freund, den ihr ihre Eltern geschenkt haben, als sie drei Jahre alt war, wie sie später der Reporterin verrät.

Maffay zeigt Herz. Gegenüber seinen Fans („bleibt fröhlich, bis wir uns wiedersehen“) und den Künstlern, mit denen er eine unbändige Spielfreude teilt. Es sei ein Genuss, mit Oerding auf der Bühne zu stehen, sagt der Altmeister (50 Mio. verkaufte Tonträger, 18 Nummer-Eins-Alben). Der eine, 68, hat unzählige Hits und jahrzehntelange Erfahrung, der andere, 36, die super-softe Stimme und die Frische.

Die Musiker sind extraklasse

Als die beiden Oerdings „So schön“ performen, zusammen mit der wunderbar klaren Soulstimme von Backgroundsängerin Linda Teodosiu, wird die Arena zum Club. Da kommt Unplugged-Atmosphäre vom Feinsten auf, was jedoch den Abend über eher die Ausnahme bleibt.

Laserlichtshow an der Bühnenfront, XXL-Screens, auf denen mal Comicstrips, die Künstler in Nahaufnahme oder eine Gebärdendolmetscherin zu sehen sind – da werden im übertragenen Sinne nicht nur die Teppiche im Wohnzimmer ausgerollt, wie Maffay sagt, sondern das ganze Haus wird mal eben komplett möbliert. Die Musiker sind Extraklasse, stellvertretend für alle seien hier Peter Keller, Akustikgitarre, Ronald Brunt, Saxofon und Frank Mead, Querflöte, genannt.

Und die Dramaturgie stimmt, Laut folgt Leise, neue Interpretation auf bekannte Präsentation. Die „Abteilung Hoch- und Tiefbau“ – so kündigt Maffay „Über sieben Brücken musst du gehen“ an - wird im Duett mit Oerding auf eine weitere Ebene gehoben. Trotzdem bekommen die Fans jede Menge Maffay pur. „Samstag Abend in unserer Straße“, „Wenn der letzte Regen fällt“, „Sonne in der Nacht“, „Halleluja“.

Fans treten zufrieden lächelnd Rückreise an

Selbst Maffay-Erstkonzertbesucher staunen, wie viel sie kennen. Verflixtes Song-Unterbewusstsein, alles gespeichert! Berührend, als Katie Melua mit Maffay den Tabaluga-Song „Ich wollte nie erwachsen sein“ gibt. „Sie hat das kleine Lied auf Deutsch bisher noch nie gesungen“, moderiert der Gastgeber die kleine Premiere an.

Am Ende des zweieinhalbstündigen Konzerts treten – anders als die HSV-Fans einige Stunden zuvor - Tausende zufrieden lächelnd den Heimweg aus dem Volkspark an. Nicole Reinecke aus Bramfeld: „Ein unvergesslicher Abend! Bei „So bist du“ hatte ich Gänsehaut.“

Sebastian Röhling aus Hollenstedt: „Von Anfang bis Ende alles Klasse! Und als er plötzlich oben in der Ecke im Publikum stand, war grandios.“ Jessica Roth aus Großensee: „Maffay und Oerding, meine beiden Lieblingskünstler auf einer Bühne – toll!“ Und fügt noch einen berechtigten Hinweis an: „Philipp Poisel könnte sich mal die Haare schneiden lassen.“