Hamburg. 350 Gegendemonstranten hatten sich in der City vor einem Anti-Merkel-Aufzug formiert. SPD-Haus von Aktivisten besetzt.

Unter dem Tenor „Merkel muss weg“ haben von 19 bis 20.15 Uhr etwa 120 Teilnehmer, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden, am Jungfernstieg/ Ecke Neuer Jungfernstieg demonstriert. Schon vorher waren Gegendemonstranten aus der linken Szene unter dem Motto „Studies gegen Nazis“ aufmarschiert. Am Ende standen sich die beiden Gruppen am Jungfernstieg gegenüber.

Um eine gewaltsame Eskalation zu verhindern, war die Polizei seit dem frühen Nachmittag mit mehreren Hundertschaften im Einsatz. Und so blieb die Lage weitegehend friedlich, bis die Polizei den "Anti-Merkel-Aufzug" schließlich zum Gänsemarkt geleitet hat, damit die 120 Teilnehmer den Ort mit der U-Bahn verlassen konnten. Kurz darauf baute auch die Polizei ihr massives Aufgebot vor Ort langsam ab.

Im Vorfeld hatte der Anmelder der Gegendemonstration mit 200 Teilnehmern gerechnet, die Polizei mit deutlich mehr, was sich als korrekt erwies. Für Hamburger, insbesondere Autofahrer, ist es deshalb bereits am Nachmittag zu erheblichen Behinderungen im Stadtverkehr gekommen. Um 17.40 Uhr startete der Demonstrationszug mit über anderthalb Stunden Verspätung und gerade mal 65 Teilnehmern am Von-Melle-Park Richtung Messehallen. Zuvor hatten die Aktivisten am Campus der Universität Hamburg ausgeharrt, um auf weitere Teilnehmer zu warten.

Demo schaffte es in die City

In Folge dieser Verzögerung fand die ursprünglich im Schanzenviertel geplante Kundgebung am U-Bahnhof Feldstraße statt. Weil ein Großteil der Demonstranten der Anhängerschaft des FC St. Pauli, der am Abend den 1. FC Nürnberg empfängt (20.30 Uhr), angehört, blieb lange Zeit unklar, ob der Marsch an der Feldstraße abbrechen wird.

Doch nach der Zwischenkundgebung auf St. Pauli wuchs der Aufzug auf mehr als 200 Teilnehmer an und zog weiter Richtung Innenstadt, wo sich in etwa genauso viele weitere Personen zum Protestzug angeschlossen haben. Vor dem Restaurant Alex am Jungfernstieg, knapp 150 Meter entfernt von dem rechten Demonstrationszug, formierte sich außerdem eine Gruppe aus 350 Linksaktivisten. Beide Lager wurden von 200 Polizisten und Absperrgittern getrennt. Die Beamten rückten mit Wasserwerfern, die allerdings nicht zum Einsatz gekommen sind, an.

Aktivisten am SPD-Haus

Derweil waren Pro-kurdische Aktivisten auf einen Balkon des Hamburger SPD-Hauses in St. Georg geklettert und haben Banner entrollt. Auf einem stand „Ihr habt Blut an Euren Händen“. Den Angaben der Polizei zufolge waren vier Aktivisten mit Leitern auf den Balkon des Kurt-Schumacher-Hauses gestiegen und hätten das Spruchband entrollt.

Vor dem Gebäude standen weitere Demonstranten, die „Stoppt Erdogan“ riefen. Die Aktion steht aber wohl nicht in direktem Zusammenhang mit den Demonstrationen.

Farbanschlag auf Haus der Anmelderin

Bereits seit Montagnachmittag hatte sich die Stimmung rund um die beiden Demonstrationen aufgeheizt. Aus dem Umfeld der Anmelderin der "Merkel muss weg"-Demonstration wurden Bilder in den sozialen Medien verbreitet, die belegen sollen, dass es in der Nacht zu Montag einen Farbanschlag auf ihr Privathaus gegeben habe. Dabei sei unter anderem die Fensterscheibe des Kinderzimmers zu Bruch gegangen.

Die Polizei bestätigte auf Abendblatt-Anfrage eine entsprechende Anzeige: Gegen 2.45 Uhr in der Nacht zu Montag seien die Beamten alarmiert worden. Eine Sofortfahndung nach möglichen Tätern, die die mit Farbe gefüllten Gläser gegen die Fassade warfen, blieb erfolglos. Am Nachmittag wurde ein anonymes "Bekennerschreiben" im Internet veröffentlicht.

Die Route der Gegendemonstration kann auf dieser von der Polizei zur Verfügung gestellten Karte eingesehen werden: