Hamburg. Oppositionschef André Trepoll wirft dem Ersten Bürgermeister vor, er habe kein Interesse an Aufklärung. SPD-Obfrau verteidigt Scholz.

Gut vier Stunden lang hat Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) den Abgeordneten des Sonderausschusses der Bürgerschaft zu den G20-Krawallen im Juli am Donnerstagabend Rede und Antwort gestanden. Aus Sicht von CDU-Oppositionschef André Trepoll ist bei der Befragung, die die Zeit vor Beginn des Gipfels zum Thema hatte, nicht viel herausgekommen. „Der Bürgermeister hat kein Interesse an Aufklärung. Für ihn ist die Sache erledigt“, sagte Trepoll am Freitagmorgen im Gespräch mit Journalisten.

Scholz‘ Aussage, dass er zurückgetreten wäre, wenn es einen Toten gegeben hätte, machte Trepoll fassungslos. „Beginnt die politische Verantwortung erst bei dem Verlust eines Menschenlebens? Das ist ein verheerendes Bild“, sagte der CDU-Politiker, der Scholz unmittelbar nach dem Gipfel wegen der zum Teil völlig aus der Kontrolle geratenen Lage zum Rücktritt aufgefordert hatte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte dagegen dem Bürgermeister den Rücken gestärkt.

"Mehr Selbstkritik wäre nötig“

Scholz hatte vor dem Ausschuss immer wieder betont, dass alle Sicherheitsexperten vor dem Gipfel der Meinung waren, die Lage sei beherrschbar und das Treffen der mächtigsten Staats- und Regierungschefs könne mitten in Hamburg durchgeführt werden. Dieser Einschätzung habe er, Scholz, sich angeschlossen. Rückblickend könne er nicht feststellen, wo in der Lagebeurteilung Fehler gemacht worden seien. „Ein Bürgermeister darf sich nicht hinter seinen Beratern verstecken“, sagte Trepoll. „Etwas mehr Selbstkritik wäre nötig gewesen, aber das gehört nicht zu seinem politischen Credo.“ Scholz habe „keinen dem Thema angemessener Auftritt“ geboten. Er sei „teilweise selbstherrlich und arrogant“ gewesen. „Er will zurück ins alte Fahrwasser, aber ich bin überzeugt, dass ihm das nicht mehr gelingen wird“, sagte der CDU-Politiker.

SPD-Obfrau verteidigt Scholz

Zu einer völlig anderen Einschätzung kam Martina Friedrichs, die SPD-Obfrau im Sonderausschuss. „Nach der gestrigen Befragung wurde einmal mehr deutlich, wie akribisch alle Sicherheitsorgane von Bund und Ländern im engen Schulterschluss das Gipfel-Treffen vorbereitet haben“, sagte Friedrichs. Sowohl Merkel als auch Scholz seien fortlaufend über den jeweiligen Stand der Dinge unterrichtet worden. Neue Hinweise und Informationen in der Lagebeurteilung seien sofort berücksichtigt und das Sicherheitskonzept entsprechend angepasst worden. „Es stünde auch der Opposition gut zu Gesicht, diese Fakten zur Kenntnis zu nehmen und sich nicht in Legendenbildungen zu verlieren“, sagte die SPD-Politikerin.

Die Vorwürfe der Opposition liefen „auch gestern erkennbar ins Leere“. Bei den weiteren Sitzungen müsse gerade auch die CDU zeigen, „ob sie ein echtes Aufklärungsinteresse hat oder ob ihr eher daran gelegen ist, den Ausschuss für politische Stimmungsmache zu nutzen“.