Hamburg. Präsidiumsmitglieder halten geordnete Abwicklung des Instituts für eine Option und fordern mehr Transparenz bei den Verhandlungen.

Die Handelskammer hat sich in die Debatte über den beabsichtigten Verkauf der HSH Nordbank eingeschaltet. Sie möchte, dass der Prozess transparenter und in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert wird. Die Entscheidung über die Zukunft der Bank habe weitreichende finanzielle und wirtschaftliche Konsequenzen für Unternehmenskunden, den Finanzplatz und die beiden Hauptanteilseigner, heißt es in einem Kammerpapier.

Verfasst haben es die Präsidiumsmitglieder Torsten Teichert und Kai Elmendorf, die sich eng mit den Hauptabteilungen und Ausschussvorsitzenden abgestimmt haben. „Positionspapiere müssen demokratisch erarbeitet werden“, sagte Teichert dem Abendblatt. Das Papier, das noch vom Plenum am nächsten Freitag verabschiedet werden muss, sei „Teil der neuen Kammer“, so Elmendorf. „Wir möchten jetzt unsere Sorgen formulieren, bevor es zu spät ist.“

Nur drei Investoren an Kauf interessiert

Gleich mehrere Ängste treiben die Kammer um, weil die EU fordert, die ehemalige Landesbank der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg bis zum 28. Februar abzustoßen – oder abzuwickeln. Nach übereinstimmenden Informationen sind nur noch die beiden US-amerikanischen Finanzinvestoren Apollo und Cerberus sowie der englische Finanzinvestor Sokrates am Kauf der Bank interessiert.

„Unternehmen brauchen Vertrauen“, sagt Elmendorf. „Die Namen, die bislang im Spiel sind, sind aber leider keine Banker.“ Und Teichert betont: „Verkauf heißt weitermachen. Weitermachen erfordert ein Konzept des Käufers. Das aber kennt keiner.“ Das Papier formuliert deshalb: „Zu diskutieren ist, ob der Verkauf der HSH Nordbank an einen Finanzinvestor mehr Chancen oder mehr Risiken bietet und ob die geordnete Abwicklung der Bank die bessere oder schlechtere Alternative ist.“

Option Abwicklung gleichberechtigt prüfen

Die Vizepräsides der Kammer möchten, dass die Option Abwicklung zumindest gleichberechtigt geprüft wird. „Der Verkauf ist eben nicht alternativlos. Wir haben zu wenig über die Abwicklung diskutiert“, kritisiert Teichert. Sie werde ohne Not immer als Worst-Case-Szenario dargestellt.Dabei hätten die Eigentümer mit Ablauf der Frist die Möglichkeit zu Teilfusionen oder Teilverkäufen etwa des Immobilienportfolios. „Die Abwicklung bietet Chancen. Ich persönlich glaube sogar, dass sie besser wäre“, sagt Schifffahrtsexperte Teichert. Die WestLB, die sich derzeit in Abwicklung befindet, mache durchaus Mut. „Dort läuft es deutlich besser als befürchtet“, sagt Elmendorf.

Die HSH Nordbank hat eine große Bedeutung für den Finanzplatz Hamburg und beschäftigt rund 2400 Mitarbeiter. Das 2003 gegründete Institut gilt als Hausbank vieler mittelständischer Unternehmen und hat Kredite im zweistelligen Milliardenbereich vergeben. Traditionell stark ist sie in der Finanzierung der maritimen Wirtschaft, der Infrastruktur und der erneuerbaren Energien.

Vorzeitige Kündigung von Verträgen riskant

Im Papier der Kammer heißt es, drei Themenkomplexe seien entscheidend: die Auswirkungen auf den Finanzplatz, den Hamburger Haushalt und auf die laufenden Kreditverträge, von denen viele Firmen betroffen sind. Es müsse sichergestellt werden, dass bisherige Kreditzusagen bis zum Ende der vertraglichen Laufzeiten im vollem Umfang fortgeführt werden. Eine vorzeitige Kündigung berge unabsehbare Risiken für ganze Branchen. Teichert verweist in diesem Zusammenhang auf das Vorgehen des Finanzinvestors Lone Star, der nach der Übernahme des Kreditportfolios einer Sparkasse in Schleswig-Holstein viele Verträge gekündigt habe. „Hier wird nicht irgendwas verkauft, sondern unternehmerische Existenzen“, warnt Elmendorf.

„Wir möchten wissen, zu welchen Bedingungen die HSH verkauft wird“, betont auch Hauptgeschäftsführerin Christi Degen. Die jeweiligen Auswirkungen müssten für die Kreditnehmer detailliert erfasst und als eine zentrale Größe im Entscheidungsprozess berücksichtigt werden.

Mangel an Transparenz schürt Sorgen

Auskunft fordert die Kammer auch, warum der Garantierahmen in Höhe von zehn Milliarden Euro voraussichtlich voll ausgeschöpft werden müsse. Nach Informationen der Kammer wurden von der Garantie bisher erst 3,9 Milliarden Euro ausbezahlt, 6,1 Milliarden stehen noch aus. „Bevor ein solcher Betrag möglicherweise an einen Käufer ausgezahlt wird, sollte – gegebenenfalls durch externe Gutachter – sorgfältig geprüft werden, ob er auch in dieser Höhe anfallen wird.“ Teichert verweist auf eine Äußerung von 2015, wonach nur 2,1 Milliarden Euro der Garantie in Anspruch genommen würden. „Es ist schwierig nachzuvollziehen, warum es jetzt zehn Milliarden Euro sein sollen.“

Die Kammer versteht ihr Papier als Einladung zur Diskussion und als Bitte um mehr Offenheit. Teichert moniert, niemand wisse, wer im Moment das Mandat in den Verhandlungen habe. „Ich habe Verständnis für Verschwiegenheit, aber hier mangelt es an Transparenz“, sagt Elmendorf. Das schüre Sorgen und Ängste. Das Gesprächsangebot der Kammer könne beitragen, die Sorgen der Wirtschaft zu zerstreuen.