Hamburg. ZDF strahlt um 22.45 Uhr Dokumentation „Piraten in Nadelstreifen“ aus: Wie die HSH zum Desaster wurde. Über die Hybris der Banker.

Es ist keine gute Woche für den Journalismus in der ARD: Am Wochenende blamierte sich die Leiterin des ARD-Hauptstadtbüros, Tina Hassel, als Cheerleaderin mit „Juchz-Meldungen“ (FAZ) über den Grünen-Parteitag, zuvor drehte die „Tagesschau“ Pfiffe gegen Donald Trump auf, während der deutschlandweit diskutierte Zweitfrauen-Aufreger aus Pinneberg im Programm gar nicht vorkam. Und nun auch noch das: Ausgerechnet das ZDF aus Mainz zeigt ARD und NDR, was eine Harke ist.

30 Minuten widmet sich das Zweite im Format Zoom heute dem Skandal um die HSH Nordbank mit der Dokumentation „Piraten in Nadelstreifen“ (22.45 Uhr). Filmemacher ist der ehemalige NDR-Journalist Michael Cordero aus Hamburg.

"Gier frisst Hirn"

In einer mitunter zugespitzten, aber durchweg verständlichen Dokumentation zeigt er, wie zwei regionale Landesbanken zu einem Milliarden­risiko für die Bürger in Hamburg und Schleswig-Holstein werden konnten. Die ehrlichste und zutreffendste Er­klärung gibt der Hamburger Reeder Bertram Rickmers selbst: „Gier frisst Hirn.“ Anwälte kommen in der Doku genauso zu Wort wie Banker, Politiker und Seeleute. „Betrug am Bürger“, nennt es Werner Marnette, früherer CDU-Wirtschaftsminister in Kiel.

„Piraten in Nadelstreifen“ beschreibt ein Konstrukt von Fondshäusern, die Investoren mit üppigen Renditeversprechen und Steuervorteilen lockten, von Reedern, die ohne Sinn und Verstand Schiffe bestellten, von Landesbanken, die mit billigem Geld die Bestellungen noch forcierten, und von überforderten Vorständen sowie Aufsichtsräten aus der Politik.

Hybris der Banker

Deutlich fällt die Kritik von SPD-Finanzsenator Peter Tschentscher vor der Kamera aus: „Man hat im Aufsichtsrat und im Vorstand der Bank eine ganz verfehlte Expansionsstrategie verfolgt ... Das war nicht verantwortungsvoll, und die Betroffenen wissen selbst, dass sie dort einen großen Schaden angerichtet haben.“ Längst ist der mögliche Schaden als Risiko in den Geschäftsberichten abzulesen: Bei der HSH summieren sich die Schiffskredite auf 14,8 Milliarden; bei der Nord LB auf 13,3 Milliarden und bei der KfW Ipex sogar auf 17,1 Milliarden; bei der DVB beträgt das Schiffsportfolio elf Milliarden Euro. Für die Doku klagte das ZDF vor dem Verwaltungsgericht Schleswig auf die Veröffentlichung der aktuellen Werte des ausgelagerten Schiffskreditportfolios in der HSH PM – dieses hat demnach aktuell mehr als 700 Millionen Euro an Wert verloren.

Berichte über das Desaster der Schiffsfinanzierer sind stets eine Gratwanderung. Verlieren sie sich in Bilanzzahlen, schalten die Zuschauer ab, spitzt man zu sehr zu, gehen Zusammenhänge verloren. Natürlich war die Krise der HSH Nordbank nicht „der vielleicht größte Bankraub aller Zeiten“ – denn ein Bankraub ist beabsichtigt. Das HSH-Scheitern ist eher ein Denkmal für die Hybris regionaler Banker, die ein Weltinstitut schaffen wollten. Wer diese Hybris ein wenig verstehen will, sollte heute ZDF einschalten.