Neustadt. Bei dem Unfall mit einem gestohlenen Taxi stirbt ein Mensch, drei schwer verletzt

Es waren Bilder, die schockieren. Mit zerstörerischer Wucht hat das eine Taxi ein anderes gerammt, die Wagen sind nur noch Schrott und Splitter. Ein Insasse erleidet bei dem verheerenden Unfall schwerste Kopfverletzungen, an denen er noch am Unfallort verstirbt. Drei weitere Personen werden schwer verletzt – unter ihnen der Mann, der das Verkehrsunglück verursacht hat. Von diesem Donnerstag an muss sich der 24-Jährige nun vor dem Schwurgericht verantworten. Der Vorwurf gegen den Litauer lautet auf Mord. Damit droht dem Angeklagten lebenslange Haft. Es ist das erste Mal, dass in Hamburg nach einem Delikt im Straßenverkehr ein Mensch wegen Mordes angeklagt wurde.

Die Staatsanwaltschaft wirft Ricardas D. vor, den Tod anderer Menschen durch seine rücksichtslose Fahrweise zumindest billigend in Kauf genommen zu haben. Vor dem Unfall in den frühen Morgenstunden des 4. Mai am Ballindamm soll er ein Taxi gestohlen und dieses dann ohne Beleuchtung und mit bis zu Tempo 145 Richtung City gesteuert haben. Dabei habe der Mann, der laut Ermittlungen alkoholisiert war und keinen Führerschein hatte, mehrere rote Ampeln überfahren und den Wagen zuletzt bewusst in den Gegenverkehr gelenkt. Dann verlor der Fahrer die Kontrolle. Zweimal prallte der Mercedes vom Kantstein und einer Verkehrsinsel ab, dann kollidierte er frontal mit dem entgegenkommenden Taxi.

Die Mordvorwurf stützt sich darauf, dass mit dem tonnenschweren Fahrzeug mit der fast dreifach überhöhten zulässigen Geschwindigkeit und hoch gefährlichen Fahrmanövern eine Lebensgefahr für eine unbestimmte Anzahl von Personen entstanden sei. Die Fahrweise des Angeklagten ist demnach so gefährlich gewesen, dass der 24-Jährige es gewissermaßen dem Zufall überlassen habe, ob es einen Unfall gibt oder nicht.

Laut Ermittlungen hatte der 24-Jährige das Taxi, eine Mercedes E-Klasse, kurz vor dem Crash in Barmbek-Nord gestohlen. Im Wagen soll er Diebesgut und Einbruchswerkzeug transportiert haben. Einem Polizisten, der in seiner Freizeit unterwegs war, war aufgefallen, dass das Auto Schlangenlinien fuhr und das Licht nicht eingeschaltet war. Von dem Beamten alarmiert, nahm ein Streifenwagen die Verfolgung auf. Offenbar im Bestreben, um jeden Preis zu fliehen, kam es zu dem Unglück, bei dem ein 22-Jähriger in dem anderen Taxi starb, sein Freund lebensgefährlich und der Taxichauffeur schwer verletzt wurden.

Die Mutter des getöteten Barkeepers sagte dem Abendblatt: „Mein Lebensmittelpunkt wurde mir genommen. Ich bin am Boden zerstört.“

Nach dem Unfall wurde auch Ricardas D. zunächst im Krankenhaus behandelt, später kam er ins Untersuchungsgefängnis. Es besteht Fluchtgefahr. Für den Prozess sind bisher zehn Verhandlungstage terminiert.