Hamburg. Beim Abendblatt-Neujahrsempfang war ein großes Thema die Regierungsbildung. Was Gäste aus Kultur, Wirtschaft und Medien sagen.

Wohin steuert Deutschland? Fast vier Monate nach der Bundestagswahl gibt es immer noch keine neue Regierung. Etliche Gäste auf dem 30. Neujahrsempfang des Hamburger Abendblattes appellierten an die Verhandler von CDU und SPD, sich rasch zu einigen.

„Die Politik sollte es unbedingt vermeiden, sich in eine Reihe mit Ländern zu stellen, die rigide Probleme bei der Regierungsbildung haben“, sagte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer.

„So etwas untergräbt das Vertrauen in unser Land.“ Eine „Blamage auch international“ seien die bisherigen Koalitionsgespräche, sagte Moderatorin Bettina Tietjen. „Da muss man die persönlichen Interessen doch denen des Landes unterordnen.“

Ihre Kollegin Julia-Niharika Sen sieht das Jamaika-Debakel als Beispiel für Vorgänge, durch die „Jugendliche sich immer mehr von der Politik abgeschreckt fühlen“.

Pilawa: "Die Politik muss weiblicher werden"

30. Neujahrsempfang des Hamburger Abendblatts

Jürgen Mantell (v.l.), Aydan Özuguz und Olaf Scholz werden gut unterhalten von Lars Haiders Rede
Jürgen Mantell (v.l.), Aydan Özuguz und Olaf Scholz werden gut unterhalten von Lars Haiders Rede © HA / Mark Sandten | HA
Julia Sen (NDR), Petra Vorsteher (Hamburg Ambassador in Stockholm) und Schauspielerin Sandra Quadflieg
Julia Sen (NDR), Petra Vorsteher (Hamburg Ambassador in Stockholm) und Schauspielerin Sandra Quadflieg © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig
Die Musiker Stefan Gwildis (v.l.), Gustav Peter Wöhler und Joja Wendt
Die Musiker Stefan Gwildis (v.l.), Gustav Peter Wöhler und Joja Wendt © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig
Lars Haider (l.) und Ove Saffe (r.) begrüßen Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD)
Lars Haider (l.) und Ove Saffe (r.) begrüßen Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) © dpa | Axel Heimken
Ballett-Chef John Neumeier und Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD)
Ballett-Chef John Neumeier und Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Lars Haider begrüßt Hamburgs Ehrenbürger Dr. Michael Otto
Lars Haider begrüßt Hamburgs Ehrenbürger Dr. Michael Otto © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig
Lars Haider (v.l.). und Ove Saffe begrüßen US-Generalkonsul Rick Yoneoka
Lars Haider (v.l.). und Ove Saffe begrüßen US-Generalkonsul Rick Yoneoka © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig
Die Ehemalige Boxweltmeisterin Ina Menzer (l.) und Maike Röttger (Plan International Deutschland)
Die Ehemalige Boxweltmeisterin Ina Menzer (l.) und Maike Röttger (Plan International Deutschland) © Michael Rauhe | Michael Rauhe
Sängerin Vicky Leandros und FDP-Politiker Wolfgang Kubicki
Sängerin Vicky Leandros und FDP-Politiker Wolfgang Kubicki © HA / Mark Sandten | HA
Lars Haider und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU)
Lars Haider und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig
Julia Becker (Funke Mediengruppe Aufsichtsrat) und Michael Wüller (Funke Geschäftsführer)
Julia Becker (Funke Mediengruppe Aufsichtsrat) und Michael Wüller (Funke Geschäftsführer) © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig
Bernd Aufderheide ( Vorsitzender der Geschäftsfuehrung Hamburg Messe und Congress ) und die geschäftsführende Staatsministerin Aydan Özoguz (SPD), Inegrationsbeauftragte der Bundesregierung
Bernd Aufderheide ( Vorsitzender der Geschäftsfuehrung Hamburg Messe und Congress ) und die geschäftsführende Staatsministerin Aydan Özoguz (SPD), Inegrationsbeauftragte der Bundesregierung © Juergen Joost | Juergen Joost
Koch Christian Rach und Jürgen Deforth (Audi Zentrum Hamburg)
Koch Christian Rach und Jürgen Deforth (Audi Zentrum Hamburg) © Juergen Joost | Juergen Joost
Lars Haider und Haspa-Chef Harald Vogelsang
Lars Haider und Haspa-Chef Harald Vogelsang © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig
Ehrenbürger John Neumeier und Prof. Dr. Hermann Reichenspurner (UKE)
Ehrenbürger John Neumeier und Prof. Dr. Hermann Reichenspurner (UKE) © Juergen Joost | Juergen Joost
Schauspielerin Sandra Quadflieg
Schauspielerin Sandra Quadflieg © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig
Heribert Bruchhagen (HSV-Vorstandsvorsitzender) und Andreas Rettig (Geschäftsführer des FC St. Pauli)
Heribert Bruchhagen (HSV-Vorstandsvorsitzender) und Andreas Rettig (Geschäftsführer des FC St. Pauli) © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig
Gabriele Wöhlke und Cord Wöhlke (Budnikowsky)
Gabriele Wöhlke und Cord Wöhlke (Budnikowsky) © Juergen Joost | Juergen Joost
Isabella Vértes-Schütter (Ernst Deutsch Theater) und Amelie Deuflhard (Kampnagel)
Isabella Vértes-Schütter (Ernst Deutsch Theater) und Amelie Deuflhard (Kampnagel) © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Oke Göttlich (v.l.), Präsident des FC St. Pauli, Jens Meyer, Präsident des HSV und Andreas Rettig, Gschäftsführer des FC St. Pauli
Oke Göttlich (v.l.), Präsident des FC St. Pauli, Jens Meyer, Präsident des HSV und Andreas Rettig, Gschäftsführer des FC St. Pauli © dpa | Axel Heimken
Aydan Özoğuz und Bürgermeister Olaf Scholz
Aydan Özoğuz und Bürgermeister Olaf Scholz © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
CDU-Bundestagsabgeordneter Rüdiger Kruse und Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard
CDU-Bundestagsabgeordneter Rüdiger Kruse und Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Der Organisator des Hamburger Filmfest Albert Wiederspiel (l.) und sein Lebensgefährte, der Musiker Gustav Peter Wöhler
Der Organisator des Hamburger Filmfest Albert Wiederspiel (l.) und sein Lebensgefährte, der Musiker Gustav Peter Wöhler © dpa | Axel Heimken
Polarforscher und Buchautor Arved Fuchs
Polarforscher und Buchautor Arved Fuchs © dpa | Axel Heimken
Staatsrat Wolfgang Schmidt und Ewald Lienen, Technischer Direkter des FC St. Pauli
Staatsrat Wolfgang Schmidt und Ewald Lienen, Technischer Direkter des FC St. Pauli © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Thomas Voigt (Otto Group, v. l.), Haspa-Pressesprecherin Stefanie von Carlsburg und Andreas Fischer-Appelt
Thomas Voigt (Otto Group, v. l.), Haspa-Pressesprecherin Stefanie von Carlsburg und Andreas Fischer-Appelt © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Regierungssprecher Georg Streiter (v. l.),
Regierungssprecher Georg Streiter (v. l.), "Bank"-Chefin Ina Krug und "Stern"-Chefredakteur Christian Krug © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Chefredakteur Lars Haider während seiner Begrüßungsrede
Chefredakteur Lars Haider während seiner Begrüßungsrede © dpa | Axel Heimken
Der Blick von oben auf die Gäste
Der Blick von oben auf die Gäste © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Patrick Rüther auf dem Neujahrsempfang
Patrick Rüther auf dem Neujahrsempfang © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Sie brachten Köstlichkeiten
Sie brachten Köstlichkeiten © HA / Mark Sandten | HA
Chefredakteur Lars Haider und Geschäftsführer Ove Saffe sind bereit, um die Gäste des 30. Neujahrsempfangs des Hamburger Abendblatts zu begrüßen
Chefredakteur Lars Haider und Geschäftsführer Ove Saffe sind bereit, um die Gäste des 30. Neujahrsempfangs des Hamburger Abendblatts zu begrüßen © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Das Team des Hotel Atlantic vor dem Beginn des Neujahrsempfangs
Das Team des Hotel Atlantic vor dem Beginn des Neujahrsempfangs © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Der Neujahrsempfang findet wieder im Hotel Atlantic statt
Der Neujahrsempfang findet wieder im Hotel Atlantic statt © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
900 Gäste werden erwartet
900 Gäste werden erwartet © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Die Abendblatt-Fotografen: Michael Rauhe (v.l.), Jürgen Joost, Marcelo Hernandez
Die Abendblatt-Fotografen: Michael Rauhe (v.l.), Jürgen Joost, Marcelo Hernandez © HA / Mark Sandten | HA
Sie kommen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport, Medien und Wissenschaft
Sie kommen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport, Medien und Wissenschaft © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
Der Neujahrsempfang 2018 des Hamburger Abendblatts
Der Neujahrsempfang 2018 des Hamburger Abendblatts © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt
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Ähnlich empfindet das TV-Moderator Jörg Pilawa: „Berlin tut zurzeit alles, um den Trend der Entpolitisierung zu beschleunigen“, sagte er. „Besonders die männlichen Akteure geben sich einer Me-first-Selbstdarstellung hin, die Deutschland schadet.“ Sein Vorschlag: „Die Politik muss weiblicher werden. Dann hat selbst eine Minderheitsregierung eine gute Chance, die Probleme der Zeit zu lösen und dem Ich-Genuss von Trump, Putin, Erdogan & Co. intelligent und bestimmt entgegenzutreten.“

Nach Ansicht der Sterneköchin Cornelia Poletto wäre eine Große Koalition die beste Variante. „Mir ist wichtig, dass es jetzt vor allem schnell geht mit der Regierungsbildung.“

So sieht das auch ihr Mann Rüdiger Grube, Vorsitzender des HHLA-Aufsichtsrates. „Nach meinem Demokratieverständnis sollten die Parteien mit den Mehrheiten die Regierungsverantwortung übernehmen. Ich hoffe, dass diese sich ihrer Verantwortung bewusst sind und endlich in die Puschen kommen.“

Auch Claus-Günther Budelmann, Präsident des Anglo-German Clubs, findet, dass die Sondierungen „schon wirklich sehr lange“ dauern. Grundsätzlich wünscht er sich, dass „sich die Politiker aller beteiligten Parteien mit ihren Wasserstandsmeldungen nach jeder Gesprächsrunde zurückhaltender verhalten würden“.

"Entscheidend ist, dass gut regiert wird"

Andreas Mattner, Hauptgeschäftsführer des Einkaufscenter-Betreibers ECE, hält die langen Verhandlungen für nichts Ungewöhnliches. „Da muss man fair bleiben“, sagte er. „Entscheidend ist nicht, wie lange die Vorbereitungen dauern, sondern dass gut regiert wird.“

Eine Große Koalition sei zwar „für niemanden eine Wunschlösung“, sagte Isabella Vértes-Schütter, Intendantin des Ernst Deutsch Theaters und SPD-Bürgerschaftsabgeordnete. „Aber in dieser Situation ist es für das Land die stabilste Lösung.“

Ebenfalls für eine Große Koalition ist der frühere Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Ein solches Bündnis müsse inhaltlich und personell neue Akzente setzen, forderte er. „Ich vermisse vor allem bei der CDU die Inhalte.“

Eine Beschränkung forderte Heribert Leutner, Architekt und früherer Projektleiter Elbphilharmonie. „Ich wünsche mir, dass die Regierungszeit von Bundeskanzlern auf zwei Legislaturperioden begrenzt wird.“ Angela Merkel genieße bei ihm zwar hohe Anerkennung, aber es sei Zeit, den Weg für einen personellen Neuanfang frei zu machen.

Das sagen Hamburger Politiker

Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) glaubt, dass es mit den Sondierungen schnell gehen wird. Wichtig ist ihr, dass dann gerade ihre Partei den Bürgern erklärt, was sie von der Großen Koalition erwarten können – und was nicht durchsetzbar war.

Es sei nicht gesagt, dass die SPD am Ende erneut als Verlierer aus einer Großen Koalition herauskäme, wenn Angela Merkel in vier Jahren nicht mehr antrete, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. „Das hängt davon ab, wie wir das gestalten.“

Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse sagte, es sei „eine merkwürdige Situation, dass außer den Grünen und der CDU niemand regieren will“. Andererseits wolle im Bundestag niemand Neuwahlen. „Die Chance, dass es mit der Großen Koalition klappt, liegt bei 70 Prozent.“

Optimistisch zeigte sich seine Parteikollegin Karin Prien (CDU), die schleswig-holsteinische Bildungsministerin: „Ich bin guter Dinge, dass die Sondierer sich auf ein zukunftsfähiges Regierungsprogramm verständigen werden.“

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) bedauert noch immer, dass keine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen zustande gekommen ist. Aber: „Ich bin nicht mehr so wütend auf die FDP, man muss auch verzeihen können.“ Jetzt bekomme Deutschland voraussichtlich eine Regierung, die so keiner gewollt habe.

Nach der Einschätzung von Justizsenator Till Steffen (Grüne) rücken FDP und CSU – vielleicht auch die SPD – im Sog der AfD nach rechts. Für die Grünen schaffe das zwar neuen Raum, sagte Steffen. „Als Bürger bereitet mir das jedoch Sorgen. Ich bin in den 1980er- und 90er-Jahren aufgewachsen, als die Gesellschaft immer liberaler wurde und frage mich, ob das nun zurückgedreht wird.“