Hamburg . Fadi A. ist subsidiär schutzberechtigt. Mit seiner Aktion will der 31-Jährige den Nachzug seiner Familie aus Syrien erreichen.
Fadi A. fürchtet um die Sicherheit seiner Familie in Syrien. Aus Verzweiflung ist der 31-Jährige am Donnerstagmorgen in den Hungerstreik getreten. Vor dem Hamburger Rathaus. “Familie ist ein Grundrecht“ hat er auf ein weißes Laken geschrieben, das er vor sich hält.
Fadi A. kam 2015 von Idlib im Nordwesten Syriens nach Deutschland. Dort musste er seine drei Söhne (Omar, 7, Wissam ,4, und Ahmad ,3) sowie seine Frau Remu zurücklassen. „Ich habe Angst um meine Familie“, sagt Fadi A., „die Situation in Syrien ist schrecklich, Bürgerkrieg, Chemiewaffen, Menschen verschwinden einfach. Ich kann nicht mehr.“ Doch er darf seine Familie nicht zu sich nach Deutschland holen, seitdem der Familiennachzug im vergangenen Jahr ausgesetzt wurde.
Polizei duldet Fadis Protest
In seiner Verzweiflung hat Fadi A. beschlossen, vor dem Rathaus – wo gerade der Weihnachtsmarkt aufgebaut wird – in den Hungerstreik zu treten. Wie lange, das wisse er noch nicht. Und auch wenn es aussichtslos scheint, sei es immer noch besser als nichts zu unternehmen, sagt der Familienvater. Die Polizei duldet seinen Protest, solange er alleine bleibt.
Fadi A. beruft sich auf Artikel 6 des Grundgesetzes, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, und fordert den Nachzug seiner Familie aus Syrien. Momentan ist der 31-Jährige hier in Deutschland nur subsidiär schutzberechtigt. Das heißt, dass er keine Asylberechtigung hat, ihm in seinem Herkunftsland jedoch ernsthafter Schaden droht. Auch Personen, die einen subsidiären Schutz in Deutschland genießen, haben ein Recht auf privilegierten Familiennachzug. Sie müssen dazu keinen Nachweis über eine Lebensunterhaltssicherung oder ausreichenden Wohnraum erbringen.
Am 17. März 2016 trat allerdings eine Übergangsvorschrift in Kraft, die den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte, die ihre Aufenthaltserlaubnis nach diesem Datum erhalten haben, für zwei Jahre aussetzte. Fadi A., der sich bereits seit zwei Jahren in Deutschland aufhält, hat seinen offiziellen Aufenthaltstitel kurz nach Beginn der Übergangsfrist erhalten. Den Familiennachzug kann er also frühestens im März 2018 beantragen.
Auch Chinesen und Türken in der Statistik
Nach Daten des Hamburger Senats kamen in diesem Jahr bis zum Spätsommer 2200 Ausländer über einen entsprechenden Antrag auf Familiennachzug nach Hamburg – die größte Gruppe bildeten dabei Syrer, aber auch Inder, Chinesen und Türken fließen in die Statistik mit ein. Für das Gesamtjahr 2017 rechnete der Koordinierungsstab mit insgesamt 3000 „nachkommenden“ Flüchtlingen in Hamburg – eine Prognose für 2018 gibt es noch nicht, da die Regelungen für den Familiennachzug auch von den Koalitionsverhandlungen zur neuen Bundesregierung abhängen.
Anerkannte Flüchtlinge mit vollem Asylschutz haben einen Anspruch auf den Familiennachzug, wenn entsprechende Kriterien erfüllt werden. In der Ausländerbehörde kümmern sich derzeit sechs Mitarbeiter um die Familienzuführung. Bereits im Spätsommer kündigte der Senat an, die Abteilung personell zu verstärken. Wie viele Flüchtlinge insgesamt noch ihre Familie nach Hamburg holen könnten, ist nicht bekannt – dies hänge wesentlich von der Prüfung im Einzelfall ab, heißt es aus der Ausländerbehörde.