Hamburg. Mit einer Genossenschaft, in der jedes Mitglied 1000 Euro einzahlt, sollen die katholischen Schulen gerettet werden

Der Ort für den Startschuss zur Gründung der Genossenschaft für die katholischen Schulen war bewusst gewählt: Im Kellerraum unter der katholischen Kirche St. Ansgar und St. Bernhard in der Neustadt, auch kleiner Michel genannt, ist die Erinnerung an den mutigen Kirchengründer im Norden, St. Ansgar, jedenfalls für Katholiken besonders lebendig – noch dazu einen Tag vor Ansgars Gedenktag am heutigen 3. Februar.

Und Mut ist auch für das Unterfangen gefragt, nicht nur die acht von Schließung bedrohten katholischen Schulen zu retten, sondern gleich alle 21 Standorte in eine neue Trägerschaft zu überführen. „Wir wollen Eigenverantwortung organisieren und nicht Protest“, brachte Prof. Christian Bernzen, Rechtsanwalt und Schatzmeister der Hamburger SPD, das Engagement der Initiatoren auf den Punkt. „Wenn der Erzbischof im Zusammenhang mit dem Erneuerungsprozess des Bistums von kreativen Ideen spricht, die jetzt nötig seien, dann können wir sagen: Wir haben eine“, sagte Martin Helfrich, Vorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in Hamburg.

Darum geht es: Innerhalb möglichst kurzer Zeit wollen die vier Initiatoren der ersten Stunde 10.000 Menschen gewinnen, für 1000 Euro einen Genossenschaftsanteil zu erwerben und somit stimmberechtigtes Mitglied zu werden. Kinder und Jugendliche sollen einen Anteil bereits erhalten, wenn sie 200 Euro zahlen. Die restlichen 800 Euro können sie nachzahlen, wenn sie 25 Jahre alt sind. „Erstmals hätten damit auch Schülerinnen und Schüler ein Mitspracherecht bei den katholischen Schulen“, erläuterte Bernzen den Gedanken.

Hintergrund für den Vorstoß ist die Ankündigung des Erzbistums, bis zu acht der 21 katholischen Schulen aufgrund der katastrophalen Finanzlage zu schließen. „Als ich die Nachricht gehört habe, war ich aus zwei Gründen erschüttert“, sagte Ex-Staatsrat und CDU-Mitglied Nikolas Hill. „Einmal wegen der geplanten Schließungen selbst und dann, weil ich mir nicht vorstellen konnte, wie man zu solch einer Entscheidung überhaupt kommen kann.“

Eine Kirche sei kein Unternehmen. „Aber ich hätte dem Erzbistum niemals geraten, mit Blick auf die Nachwuchsgewinnung ausgerechnet Schulen zu schließen“, sagte Hill. „Die Schulen sind heute ein Ort, an dem Kirche für Jugendliche noch greifbar ist, gerade in einer Stadt wie Hamburg“, ergänzte Martin Helfrich. „Die katholischen Schulen sind ein kultureller Schmelztiegel mit Schülern aus rund 85 Nationen. Sie zeigen, dass Integration im Alltag funktioniert“, sagte Hill. Es liege „im ureigensten Interesse der Stadt, dieses Angebot zu erhalten“.

Die Initiative will schnell mit dem Erzbistum sprechen

Die zehn Millionen Euro aus den Anteilen sollen eine Art Betriebskapital sein. Doch schon jetzt geht es nach den Worten der Initiatoren darum, zügig in Gespräche mit dem Erzbistum einzutreten. Zunächst wollen die Genossen in spe einen vollen Überblick über die wirtschaftliche Lage erhalten. „Um ein tragfähiges und seriöses Angebot vorlegen zu können, ist die Voraussetzung, dass wir umfassend die Datengrundlage über den Istzustand der katholischen Schulen kennen“, sagte Hill.

Dabei geht es vor allem um das Wirtschaftsgutachten von Ernst & Young, das das Erzbistum zu den Schulschließungen veranlasst hatte. „Die Zahlen sind diskussionsbedürftig“, sagte Bernzen nur. Eine Übernahme lediglich der acht, von Schließung bedrohten Schulen kommt für die Initiatoren nicht in Betracht. „Das wäre so, als ob eine Bad Bank ausgegliedert würde“, sagte Altschülerin Franziska Hoppermann, deren Sohn ebenfalls eine katholische Grundschule besuchte.

„Die Initiative von Hamburger Katholiken ist ausdrücklich zu begrüßen. In Gesprächen wird es nun darauf ankommen, über das bislang noch unbekannte Konzept zu sprechen und es detailliert zu prüfen“, heißt es in einer Erklärung des Erzbistums. „Ich freue mich darüber, dass jetzt nicht mehr über Schließungen, sondern auch über Lösung und Zukunftschancen der Schulen gesprochen wird“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD). Jetzt sei es an der Zeit, dass Initiatoren und Erzbistum „offen, fair und lösungsorientiert“ die Vorschläge erörterten. „Die großzügige Hamburger Privatschulfinanzierung lässt es durchaus zu, 21 allgemeinbildende katholische Schulen mit vernünftiger Ausstattung auskömmlich zu finanzieren“, sagte Rabe mit einem Seitenhieb auf das Erzbistum.

Die schulpolitischen Sprecher der SPD-, CDU- und FDP- Bürgerschaftsfraktionen begrüßen die Initiative. „Das ist ein wichtiger Impuls zur Weiterentwicklung der katholischen Schulen“, sagte Henrik Lesaar von der Gesamtelternvertretung katholischer Schulen.

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