Hamburg . Beim ersten von drei ausverkauften Konzerten im Schmidts Tivoli müssen Fans ohne “Für immer blond“ auskommen. Aber das macht nix.

Michy Reincke nickt seinen Bandkollegen nach dem vierten Song zu und lächelt. Die kurze Geste soll heißen: Läuft. Die intensiven Proben für das erste von drei ausverkauften Konzerten im Schmidts Tivoli am Donnerstag haben sich gelohnt, das Publikum ist längst auf Betriebstemperatur. Auch dank eines famosen Sängers im Vorprogramm. Diesmal hat Reincke, seit vielen Jahren als Talenteförderer im norddeutschen Raum unterwegs, Julian LeBen verpflichtet, ein junger Sänger-Songschreiber mit Hamburger Wurzeln, der seit 2015 in London sein musikalisches Glück sucht. Seine Lieder erinnern an Passenger oder Al Stewart. „Ihr könnt so wunderbar zuhören“, sagt LeBen gerührt, der sonst Abend für Abend in der britischen Metropole gegen das Grundrauschen der Pubs kämpfen muss. Nach 30 Minuten verlangen die Zuschauer im Tivoli eine Zugabe, bei einer Vorgruppe so selten wie wärmende Sonne im Hamburger Winter.

Reincke eröffnet den Abend mit Zappa und Petty

Doch statt LeBen steht dann der Chef selbst auf der Bühne. Michy Reincke eröffnet den Abend mit zwei Liedern von Tom Petty und Frank Zappa, seine Hommage an die verstorbenen Weltstars. Ihm macht dieses Heimspiel sichtlich Spaß, zumal die Boxhorns, ein famoses Bläsertrio, seine vierköpfige Band verstärken. Zwischen den Liedern plaudert Reincke über das Leben. Und über das Alter, im Oktober 2019 wird er seinen 60. Geburtstag feiern. Seine Frau sage immer, er sehr zwar nicht alt aus, fühle sich aber alt an.

Für seine Musik gilt das definitiv nicht. Die Arrangements sind ausgefeilt, auch frühe Werke wie „Valerie, Valerie“ oder „Nächte übers Eis“ hat Reincke behutsam veredelt. Auf seinen üblichen Gassenhauer „Für immer blond“ inklusive Mundharmonika-Solo einer stets spontan verpflichteten Konzertbesucherin verzichtet er diesmal, er habe genug für die „musikalische Späterziehung“ getan. Stattdessen spielt er zwei Lieder aus seinem neuen Album, das im Herbst 2018 erscheinen wird. Songs, die neugierig machen auf die neue CD, die er wie immer komplett selbst produzieren wird.

Sprachliche Qualität in Zeiten von Massenware

Die bereits erschienenen Werke gibt es an diesem Abend zum Sonderpreis, drei Stück für 35 Euro. Das lohne sich schon wegen der Texthefte, sagt Reincke. Und das ist kein Witz. Denn seine Texte berühren, sprachliche Qualität in Zeiten von Massenware. Als letztes Lied im regulären Programm bittet Reincke ins „Taxi nach Paris“, sein bekanntestes Werk. Längst sitzt keiner mehr im Saal, besser kann man in den Weihnachtsendspurt nicht starten. Allein: Die Konzerte am 22. und 23. Dezember im Tivoli sind ausverkauft. Aber: Für das Konzert am 9. Februar (20 Uhr) im Harburger Rieckhof gibt es noch Karten.