Hamburg. Verbandsvertreter befürchten Umsatzeinbußen für Händler und Verlust an Konkurrenzfähigkeit. Gewerkschaften begrüßen Pläne der Politik.
Der breite Konsens in der Politik stößt bei Wirtschaftsverbänden auf keine Gegenliebe. Geschlossen hatten sich die Regierungschefs von Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen dafür ausgesprochen, bereits ab diesem Jahr den Reformationstag dauerhaft als gesetzlichen Feiertag zu verankern. In Hamburg gab es grundsätzliche Zustimmung auch von den Oppositionsparteien CDU und Linke. Vertreter aus der Wirtschaft lehnen – im Gegensatz zu Gewerkschaftern – den neuen arbeitsfreien Tag aber ab, wie eine Abendblatt-Umfrage ergab.
Jeder Feiertag bedeutet weniger Umsatz
„Für die Wirtschaft ist das schlecht“, so Brigitte Nolte, Geschäftsführerin des Handelsverbandes Nord in Hamburg. Jeder Feiertag mehr bedeute weniger Umsatz. Das sei gerade in der Konkurrenz mit dem stetig wachsenden Onlinehandel eine Schwächung des stationären Handels. Auch für die Städte sei das eine schädliche Entwicklung. Nolte: „Wir sehen keinen Bedarf für einen weiteren gesetzlichen Feiertag.“
Das hört sich bei Volker Tschirch ganz ähnlich an. Feiertage seien kostbar, sagt der Hauptgeschäftsführer des Groß- und Außenhandelsverbands AGA. Das Maß dürfe nicht verloren gehen. „Deutschland ist schon jetzt auf einem internationalen Spitzenplatz bei der Gesamtzahl der arbeitsfreien Tage durch Urlaub und Feiertage.“ Man solle sich an bestehenden Feiertagen erfreuen. Tschirch: „Wir alle bezahlen jeden zusätzlichen freien Tag mit einer geringeren Wirtschaftsleistung.“
Die mangelnde Konkurrenzfähigkeit rückt der Unternehmensverband Nord in das Zentrum der Kritik. Die vier Nordländer hätten in den vergangenen Jahrzehnten deutlich an Wertschöpfung gegenüber dem Süden der Republik verloren, sagte UV-Nord-Präsident Uli Wachholtz. Mit mehr Feiertagen werde der Abstand noch größer. „Norddeutschland hat andere Sorgen, als unbedingt einen zusätzlichen Feiertag zu schaffen.“ Wachholtz hätte sich Vorschläge und weitere Schritte der norddeutschen Kooperation gewünscht, „die der Wirtschaftsstandort Hamburg wirklich braucht, damit uns der Süden der Republik nicht weiter abhängt".
Eine Zeit großer Unwägbarkeiten
Die internationale Wettbewerbsfähigkeit beschäftigt Nordmetall-Hauptgeschäftsführer Nico Fickinger. Schon heute müsse die Marktposition gegen Konkurrenten aus Industrienationen verteidigt werden, in denen deutlich länger gearbeitet werde. Ein zusätzlicher Feiertag passe nicht in eine Zeit großer Unwägbarkeiten wie dem Brexit und dem wachsenden Protektionismus der USA und sei auch kein Beitrag dazu, Betriebe und Beschäftigte für die Digitalisierung fit zu machen. Auch vor dem Hintergrund des von der IG Metall geforderten Rechts auf Teilzeit und dem Fachkräftemangel „würde ein zusätzlicher Feiertag die Metall- und Elektroindustrie im Norden zusätzlich belasten“, sagte Fickinger.
Bei den Gewerkschaften stoßen die Pläne hingegen erwartungsgemäß auf Zustimmung. „Damit werden die Arbeitsbedingungen und -belastungen im Nord-Süd-Gefälle ein Stück weit in einen Ausgleich gebracht“, sagte Berthold Bose, Landesbezirksleiter von Ver.di. Wichtig sei die länderübergreifende Regelung, weil es Hunderttausende Pendler zwischen den Nordländern gebe.
Der Produktivität schade der zusätzliche Feiertag überhaupt nicht, sagte Uwe Polkaehn, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Nord. Das zeige gerade die wirtschaftliche Stärke der Südländer, die mehr Feiertage haben. Es müsse in der hochverdichteten Arbeitswelt immer wieder Pausen und Tage des Innehaltens geben. Polkaehn: „Diesen freien Tag haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer längst erwirtschaftet.“