Neustadt. Eigentümer will es verkaufen – Abriss möglich. Immobilienexperten halten Modernisierung für unumgänglich

Das Hanse-Viertel ist eine der bekanntesten Einkaufspassagen Hamburgs. Und es ist eines der wenigen Ladenzentren, in denen es noch viele inhabergeführte, hochwertige Geschäfte gibt und nicht nur große Ketten. Das Herzstück ist die imposante Glaskuppel, legendär ist der Hummerstand, der für viele Hamburger und Touristen besonders am Sonnabend ein fester Anlaufpunkt ist. Viele Hamburger lieben das im November 1980 eröffnete Hanse-Viertel, doch viele kommen wohl eher zum Schlemmen und Flanieren hierher, aber nicht, um in den Geschäften einzukaufen.

Damit ist auch zu erklären, dass es in den vergangenen Jahren nicht immer rund lief. Die Mieter der Ladenflächen wechselten häufig. Es gibt Leerstand, derzeit sind es drei Geschäfte, von denen aber zwei bereits weitervermietet sein sollen. Die große ehemalige Mövenpick-Restaurantfläche im Untergeschoss unter der Glaskuppel wird schon seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr genutzt. Dazu kommt: In der Vergangenheit waren Zehn-Jahres-Mietverträge üblich, heute sind schon kürzere Laufzeiten im Hanse-Viertel verhandelbar. Das ist auch in den Einkaufsstraßen in der Nachbarschaft nicht anders.

Die Einkaufspassage steht nicht unter Denkmalschutz

Aber was soll langfristig aus dem Hanse-Viertel werden? Nach Abendblatt-Informationen wurde der international tätige Immobiliendienstleister Jones Lang Lasalle (JLL) mit dem Verkauf des Hanse-Viertels mit rund 60 Laden- und Gastronomieflächen beauftragt. Nun sucht JLL nach einem Käufer für den Gebäudekomplex, zu dem auch Büros, 15 Wohnungen sowie das Renaissance-Hotel und ein Parkhaus gehören.

Über die Höhe des Kaufpreises kann nur spekuliert werden. Es dürften aber weit mehr als 150 Millionen Euro sein. Der gesamte Komplex verfügt über etwa 45.000 Quadratmeter vermietbare Gesamtfläche, davon sind rund 9000 Quadratmeter Ladenflächen.

Während der historische Hotelbau unter Denkmalschutz steht, ist dies laut Kulturbehörde beim Hanse-Viertel selbst nicht der Fall. Das bedeutet: Ein Abriss wäre möglich. Das dürfte für Investoren äußerst attraktiv sein.

Die Einkaufspassage mit Eingängen an den Großen Bleichen und der Poststraße hat eine Eins-a-Lage in der Innenstadt. Das Hanse-Viertel mit der beeindruckenden Backsteinfassade wurde entworfen von gmp Architekten (von Gerkan, Marg und Partner). Das Büro mit Hauptsitz in Hamburg ist weltweit tätig.

Sollte ein Abriss für einen möglichen Käufer keine Option sein, würde trotzdem Handlungsbedarf bestehen: „Das Hanse-Viertel sollte nach 37 Jahren durchgehenden Betriebs hinsichtlich Architektur, Baustruktur, Ausstattung und Mieterbesatz modernisiert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagte Sven Bechert, Bereichsleiter Einzelhandel beim renommierten Immobiliendienstleister Grossmann & Berger. Der Branchenexperte ist sicher, „dass Einkaufspassagen wie das Hanse-Viertel auch zukünftig zur Attraktivität von Innenstädten wie in Hamburg beitragen und zeitgemäß sind.“

Auch Andreas Wende, geschäftsführender Gesellschafter der Nai apollo group, die weltweit auf Immobilien­beratung spezialisiert ist, sagt: „In der Innenstadt gibt es eine große Konkurrenz durch andere moderne Einkaufszentren. Deshalb muss das Hanse-Viertel dringend revitalisiert werden, um attraktiv für den Handel und Kunden zu sein.“

Wende machte auch auf die neuen Projektentwicklungen in der Nachbarschaft aufmerksam: In den Stadthöfen an der Stadhausbrücke entstehen bis zu 40 neue Ladenflächen. Die ersten Geschäfte sollen im Frühjahr 2018 einziehen. Am Alten Wall werden zurzeit weitere 12.000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche gebaut.